Rechtsradikale haben Chemnitz zum Zentrum ihrer Mobilisierung auserkoren. Wir sprachen mit Gabi Engelhardt vom Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« über die rechte Szene der Stadt und über Strategien gegen die Nazis in Sachsen
Gabi Engelhardt ist aktiv bei »Aufstehen gegen Rassismus« in Chemnitz und Mitglied im marx21-Koordinierungskreis.
marx21: Chemnitz gilt seit den Ausschreitungen Anfang September als rechte Hochburg. Ist die Lage für Linke dort aussichtslos?
Gabi Engelhardt: Nein, aber es ist absolut beängstigend, wie sich die politische Situation in Chemnitz seit dem tödlichen Messerangriff am 26. August 2018 entwickelt hat.
Warum?
Rassisten und Nazis mobilisieren hier im Wochentakt zu Kundgebungen und Demonstrationen. Ob Pro-Chemnitz, die AfD, Pegida oder rechte Fußball-Hooligans, sie alle wollen die von ihnen erkannte Gunst der Stunde nutzen, um ihre völkischen, rassistischen und menschenverachtenden Ideen zu verbreiten.
Die Nazis sind hier nicht mehr isoliert
Sind das also alles Nazis auf der Straße?
Nein, sicherlich nicht. Aber der organisierende Kern besteht aus Nazi-Kadern, die versuchen, ihre Organisationen zu stärken. Das gelingt ihnen auch teilweise.
Inwiefern?
Es ist besonders schlimm zu sehen, dass die Nazis eben nicht mehr isoliert sind. Es gelingt ihnen in Chemnitz, eine Minderheit der Bevölkerung zu mobilisieren und sich einzuverleiben. Auf dem Höhepunkt ihrer Mobilisierungen konnten sie mit Unterstützung aus ganz Sachsen und anderen Bundesländern mehrere Tausend Menschen auf die Straße bringen. Gleichzeitig sind auch die »kleineren« Kundgebungen nicht zu unterschätzen, weil sie vor allem dort einen Kern von Sympathisanten kontinuierlich mit ihren Parolen festigen wollen.
Wie hat sich dadurch das Klima in der Stadt in den letzten Monaten verändert?
Zwischen dem 26. August und dem 11. Oktober kam es laut Bundesregierung in Chemnitz zu insgesamt 112 rechtsmotivierten Straftaten. Die Situation hat sich für muslimische, jüdische und Menschen mit Migrationshintergrund drastisch verschlechtert. Der alltägliche Rassismus hat zugenommen, die Stimmung in der Stadt ist unruhiger und oftmals auch aggressiver geworden.
Was heißt das im Alltag?
Menschen werden angespuckt und offen rassistisch beleidigt. Mir erzählen Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, dass sie sich teilweise nicht mehr alleine auf die Straße trauen. Nicht nur einer kopftuchtragenden Frau wurde versucht, das Kopftuch herunterzureißen. Die Warnung vor den »geistigen Brandstiftern« ist keine leere Floskel.
Wie meinst du das?
Die Parolen von AfD, Pegida und Pro-Chemnitz zeigen Wirkung. Sie hetzen Menschen zu solchen Taten auf. Martin Kohlmann, der Sprecher von Pro Chemnitz, macht seit August 2018 besonders Front gegen Flüchtlinge und alle Menschen mit Migrationshintergrund. Bereits im Frühjahr veröffentlichte er ein Foto von drei Kopftuch tragenden Frauen und schrieb dazu: »Die Zukunft von Chemnitz, wenn wir nix ändern!«. Viele User beschwerten sich zu Recht, aber es klatschten auch viele Beifall – etwa mit solchen Worten: »Alles raus aus Deutschland! Egal ob hier geboren oder hingezogen. Alles weg!!!!«. Martin Kohlmann hat auf der Kundgebung am 27. August zur Bildung von Bürgerstreifen zur angeblich nötigen Selbstverteidigung aufgerufen. Auf solche Worte folgen Taten…
Der alltägliche rechte Terror findet wenig Beachtung
… wie zum Beispiel die Angriffe auf vier Restaurants – ein jüdisches, zwei persische und zuletzt ein türkisches. Ist das eine Anschlagsserie?
