Die Zukunft der LINKEN liegt nicht in der Regierung, sondern an der Seite der Protestbewegungen gegen die herrschenden Verhältnisse im Hier und Jetzt. Sechs Thesen für eine wirkungsvolle kämpferische LINKE
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1. Covid-19, Rassismus, Klimakollaps, Massenarmut – viele Krisen, ein System: Die Aufgabe der LINKEN ist es, gesellschaftliche Protestbewegungen dagegen zu unterstützen und aufzubauen
Wir befinden uns am Anfang einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Bundesregierung versucht, größere soziale Verwerfungen durch verschiedene Maßnahmen vor der Bundestagswahl aufzuschieben. Doch bereits heute wirft die Krise ihre Schatten voraus, mit steigender Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, Massenentlassungen und einer anrollenden Pleitewelle im Frühjahr. Die LINKE muss sich mit aller Kraft der Abwälzung der Krisenlasten auf die Mehrheit der Bevölkerung entgegenstellen.
Zum Beispiel an der Seite der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne, als Motor im Widerstand gegen den Mietenwahnsinn in den Städten oder beim Protest der Klimabewegung für nachhaltigen Klimaschutz. Auch in Fragen der Pandemiebekämpfung ist linke Opposition zum Kurs der Großen Koalition gefragt: Unter der Losung Menschen vor Profite gilt es für mehr Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit einzutreten. Es braucht dabei verbindliche Vorgaben für die Arbeitgeber zu Hygiene- und Abstandsregeln.
DIE LINKE braucht ein antikapitalistisches Profil
Zur sozialen Sicherung der großen Mehrheit der abhängig Beschäftigten brauchen wir mehr Schutzprogramme und höheres Kurzarbeitergeld. Staatliche Hilfen für angeschlagene Großkonzerne darf es nur unter Bedingungen geben: staatliche Beteiligung und Mitbestimmung, ein Verbot von Entlassungen und ein Aussetzen von weiteren Dividendenausschüttungen an Aktionäre, im Fall der Lufthansa zudem die Streichung von Inlandsflügen, im Fall der Automobilindustrie die Förderung umweltfreundlicher Technologien, im Fall der Deutschen Bahn die Verhinderung von Massenentlassungen und der Ausbau des Schienennetzes.
Die aktuelle Krise verdeutlicht die zerstörerische Dynamik des Kapitalismus und die Unfähigkeit des Marktes, Pandemie, Klimakrise oder soziale Ungerechtigkeit zu beheben. DIE LINKE muss deswegen deutlicher ihr antikapitalistisches Profil herausstellen und deutlich machen, dass sie für eine sozialistische Gesellschaft kämpft. Gleichzeitig hat die LINKE die Aufgabe, nicht nur zu kommentieren, sondern als Motor und Sprachrohr von Protesten in Krisenzeiten ihre Praxis zu verändern – so kann sie innerhalb und außerhalb der Parlamente ihren Beitrag zum Erstarken der außerparlamentarischen Bewegung gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Beschäftigten, Erwerbslosen und Rentnerinnen und Rentner leisten.
2. Nein zu einer Mitte-links-Regierung auf Bundesebene! Die Partei stagniert nicht deshalb in Umfragen, weil sie zu wenig Regierungsbereitschaft signalisieren würde, sondern weil sie zu wenig als radikale Oppositionskraft erkennbar ist
In der September-Ausgabe der Zeitschrift Sozialismus schreibt die Redaktion in ihrem mit der Frage »Linksbündnis unter der Führung von Olaf Scholz?« betitelten Leitartikel, dass DIE LINKE dem Untergang geweiht sei, wenn sie sich nicht viel deutlicher zur Regierungsbereitschaft und zur Zusammenarbeit mit SPD und Grünen bekenne. Als Argument wird dafür ausgerechnet die Erfahrung anderer europäischer Linksparteien genannt. Dabei verhält es sich bei Podemos oder Syriza gerade umgekehrt – der politische Ausverkauf ihrer Positionen in der Regierungsbeteiligung hat diese in die Krise gebracht und bei der Wählerschaft diskreditiert.
