#BlackLivesMatter ist die größte antirassistische Bewegung in den USA seit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre. In ihrem nun auf Deutsch erschienenen Buch analysiert Keeanga-Yamahtta Taylor die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung, die trügerische Hoffnung in Präsident Obama und die aktuellen Proteste
Während schwarze US-Amerikanerinnen und -Amerikaner bis in die 1960er Jahre per Gesetz diskriminiert wurden, blieb auch nach den Erfolgen der Bürgerrechtsbewegung eine gesellschaftliche Ausgrenzung bestehen. Zwar bildeten sich infolge der offiziellen Gleichstellung eine Elite sowie eine kleine obere Mittelschicht unter den schwarzen Amerikanerinnen und Amerikanern heraus, die sich ein gutes Leben leisten konnten. Aber diese Entwicklung veränderte nichts an der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Diskriminierung, unter der ein Großteil der schwarzen Bevölkerung immer noch leben musste.
Verachtung für Schwarze in Armut
Mit der Herausbildung einer schwarzen Oberschicht ging auch die Wahl von schwarzen Abgeordneten in die Parlamente einher. Keeanga-Yamahtta Taylor beschreibt in ihrem Buch die Hoffnungen, die die schwarze Bevölkerung in ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter setzte, sowie deren herbe Enttäuschung. Denn nachdem schwarze Politikerinnen und Politiker sich zu Beginn der 1970er Jahre relativ links positionierten, wurden sie mit der Zeit immer mehr zu einem Teil des politischen Establishments und entfernten sich von den Forderungen der Mehrheit der schwarzen Bevölkerung. »Der Konflikt zwischen dem schwarzen politischen Establishment und gewöhnlichen Afroamerikanern verschärfte sich jedoch nicht nur aufgrund politischer Umstände, sondern auch aufgrund einer zunehmenden Verachtung für Schwarze, die in Armut lebten«, erklärt Taylor.
Dieser Trend setzte sich auch unter Präsident Barack Obama fort, dem Taylor ein ganzes Kapitel widmet. Obama wurde begeistert von einem Großteil der Schwarzen gewählt. Sie verbanden mit seiner Präsidentschaft die Hoffnung, Rassismus zu überwinden und ihre Lebenssituation zu verbessern. Doch innerhalb weniger Jahre wich die Begeisterung Resignation und Frust, weil sich an der Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung nichts änderte, wie Taylor faktenreich belegt.
#BlackLivesMatter: Gegen Rassismus und Ausbeutung
»Der Mord an Travyon Martin war ein Wendepunkt. Wie der Mord an Emmett Till beinahe 57 Jahre zuvor, zerstörte Martins Tod die Illusion einer Gesellschaft, in der ›Rasse‹ angeblich keine Rolle mehr spielte.« Nachdem der Mörder des Jugendlichen im Jahr 2013 vom Gericht freigesprochen wurde, entstand zunächst im Internet die Bewegung #BlackLivesMatter. Daraus folgten HunderteDemonstrationen in den gesamten USA. Taylor sieht in #BlackLivesMatter eine Bewegung, die sich gegen Rassismus und soziale Ungerechtigkeit richtet, aber eng verknüpft ist mit der Desillusionierung über Obama. #BlackLivesMatter lässt sich nicht bändigen von etablierten Politikerinnen und Politikern und eingesessenen Bürgerrechtsorganisationen. Es ist eine Bewegung, die sich nicht zufrieden geben will mit dem Status quo.
Am Ende ihres Buchs wirft Taylor die Frage auf, wie Rassismus und soziale Ungerechtigkeit bekämpft werden können. Sie skizziert einen Weg, den die verarmte weiße Bevölkerung gemeinsam mit schwarzen und lateinamerikanischen Arbeiterinnen und Arbeitern gehen muss: den gleichzeitigen Kampf gegen Rassismus und Ausbeutung. »Unsere Aufgabe besteht darin, den Kampf gegen den Terror der Polizei mit einem Kampf für eine Gesellschaft zu verbinden, in der die Polizei nicht mehr gebraucht wird, um Ungleichheit zu verteidigen und Proteste gegen sie niederzuschlagen.«
Taylor ist es mit dem Buch gelungen, die Geschichte des Rassismus und des schwarzen Widerstands in den USA nachzuzeichnen. Sie liefert dabei nicht nur einen wichtigen historischen Überblick, sondern auch einen Ausblick, wie #BlackLivesMatter erfolgreich mit anderen Kämpfen verbunden werden kann.
Das Buch:
Keeanga-Yamahtta Taylor
Von #BlackLivesMatter zu Black Liberation
Münster 2017
Unrast Verlag
296 Seiten
19,80 Euro
Foto: xddorox
Schlagwörter: Black lives matter, BlackLivesMatter, Buch, Bürgerrechtsbewegung, Keeanga-Yamahtta Taylor, Obama, Rassismus, Rezension, Sachbuch, Schwarze, USA