Noch sind die polizeilichen Untersuchungen nicht abgeschlossen. Aber ich meine, dass diese Überfälle und die vielen anderen Angriffe auf Migranten und Andersdenkende, die jeden Freitag nach den Pro-Chemnitz-Demos stattfinden, Resultat der Nazi-Propaganda sind. Seither fühlen sich einige Nazis in Chemnitz enthemmt.
Sind diese Angriffe auf die Restaurants ein neues Level der Gewalt?
Ja, auf jeden Fall. Ich möchte daran erinnern, dass nur einen Monat nach den Ausschreitungen im August 2018 eine rechte Terrorzelle aufflog, die noch schlimmere Verbrechen als der NSU verüben wollte. Daher gehe ich davon aus, dass es sich bei den Überfällen auf die Restaurants um eine Serie von rechten und rassistischen Gewaltakten handelt. Und es ist für mich auch klar, dass Pro Chemnitz, die AfD und Pegida die politische Verantwortung dafür tragen.
Aber AfD und Pro Chemnitz betonen immer, dass ihre Proteste friedlich sind …
Die AfD und auch Pro Chemnitz spielen mit gezinkten Karten. In Chemnitz gibt es eine gut vernetzte rechte Szene. Und auch Mitglieder und Funktionäre der AfD und von Pro Chemnitz gehören dazu.
Auch wenn die Beteiligten an deren Kundgebungen keine direkte Gewalt ausüben, so bereiten sie mit ihren hasserfüllten Parolen den Boden für die Ultras sowie für die Stiefel-Nazis, die dann auf der Straße unterwegs sind und Menschen attackieren. Auf einer Kundgebung am 9. November hat Martin Kohlmann das Recht auf Bewaffnung eingefordert. Er tat dies mit Verweis auf die Pogromnacht 1938. Damals seien die Juden durch Gesetz zunächst entwaffnet worden und hätten dann »wehrlos der Zerstörung ihres Eigentums zuschauen müssen.« Kohlmann, der Nazi, vergleicht sich und seine Anhänger mit den Opfern der Nazis, und behauptet, die Bevölkerung würde auch heute wieder wehrlos gemacht, um sie dann leichter gegen Muslime »austauschen« zu können. Das ist eine unerträgliche Umdeutung der Geschichte und Verharmlosung des Holocaust.
Ist es gefährlich, sich in Chemnitz gegen rechts zu engagieren?
Wir alle wissen, wie gefährlich Nazis werden können. Das haben ja auch die Anschläge und Übergriffe gezeigt. Und es ist leider so, dass es besonders am Freitagabend nach den Pro-Chemnitz-Kundgebungen gefährlicher ist, in der Innenstadt zu sein. Viele Laden- und Restaurantbesitzer beklagen schon mangelnde Umsätze, weil weniger Menschen ins Stadtzentrum kommen. Manchmal überlege ich, ob der mir Entgegenkommende einer von »denen« ist.
Aber wir lassen uns trotzdem nicht einschüchtern. Noch haben wir keine Situation wie bei der Machtergreifung der Nazis 1933, aber die Nazis machen keinen Spaß. So gab es bei einem Konzert von »Feine Sahne Fischfilet« eine Bombendrohung, die vorher auf rechten Internetseiten angekündigt wurde. Die rechte Terrorzelle »Revolution Chemnitz« wollte die NSU-Mörder wie Stümper aussehen lassen. Die Brandstifter des Mangal haben den Tod von 17 Menschen, die in den darüberliegenden Wohnungen schliefen, in Kauf genommen. Deshalb gilt es, sich der Gefahr bewusst zu sein, ohne davor zu kapitulieren.
Welche Verbindungen zwischen der AfD und Pro Chemnitz gibt es?
Führende AfD-Politiker haben die Demos von Pro Chemnitz von Anfang an gutgeheißen und sie als friedlich bezeichnet. Sie haben auch bei dem von Björn Höcke angeführten Aufmarsch am 1. September kein Problem damit gehabt, mit den Nazis von Pro Chemnitz und den Islamfeinden von Pegida gemeinsam auf die Straße zu gehen.