Beispielsweise als Syriza die von der EU verordneten Privatisierungs- und Sozialkahlschlagspläne selbst umsetzte, obwohl sie gegen diese zuvor von den Wählerinnen und Wählern ins Amt gehievt worden war. In der LINKEN gibt es mit dem Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und der Parteivorsitzenden Katja Kipping prominente Fürsprecher einer offensiven Orientierung auf ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis. Auch im Leitantrag des Parteivorstands zum Parteitag findet sich diese Orientierung, wenn gleich zu Beginn erklärt wird, die LINKE wäre die »einzige Garantin« für die Abwahl der CDU. Das klingt, als wäre die LINKE zu jedem Preis als Mehrheitsbeschafferin für Grüne und SPD zu haben.
Opposition ist kein Mist
Aber schlimmer als eine Regierung mit Beteiligung der Union wäre ein politischer Ausverkauf der LINKEN. Klar ist: Der Preis für einen Regierungseintritt wäre mit den »roten Haltelinien« der LINKEN kaum vereinbar, die Sozial- und Stellenabbau, Privatisierungen, Militarisierung und Kriegseinsätze ausschließen. SPD und Grüne haben in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, dass sie fest auf dem Kurs des deutschen Militarismus stehen und neoliberaler Politik nichts entgegensetzen. Eine LINKE, die ihre Prinzipien verteidigt, wäre für die Spitzen von SPD und Grünen nicht akzeptabel. Deswegen müssen solche Unterstützungsangebote für einen Politikwechsel an SPD und Grüne immer an politische Bedingungen geknüpft werden.
Die Roten Haltelinien der Partei sind dabei wichtig, damit DIE LINKE ihre Glaubwürdigkeit bewahrt und den Wählerinnen und Wählern gegenüber transparent ist, was auf keinen Fall mit ihr zu machen ist. Darüber hinaus braucht es ein Sofortprogramm mit Reformforderungen und Mindestbedingungen für einen Politikwechsel (z. B. Reichensteuer, sozialer Wohnungsbau, Ausbau ÖPNV), die zeigen, für welche konkreten Verbesserungen DIE LINKE kämpft.
Es wäre fatal, wenn DIE LINKE durch Einbindung in imperialistische Außenpolitik und Kürzungsregime in Zeiten einer Wirtschaftskrise als Motor für Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse ausfällt. Das würde den Rechten Auftrieb geben. Die schlechten politischen Erfahrungen der Linken mit Regierungsbeteiligungen in Griechenland, Italien und Spanien sollten der LINKEN eine Warnung sein. Opposition ist kein Mist. Etliche Beispiele in der Geschichte zeigen, dass wesentliche Reformen durch große Bewegungen erkämpft werden. Oft waren es konservative Regierungen, die unter solchem außerparlamentarischen Druck zu Reformen gezwungen wurden, wenn linke Parteien in der Opposition und Teil der Gegenmobilisierung waren.
Dieser Artikel ist eine Vorabveröffentlichung aus dem neuen marx21-Magazin mit dem Titel: »Alle reden vom Regieren. Wir nicht.« (Das Heft erscheint am 20. Oktober 2020). Bestelle jetzt Dein Jahresabo und Du erhältst die neue Ausgabe inklusive toller Prämien frei Haus
3. Wahlkampf statt Wahlkuscheln – eine Orientierung auf einen rot-rot-grünen Lagerwahlkampf ist ein taktischer Fehler und führt die LINKE in den Abgrund
Das eigene Profil ist scharf, wenn Unterschiede nicht nur zur CDU und FDP, sondern auch zu SPD und Grünen sichtbar werden – und nicht vermeintliche Schnittmengen nach vorne gestellt werden. Eine Anbiederung an die SPD, wie sie politisch von Dietmar Bartsch und Gregor Gysi vorgeschlagen wird, indem man beispielsweise die Kritik an Olaf Scholz oder grundsätzliche Differenzen in der Außenpolitik unter den Teppich kehrt, ist abzulehnen.
