Eine Spaltung der LINKEN zum jetzigen Zeitpunkt beendet weder die Krise der Partei, noch entsteht eine vielversprechende neue Formation. Ein Debattenbeitrag von Christine Buchholz
Spaltung der Partei? Nicht nur Sahra Wagenknecht spielt mit diesem Gedanken der Spaltung der Partei. Da auch das Netzwerk der »Progressiven LINKEN« mobilisiert zu einer Tagung, auf der eine »Richtungsentscheidung jetzt« für den Bundesparteitag im Dezember vorbereitet werden soll. Offenbar meinen einige, die Probleme der LINKEN wären kleiner oder sogar ganz erledigt, wenn Sahra Wagenknecht und ihre Unterstützer:innen die Partei verlassen würden.
Doch eine Spaltung der LINKEN zum jetzigen Zeitpunkt beendet weder die Krise der Partei, noch entsteht eine vielversprechende neue Formation. Im Gegenteil: Eine Schwächung der gesamtgesellschaftlichen Linken in Deutschland wäre womöglich der Anfang vom Ende der ersten relevanten politischen Kraft links von der Sozialdemokratie in der Geschichte der Bundesrepublik.
Eine Spaltung der Partei führt nicht zu mehr Klarheit und damit neu gewonnener Handlungsfähigkeit. Dafür sind die programmatischen und strategischen Konfliktlinien innerhalb der LINKEN zu komplex. In der Frage des Umgangs mit dem Ukrainekrieg ist es der Reformer-Flügel in der Partei, der die friedenspolitischen Grundpositionen infrage stellt – so die Ablehnung der Nato und ihrer Politik, von Waffenlieferungen, wie das Nein zu Auslandsätzen der Bundeswehr. Doch eine LINKE, die ihre antimilitaristischen Grundsätze aufgibt, verliert eine ihrer Kernfunktionen. Aktuell wird die Partei DIE LINKE kaum als Gegenspielerin zur Eskalationspolitik der Bundesregierung wahrgenommen. DIE LINKE könnte das ändern, wenn sie, anstatt über Spaltung zu phantasieren, ihre Hausaufgaben machen würde: Die Stärkung und der Aufbau einer bundesweiten Anti-Kriegs-Bewegung, welche den herrschenden Diskurs durchbrechen und Gegenmacht entwickeln kann – die Sammlung aller Gegner:innen von Aufrüstung und Krieg in Gewerkschaften, der Klimabewegung, anderen Parteien, den Religionsgemeinschaften oder anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Spaltung der LINKEN führt nicht zu mehr Klarheit
Angesichts der sozialen Verwerfungen, die Inflation und Krise einem großen Teil der Bevölkerung zufügen, und eines Erstarkens der AfD, die sich die Angst und Wut über die soziale Misere zu eigen macht, brauchen wir eine LINKE, die klar Position bezieht. Klare Kante gegen die unsoziale und dem Militarismus verschriebenen Politik der Ampel, sowie gegen Rechts. Manche Linke meinen, dass einzig der Flügel um Wagenknecht einer solchen Politik im Wege stünde. Doch das ist eine Verdrehung von Tatsachen und ignoriert die Kräfteverhältnisse in der Partei. Zugleich ist auch eine neue Wagenknecht-Partei keine Alternative. Sie mag kurzfristige Erfolge in Umfragen haben, steht aber auf einer falschen politischen Grundlage. Wagenknecht unterschätzt die Gefahr von Rechts und ihr Standortnationalismus bietet keinen Ausgangspunkt für erfolgreiche Kämpfe – ob um bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Klimaschutz.
Wenn sie sich abschätzig über »skurrile Minderheiten« äußert und die soziale Frage und Kämpfe gegen Rassismus und Faschismus gegeneinander ausspielt, ist das zurückzuweisen. Eine linke Partei muss den Kampf gegen Unterdrückung organisieren und ernst nehmen, auch wenn sie Kritik an der oft von Moralismus getriebenen und vor allem auf individuelles Verhalten abzielenden Identitätspolitik hat.
Der LINKEN ist es als Ganzes nicht gelungen, sich als eine kämpfende Partei zu verankern. Die Probleme sind lange bekannt: Für viele der aktiven Funktionsträger:innen steht nicht die Frage im Vordergrund, wie wir eine Kritik der herrschenden Politik und Verhältnisse formulieren und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse verändern. Stattdessen dominiert der Parlamentarismus in der politischen Alltagsarbeit der Partei. Auch ohne Wagenknecht wären diese Probleme der LINKEN noch vorhanden. DIE LINKE muss wieder als wahrnehmbare Opposition gegen die falsche und fatale Antwort der Bundesregierung auf Krieg, Inflation und Energiekrise auftreten. Ein Blick nach Italien, wo sich eine bis dahin mobilisierungsstarke und selbstbewusste Linke 2007 in der Regierung zerlegte und der Widerstand gegen die Rechte massiv geschwächt wurde, sollte eine Mahnung sein, diese Fehler nicht zu wiederholen.
(ies hier den marx21-Artikel »DIE LINKE: Konsequente Opposition statt Spaltung!«.)
Titelbild: marx21.de
Schlagwörter: DIE LINKE, Krise, Linkspartei