Die AfD hat »Pro Chemnitz« aber jetzt auf ihre sogenannte »Unvereinbarkeitsliste« gesetzt…
Die Wucht der antirassistischen Massenproteste in den letzten Monaten mit einer Viertel Million Menschen in Berlin als Höhepunkt hat auch die AfD nicht unberührt gelassen. Zumindest ein Teil der AfD-Führung sieht, dass sie es durch die offene Zusammenarbeit mit der Naziszene in Chemnitz möglicherweise übertrieben haben. Aber das heißt nicht, dass sich die AfD in Sachsen oder in Chemnitz jemals von den völkischen Reden und den Nazi-Anhängern, die Freitags durch Chemnitz marschieren, distanziert hätte. Im Gegenteil.
Wie das?
Beim Besuch von Angela Merkel in Chemnitz am 16. November waren alle wieder in trauter Einigkeit zusammen – AfD, Pro Chemnitz, Pegida und die pseudo-satirische »Merkel-Jugend« des Neonazis Sven Liebich. Mit ihrer Kampagne gegen den Migrationspakt zieht die AfD mit Pro Chemnitz an einem Strang. Aktuell schaltet die AfD in mehreren Lokalzeitungen eine Anzeige, in der sie eine »Entschuldigung für Chemnitz-Lüge« fordert. In der Anzeige steht nicht, was gemeint ist oder an wen sie gerichtet ist – aber für die AfD hat der Wahlkampf schon längst begonnen und wir sollten das auch ernst nehmen.
Wer ist »Pro Chemnitz«?
Pro Chemnitz wurde 2009 durch den Ex-Republikaner-Stadtrat Martin Kohlmann gegründet. Die Bezeichnung »Bürgerbewegung« soll den rassistischen und völkischen Aktivitäten der Partei einen bürgerlichen Anstrich geben. Auch wenn die Pro-Parteien teilweise Konservative in ihren Reihen haben, wie bspw. in Chemnitz, wo Ex-CDU-Mitglied Reinhold Breede Mitbegründer war, geben dort Nazi-Kader die Marschrichtung vor.
Woran machst du das fest?
Es gibt in allen »Pro-Bewegungen« große inhaltliche und personelle Überschneidungen zur harten Nazi-Szene. Die »Pro-Bürgerbewegung« ging Mitte der 1990er-Jahre aus der gescheiterten Nazi-Sammelbewegung «Deutsche Liga für Volk und Heimat” (DLVH) hervor. Ein großer Teil der Mitglieder und der überwiegende Teil der Funktionäre waren in der Vergangenheit bei der NPD, der DVU sowie den Republikanern aktiv.
In ganz Sachsen ist die radikale Rechte in Aufbruchstimmung
Wie ist das in Chemnitz?
»Pro Chemnitz« ist seit der Wahl 2014 mit drei Mitgliedern im Chemnitzer Stadtrat vertreten, die dort eine eigene Fraktion bilden. Der Fraktionsvorsitzende Martin Kohlmann hat sowohl gute Verbindungen zur NPD in Sachsen als auch zu Kameradschaften, der Hooligan-Szene und der rechten Musikszene. Martin Kohlmann ist seit Jahrzehnten in der Naziszene aktiv. 1999 kandidierte er für die Republikaner in Chemnitz und zog in den Stadtrat ein. Anfang 2004 organisierte er ein Konzert mit dem rechtsextremen Musiker Frank Rennicke in Chemnitz. Er arbeitet als Rechtsanwalt und zu seinen Mandanten zählt unter anderem der ehemalige Vorsitzende der NPD, Günter Deckert und die rechtsterroristische »Gruppe Freital«. Bei deren Verteidigung drohte er dem Gericht, dass es sich »nach einem Systemwechsel einmal strafverschärfend in einem Prozess gegen das Gericht wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung auswirken« würde. Weil Kohlmann den Strafbefehl gegen den Beschuldigten der Messerattacke im Internet veröffentlichte, wurde er nun von der Vereinigung der Strafverteidiger Sachsen/Sachsen-Anhalt ausgeschlossen.
Warum ist die rechte Szene in Chemnitz so präsent?
Leider ist das nicht nur ein Chemnitzer Problem. In ganz Sachsen ist die radikale Rechte in Aufbruchstimmung. Wir sollten nicht vergessen, dass die AfD, eine faschistische Partei im Werden, in Sachsen mit 27 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei im Land aufgestiegen ist. Dass Sachsen zur Hochburg der AfD geworden ist, hängt auch mit der gewachsenen Stärke der extremen Rechten hier zusammen.
Kannst du uns Beispiele nennen?