Die PDS ist mit einem solchen Herangehen bereits 2002 im Wahlkampf baden gegangen. Im Frühsommer 2002 sah es für kurze Zeit so aus, als würde Rot/Grün (Schröder/Fischer) bei der damals bevorstehenden Bundestagswahl durch einen Kanzler Edmund Stoiber (CSU) und eine schwarz-gelbe Koalition abgelöst. Zugleich sanken die Umfragewerte für die PDS. Ihr damaliger Wahlkampfmanager Dietmar Bartsch setzte auf einen rot-rot-grünen Lagerwahlkampf. In einem unter seiner Federführung entworfenen Wahlmanifest der PDS hieß es: »Stoiber verhindern, das geht nur mit einer gestärkten PDS (…) Wenn es im Bundestag zur Entscheidung zwischen Stoiber und Schröder käme und wenn eine deutsche Beteiligung am Irak-Krieg gestoppt werden könnte, dann wären wir auch bereit, Schröder zum Kanzler zu wählen.«
Die erste Schröder-Fischer-Regierung von 1998 bis 2002 hatte u. a. den ersten Angriffskrieg der deutschen Nachkriegsgeschichte (gegen Jugoslawien), die Beteiligung am Afghanistan-Krieg und die Teilprivatisierung der gesetzlichen Altersrente (»Riester-Rente«) beschlossen. Trotzdem waren Bartsch und mit ihm die PDS-Wahlkampfleitung bereit, Schröder zum Kanzler zu wählen. Die PDS rutschte in der Wahl unter 5 Prozent. Schröder und Fischer hatten sich zu diesem Zeitpunkt (August 2002) übrigens klipp und klar gegen eine deutsche Kriegsbeteiligung an einem Irakkrieg ausgesprochen. Insofern rannte die PDS mit dieser einzigen »Bedingung« bei SPD und Grünen offene Türen ein. So richtig es war, sich als PDS gegen Stoiber zu stellen, so falsch war es, die SPD im Wahlkampf mit Kritik zu schonen, dadurch war das eigenständige Profil der PDS nicht mehr erkennbar. Das darf sich nicht wiederholen.
Grüne und SPD stellen den Neoliberalismus nicht in Frage
Es wäre falsch, im Vorgriff auf eine Linksregierung SPD und Grüne vor Kritik zu schonen. Seit der letzten »Linksregierung« unter Schröder und Fischer haben beide Parteien ihren Kurs nicht grundlegend verändert. Im Leitantrag zum Parteitag wird die SPD in der Kritik an der Bundesregierung im Verhältnis zur CDU geschont und auch die Grünen werden zu wenig für ihre neoliberale Ausrichtung kritisiert (wie sie sich beispielsweise aktuell im S-Bahn-Privatisierungskurs der Grünen Verkehrssenatorin in Berlin zeigt). Stattdessen behauptet der Leitantrag, die SPD stünde für eine »Abkehr von der Agenda-Politik«. Als wäre das ausgerechnet unter ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zu erwarten. Aber nicht nur Scholz ist das Problem bei der SPD. Das Problem ist die Grundausrichtung der Sozialdemokratie. Sie will die Profitinteressen der Konzerne im internationalen kapitalistischen Wettbewerb sichern, anstatt sich mit ihnen anzulegen.
4. Alle bisherigen Regierungsbeteiligungen der LINKEN auf Länderebene haben gezeigt, dass die Beteiligung an Regierungskoalitionen auf lange Sicht linken Forderungen und Bewegungen und der Partei selbst schaden – und die Ziele auf Veränderungen der Gesellschaft in weite Ferne rücken lassen
Die derzeitigen Rahmenbedingungen im Kapitalismus, also die Finanzen in Bund, Ländern und Kommunen und ihre Kompetenzen, der grundsätzliche Charakter des bürgerlichen Staates im Allgemeinen, aber auch die politische Ausrichtung von SPD und Grünen im Besonderen als potentielle Koalitionspartner setzen der Umsetzung eines wirklichen Politikwechsels äußerst enge Grenzen. DIE LINKE begibt sich bei Regierungsbeteiligungen auf Landesebene in große Widersprüche. Auch wenn es gelingt, einzelne Vorzeigeprojekte in Regierungsverantwortung umzusetzen, überwiegen insgesamt die Probleme für DIE LINKE, weil sie auch unpopuläre Maßnahmen durchsetzt.
Die Bilanz der Regierungsbeteiligungen der LINKEN ist durchwachsen. DIE LINKE hat in Berlin durch ihre Unterstützung des Mietenvolksentscheids 2016 und des laufenden Volksbegehrens zur Enteignung von großen Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen, Vonovia und Co gezeigt, wie man Konzernen Grenzen setzt. So konnte sie den Mietendeckel in harten Verhandlungen in der Regierung durchsetzen. Dennoch gibt es Konflikte mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne, die weiter an neoliberaler Stadtpolitik festhalten wollen – wie beim Karstadt-Deal, bei den massiven Polizeieinsätzen für Zwangsräumungen im Interesse von Immobilienkonzernen und bei der S-Bahn-Ausschreibung der grünen Verkehrssenatorin, die private Unternehmen zum Zuge lassen kommen will. Dazu kommen nächtliche Massen-Abschiebungen und fehlende Aufklärung von rechtem Terror und rechten Netzwerken in Polizei und Justiz. Das zeigt die Grenzen linken Regierens auf.
DIE LINKE enttäuscht in den Landesregierungen
Auch wenn Bodo Ramelow nach dem Wahlsieg der LINKEN in Thüringen gefeiert wird, fällt die Bilanz der R2G-Regierung mager aus. Thüringen ist weit entfernt von einer sozialen Kehrtwende. So ist beispielsweise der Anteil der von Armut bedrohten Kinder in den letzten Jahren kaum zurückgegangen und liegt konstant über 20 Prozent – trotz stabiler wirtschaftlicher Entwicklung und sinkender Arbeitslosenzahlen. Arm trotz Arbeit ist ein verbreitetes Phänomen – besonders in Thüringen. Die Einführung eines Mindestlohns bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist begrüßenswert, aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn bei einem Lohn von unter zwölf Euro reicht es am Ende doch nur für eine Armutsrente.
Der erneute Wahlsieg der LINKEN in Thüringen war weniger der konkreten Reformpolitik der Regierung, sondern vielmehr der politischen Polarisierung geschuldet. Ähnlich wie in Brandenburg und Sachsen wurden die Parteien der Ministerpräsidenten von vielen Menschen gewählt, um zu verhindern, dass die AfD stärkste Kraft wird. In Brandenburg profitierte davon die SPD, in Sachsen die CDU und in Thüringen DIE LINKE. Die eigentliche Wahlgewinnerin in Thüringen ist aber die AfD. Dass sie mit Höcke an der Spitze im rot-rot-grün regierten Thüringen ihre Stimmen mehr als verdoppeln konnte, sollte Hinweis genug darauf sein, dass es ein »Weiter so« auch für DIE LINKE unter Bodo Ramelow nicht geben darf.
DIE LINKE kann in Regierungsverantwortung auf Landesebene weder die Armutsrenten beseitigen noch das Hartz-IV-Regime umgehen. Die Zustimmung der LINKEN in Sachsen zur Schuldenbremse und in Thüringen, Brandenburg und Berlin zur Autobahnprivatisierung konterkarierte die antikapitalistische Profilierung der Partei. Entscheidend für die kommenden Jahre ist daher, dass DIE LINKE sich eindeutig gegen neoliberale Maßnahmen stellt und sich für wirkliche soziale Verbesserungen einsetzt.