In Sachsen versteckte sich der NSU, hier war das Epizentrum der Pegida-Aufmärsche, und auch die NPD konnte sich mehr als ein Jahrzehnt lang in Sachsen über Umfrage- und Wahlergebnisse freuen, die deutlich über fünf Prozent lagen. Im Jahr 2004 zog sie sogar mit einem Rekordergebnis von 9,2 Prozent der Stimmen in den Landtag ein.
Wie sieht es mit Straftaten von Neonazis aus?
In keinem anderen Bundesland verüben Neonazis mehr Straftaten. Eine große Anfrage der LINKEN im sächsischen Parlament ergab: Von 2011 bis Mitte 2016 wurden sachsenweit 10.269 Delikte von Rechtsextremen begangen. Auf dem Höhepunkt der »Flüchtlingskrise« 2015 waren es rein rechnerisch sogar 6,6 pro Tag. Über die rassistischen Ausschreitungen in Freital, Heidenau, Chemnitz-Einsiedel, Bautzen oder Clausnitz wurde bundesweit in den Medien berichtet. Doch der alltägliche rechte Terror, der hinter diesen Zahlen steckt, findet wenig Beachtung.
Warum ist die radikale Rechte in Sachsen so stark?
Ein Grund ist sicherlich die Politik der sächsischen CDU-Regierung. Sie hat in der Vergangenheit die Nazigefahr kleingeredet und behauptet, es gäbe in Sachsen kein Problem mit Rassismus und Nazis. Gleichzeitig ist die sächsische CDU einer der rechtesten Landesverbände und steht in ihrer Politik eher der CSU nahe. Mit seiner Hetze gegen Muslime und dem Schüren von Vorurteilen gegen Geflüchtete hat der ehemalige Ministerpräsident Stanislaw Tillich der AfD und den Nazis den braunen Teppich ausgerollt. Unter Sachsens CDU-Regierung konnte die radikale Rechte massiv aufbauen.
Im Kampf gegen Rassismus wirkt DIE LINKE oft zahnlos und ist zu wenig sichtbar
Was ist eigentlich mit der LINKEN in Sachsen?
Da passiert meines Erachtens zu wenig. Natürlich gibt es in der Partei viele, die sich aufrichtig im Kampf gegen rechts und auch zu anderen Themen engagieren. Aber mir scheint, dass es kein schlüssiges strategisches Konzept gibt, wie die Partei den Kampf gegen rechts in Sachsen anpacken, geschweige denn gewinnen will.
Wie kann das sein?
Die LINKE in Sachsen ist von einer aktiven Mitgliederpartei weit entfernt. Die Logik der Parteispitze scheint mir eine rein parlamentarische zu sein: »Wählt uns, dann machen wir gute Politik für euch«. Selbst in der Opposition verhält sich die LINKE in Sachsen eher wie eine »Regierung im Wartestand« denn als kämpferische Protestpartei. Und auch im Kampf gegen Rassismus wirkt sie oft zahnlos und ist zu wenig sichtbar.
Was erwartest du von der LINKEN in Sachsen?
Die Partei müsste eine viel stärkere Rolle bei den Protesten und der Mobilisierung dazu spielen. Mir fehlen LINKE-Fahnen, Infostände mit Material der LINKEN und eine deutlich sichtbare Positionierung der LINKEN. Viele Menschen wollen etwas gegen den Rechtsruck und die Nazimobilisierungen tun, werden aber von der LINKEN nicht angesprochen, weil diese nicht gezielt um neue Mitglieder kämpft.
Wie könnte sie es besser machen?
Die Aufgabe der LINKEN in Sachsen wäre es, Menschen in Aktion zu bringen. Dafür muss sie die Speerspitze des Widerstands gegen den neoliberalen Kapitalismus und die ihn tragenden Parteien sein.
Andererseits muss sie die treibende Kraft im Aufbau einer breiten und entschlossenen antirassistischen Bewegung werden. Dafür ist es zentral, dass die LINKE in Sachsen zum Beispiel »Aufstehen gegen Rassismus« mit aufbaut.
Die AfD im Aufwind, die LINKE ohne klare Strategie – klingt, als wäre Sachsen verloren …
Diese Sichtweise halte ich für falsch. Überall im Land – auch in Sachsen – gibt es Millionen Menschen, die keinen Bock auf Nazis und Rassismus haben und die bereit wären, sich der AfD entgegenzustellen.