Dafür ist eine Kampfansage an die Bundesregierung nötig, weil wichtige Stellschrauben für einen Politikwechsel auf der Landesebene im Bund gedreht werden müssten – z. B. in der Steuer- und Sozialpolitik. Sollte DIE LINKE bei dieser Aufgabe versagen, bietet sie der Rechten die Möglichkeit, in das durch Frustration und enttäuschte Hoffnungen entstandene Vakuum vorzudringen. Es ist Aufgabe der Partei, an der Seite von Beschäftigten und sozialen Bewegungen außerparlamentarisch Druck zu machen und durch Aufklärung und Mobilisierung die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zu verschieben. Über diesen Ansatz kann der Partei ein neuer Aufbruch gelingen, um sich mit einem rebellischen Profil als Kraft gegen die herrschenden Verhältnisse aufzubauen.
5. Weg von der Stellvertreterpolitik – hin zur organisierenden Mitgliederpartei!
Die LINKE kann mehr anbieten als die sozialdemokratische Tradition der parlamentarischen Stellvertreterpolitik. Alleine durch parlamentarische Repräsentanz kann der Anspruch »LINKS wirkt« nicht eingelöst werden. Dass der Zuspruch unter Erwerbslosen in den letzten Jahren zurückging, hat auch damit zu tun. Für viele von ihnen hatte sich die Hoffnung nicht materialisiert, dass sich durch ein Kreuz bei der LINKEN die sozialen Verhältnisse ändern würden. Denn trotz einer stärkeren LINKEN wurde der Umverteilungsprozess von unten nach oben nicht gestoppt. Gesellschaftliche Veränderungen erreichen wir in erster Linie nicht durch andere Mehrheiten in Parlamenten, sondern durch Mobilisierungen auf der Straße und in den Betrieben.
Die Zielrichtung linker Politik muss daher die Stärkung der Kampffähigkeit sein und nicht die Hoffnung auf politische Stellvertreter. Um dieser Rolle als sozialistische Kraft gerecht zu werden, muss DIE LINKE ganz anders sein als die etablierten Parteien. Wir brauchen eine sozialistische Massenpartei, die sich als Sprachrohr und Motor von Bewegungen und Klassenkämpfen versteht. Als Teil des Aufbaus gesellschaftlicher Gegenmacht können wir einen Beitrag zur Durchsetzung progressiver Politik im Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse leisten. Die größte Durchsetzungsmacht kommt durch betriebliche und gewerkschaftliche Mobilisierungen und Streiks.
Konzentration der Kräfte statt »Blumenstraußpolitik«
Hier kann DIE LINKE eine wichtige Rolle als Sammlungspunkt für vorwärtstreibende Kräfte in den Gewerkschaften spielen und mit einem antikapitalistischen Programm eine politische Orientierung bieten. Den Kampf behindernde sozialpartnerschaftliche Ideen von Standortnationalismus und Krisenkorporatismus mit Regierung und Arbeitgebern wollen wir herausfordern. Dafür gilt es heute DIE LINKE in den Kämpfen gegen die Auswirkungen der Krise zu verankern. Dabei sollte gelten: Keine Fraktion ohne Aktion – keine Aktion ohne Fraktion. Die parlamentarische Arbeit ist dann gewinnbringend für die Partei, wenn sie mit den Kämpfen außerhalb der Parlamente und den Kampagnen der Partei verzahnt ist.
Anstatt sich im Klein-Klein des parlamentarischen Alltags zu verzetteln, gilt es gemeinsam dort handlungsfähig zu sein, wo sich gesellschaftliche Konflikte zuspitzen, wo Widersprüche aufbrechen, wo Bewegung entsteht. Wir brauchen für Schwerpunktthemen eine Konzentration der Kräfte der verschiedenen Ebenen, um einen Unterschied zu machen, wie z. B. in den Anfangsjahren der Partei mit der Mindestlohnkampagne und in jüngster Zeit mit der Pflegekampagne, die insbesondere durch die Verbindung mit den gewerkschaftlichen Mobilisierungen in den Krankenhäusern, dem »Pflegestreik«, ausstrahlen konnte.
6. Nicht bloß auf Umfragen schielen! Der wichtigste Gradmesser für DIE LINKE sollte der Bewegungs- und Parteiaufbau sein
In der Frage des Parteiaufbaus wurden in den vergangenen Jahren durch die Parteivorsitzenden positive Impulse gegeben, an die wir anknüpfen können, insbesondere zur Kampagnenarbeit und zum Aufbau der LINKEN als aktive Mitgliederpartei. Eine wichtige Erkenntnis: Unsere Kampagnen sind dann stark, wenn sie mit realen gesellschaftlichen Mobilisierungen verbunden werden. Ansatzpunkte dafür gibt es zahlreiche. Zwar haben wir einen niedrigen Stand an betrieblich-gewerkschaftlichen Kämpfen, aber große Mobilisierungen um politische Fragen, wie Klima und Rassismus. Als Partei der verbindenden Klassenpolitik suchen wir die Schnittstellen zu sozialen Fragen und versuchen, die Interessen der abhängig Beschäftigten zur Geltung zu bringen. Bewegungsorientierung ist dabei mehr, als zu allen möglichen Demos aufzurufen. Die Partei muss als politisch intervenierende Kraft arbeiten – das heißt richtige Forderungen entwickeln und organisierend tätig sein. Die LINKE ist gefragt, einen Unterschied zu machen in den Bewegungen.
Wir haben eine Welt zu gewinnen!
Konkret wird das am Beispiel der Klimabewegung, wo wir in Konkurrenz zu den Grünen um die Ausrichtung streiten: Hier ist Antikapitalismus gefordert an Stelle von Appellen an Konzerne, sowie Klassenorientierung anstatt Konsumkritik. Wir stellen Klima und soziale Frage nicht gegeneinander, sondern verbinden diese mit einem Klassenstandpunkt und gewerkschaftlicher Orientierung, etwa mit den Kämpfen der Beschäftigten des ÖPNV für eine ökologische und soziale Verkehrswende. Beispielhaft gelang das der hessischen LINKEN momentan in der Unterstützung der Proteste gegen den Bau der A49 im Dannenröder Wald.
Auch in die großen antirassistischen Bewegungen bringen wir einen Klassenstandpunkt ein. Von Rassismus Betroffene und Geflüchtete sind überwiegend Teil der Arbeiterklasse. Es ist Aufgabe der LINKEN, ihre gemeinsamen Interessen gegen die Herrschenden herauszustellen und den gemeinsamen Kampf für gleiche Rechte und Umverteilung von oben nach unten zu organisieren. Rassismus ist nicht nur moralisch verwerflich, er ist zudem eine Ideologie der Spaltung, welche die Arbeiterbewegung in ihrer Mobilisierungsfähigkeit schwächt. Nur durch Solidarität können die gemeinsamen Interessen geltend gemacht werden. Es gibt in Teilen der LINKEN eine fatale Tendenz, der Auseinandersetzung mit der AfD aus dem Weg gehen zu wollen, weil man sie und ihre Themen nicht unnötig aufwerten möchte. Es hilft aber nicht, die AfD zu ignorieren und ihre rassistischen Lügenmärchen unwidersprochen zu lassen.
Wenn Menschen glauben, ihr Niedriglohn oder ihre Wohnungsnot könne durch Hetze gegen Geflüchtete und den Islam gemildert werden, hilft nur klare Kante gegen die braune Propaganda. Nur so werden wir mit unseren linken Perspektiven durchdringen und auch als politischer Pol für die Vielen erkennbar werden, die sich gegen rechts engagieren. DIE LINKE erlebte Eintrittswellen nach dem Wahlsieg von Trump und als Antwort auf die Wahlerfolge der AfD, weil sie als deren entschiedene Gegnerin wahrgenommen wird. In den letzten Jahren haben sich viele junge Menschen über die Klimabewegung sowie die antirassistischen Mobilisierungen politisiert. Diese Generation ist die Zukunft für linke Politik. DIE LINKE kann sie gewinnen, wenn sie sich als antikapitalistische, bewegungsaufbauende und oppositionelle Kraft aufstellt, statt sich auf Regierungskurs zu trimmen. Packen wir es an. Wir haben eine Welt zu gewinnen!
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