Zum Beispiel?
Ich denke etwa an die Zehntausenden, die beispielsweise bei dem #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz waren. Oder an diejenigen, die sich auch bei Wind und Wetter jede Woche den Nazis und Rassisten in Sachsen landauf, landab in den Weg stellen.
Was muss in Sachsen passieren, damit der rechte Mob gestoppt wird?
Die demokratischen Kräfte und Parteien in Sachsen, angefangen bei den LINKEN, Grünen, der SPD bis hin zu den Gewerkschaften, den muslimischen, jüdischen und christlichen Gemeinden, die migrantischen Organisationen, andere zivilgesellschaftliche Initiativen und Kulturschaffende sind jetzt gefordert. Die Rechten wittern Morgenluft. In Sachsen besteht die reale Gefahr, dass die AfD zusammen mit der CDU eine Regierung bilden wird. Wenn wir sie zurückdrängen wollen, brauchen wir eine viel intensivere Zusammenarbeit. Nächstes Jahr wird es einige wichtige Termine für uns alle geben.
Welche sind das?
Im Januar 2019 organisiert »Aufstehen gegen Rassismus« gemeinsam mit anderen Initiativen einen Protest beim Bundesparteitag der AfD in Riesa. Zudem arbeiten wir mit anderen an der Vernetzung der Aktivitäten in ganz Sachsen in Vorbereitung auf die Wahlkämpfe nächstes Jahr. Die Europa- und Kommunalwahlen im Mai 2019 und die Landtagswahl in Sachsen im Herbst 2019 sind zentrale Termine. Und natürlich der internationale Aktionstag gegen Rassismus am 16. März 2019.
Was macht »Aufstehen gegen Rassismus« in Chemnitz?
Aufstehen gegen Rassismus ist seit April 2016 in Chemnitz aktiv. So haben wir natürlich an vielen Aktionen mitgewirkt und Proteste organisiert. Bei allen Gegenaktionen haben wir uns für ein solidarisches Chemnitz eingesetzt. Besonders wichtig ist uns deshalb auch, mit den Betroffenen rassistischer Hetze zusammenzuarbeiten.
Was war ein Höhepunkt eurer Arbeit?
Das war unsere Kundgebung am 9. November 2018, 80 Jahre nach der Pogromnacht und 29 Jahre nach dem Fall der Mauer. Auf unserer Kundgebung sprachen die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, eine jüdische Antifaschistin, zwei Vertreter der muslimischen Gemeinden, ein Mensch aus Eritrea, ein syrischer Schriftsteller und viele andere mehr. Wir konnten dort eindrucksvoll zeigen, dass es auch das andere Chemnitz gibt, dass Chemnitz nicht nur die hässliche Fratze der Rassisten und Nazis hat. Das ist auch der Grund, warum wir seit dem 1. Oktober zunächst tägliche, jetzt montags und freitags regelmäßige Mahnwachen vor dem Karl-Marx-Kopf durchführen, um den Rechten ihren Aufmarschort wieder streitig zu machen. Die Mahnwachen sind so etwas wie ein Treffpunkt und Organisationsort für weitere Mobilisierungen geworden. Außerdem führen wir regelmäßig StammtischkämpferInnen-Workshops durch, um die TeilnehmerInnen zu ermächtigen, rassistischen Parolen die Stirn zu bieten.
Bekommt ihr Unterstützung von Parteien?
Wir arbeiten mit Aktiven von den Grünen, der SPD und natürlich der LINKEN und verschiedenen Vereinen und Initiativen zusammen.
Wie geht es für euch in Chemnitz weiter?
Als »Aufstehen gegen Rassismus« werden wir weiter unsere Infostände, Mahnwachen, Diskussionsveranstaltungen und StammtischkämpferInnen-Workshops durchführen und Protestaktionen veranstalten, damit die rassistischen und Nazi-Mobilisierungen nicht zum Normalfall werden. Es gibt viel zu tun. Der Schock und die Empörung über die rechten Entwicklungen eröffnen uns gleichzeitig aber auch die Chance, im Jahr 30 nach dem Fall der Mauer viele neue Aktivisten und Aktivistinnen zu gewinnen und eine solidarische Alternative aufzubauen.
Foto: tim.lueddemann
Schlagwörter: Antifaschismus, Chemnitz, Inland, Linke, Sachsen