Nach dem erfolgreichen Protest gegen den AfD-Bundesparteitag in Augsburg sprachen wir mit Frederik Hintermayr und Johanna Schulz über den Widerstand gegen rechts, die öffentlichen Reaktionen und warum die Bekämpfung von Rassismus nicht bei der AfD Halt machen darf
marx21: Vor mehr als einer Woche hat der Bundesparteitag der AfD in Augsburg stattgefunden, bei dem zu Gegenprotesten aufgerufen wurde. Ihr habt die Gegendemonstration mitorganisiert und wart am Wochenende vor Ort. Was waren Eure Eindrücke?
Johanna: Ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem Protest. Wir als Jugendbündnis haben die Demonstration an der Messe, also an dem Ort, an dem die AfD getagt hat, auf die Beine gestellt und einen klaren antifaschistischen Protest mit 5000 Teilnehmenden organisiert. Die Demo war laut, bunt und vielfältig – also genauso, wie wir es uns gewünscht hatten.
Frederik: Seit 10 Jahren mache ich linke Politik in Augsburg. Eine so beeindruckende Demonstration habe ich hier aber noch nie erlebt. Besonders war, dass von der linksradikalen Aktivistin bis zum Augsburger Rentner wirklich die verschiedensten Menschen am Protest beteiligt waren. Trotz übertriebener Polizeipräsenz war die Stimmung gut.
Im Vorfeld hat die Polizei massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen, es folgte der größte Polizeieinsatz der Geschichte Augsburgs. Hatte die massive Polizeipräsenz Einfluss auf den Protest?
Frederik: Ja, im Vorfeld des Parteitages und des Protestes wurde in den Medien unglaublich reißerisch über mögliche Ausschreitungen und Krawalle durch Protestierende spekuliert. Von brennenden Straßen in Augsburg war die Rede, einige Geschäfte in der Innenstadt blieben aus Sicherheitsbedenken gar geschlossen. Schon am Vorabend stand überall Polizei und Securities mit Feuerlöschern. Ziel dieser Panikmache war natürlich den antifaschistischen Protest gegen den AfD-Parteitag zu delegitimieren. Umso mehr freue ich mich, dass trotz dieser Einschüchterung zwischen 5000 und 7000 Menschen am Protest teilgenommen haben und friedlich, laut und bunt demonstriert haben.
Auf dem Parteitag hat die AfD eine parteinahe Stiftung anerkannt. Kann sich die Partei damit weiter institutionalisieren?
Frederik: Die AfD will noch in dieser Legislaturperiode Bundesmittel abgreifen. Damit würde das rechtsradikale Umfeld der AfD zusätzliche Mittel und Möglichkeiten erhalten, ihre Hetze zu verbreiten – auf Kosten der Allgemeinheit. Ich halte es für wichtig, diesen Prozess sehr kritisch zu begleiten und nicht müde zu werden, immer wieder zu widersprechen. Allen, die argumentieren, dass es das gute Recht der AfD sei, nun Steuermittel für ihre parteinahe Stiftung zu erhalten, möchte ich daran erinnern, dass die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung erst nach dem zweitmaligen Einzug in den Bundestag Bundesmittel erhielt. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung ist den anderen parteinahen Stiftungen sogar erst seit 2011 völlig gleichgestellt.
Wie waren die Reaktionen auf den Protest?
Johanna: Die Reaktionen auf den Protest waren durchaus sehr positiv, gerade in der Stadtgesellschaft, aber auch darüber hinaus. Es gab natürlich auch negative Reaktionen.
Zum Beispiel bezeichnete der CSU-Bundestagsvize die Demonstranten auf Twitter am ersten Protesttag als »Linksfaschisten«.
Johanna: Der Kommentar von Friedrich zeigt klar, wieso wir in unserem Protest nicht nur die AfD, sondern auch die CSU angreifen. Wer solche Begriffe verwendet, um antifaschistischen Protest zu delegitimieren und Menschen in den Tod abschiebt, muss stark kritisiert werden. Ich bin entsetzt darüber, wie die CSU immer weiter nach rechts abdriftet, um auf Stimmenfang zu gehen.
Frederik: Ganz klar: Wenn ein Bundestagsvizepräsident Tausende friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten mit dem Vokabular eines Neonazis verunglimpft, darf das nicht ignoriert werden.
Wie kann es nun hinsichtlich zukünftiger Gegenmobilisierungen gegen Rassismus und rechte Hetze weitergehen?
Johanna: Wir als politische Jugenden haben uns im Angesicht des Bundesparteitages der AfD zusammengeschlossen und gezeigt, dass wir antifaschistischen Protest organisieren können. Nun arbeiten wir daran, diese Struktur aufrecht zu erhalten und uns breiter aufzustellen, um in Zukunft weiter gemeinsam gegen Rassismus und Ausgrenzung zu kämpfen.
Inwiefern?
Johanna: Unterstützt wurden wir während der Vorbereitung des Protestes durch das bundesweite Bündnis Aufstehen gegen Rassismus. Wir haben jetzt eine Augsburger Aktivengruppe gegründet und wollen als diese auch antirassistische Arbeit vorantreiben, die nicht nur auf die AfD reagiert, sondern auch unabhängig davon agiert. So wollen wir beispielsweise Seminare und Aktionen in Betrieben und auf der Straße organisieren. Wir nutzen also die bisherige Zusammenarbeit für die Gegenproteste, um in Zukunft weiterhin gemeinsam gegen die AfD und gegen jeglichen Rassimus in Augsburg zu kämpfen.
Frederik Hintermayr ist Kreisvorsitzender der LINKEN in Augsburg und seit 2013 Mitglied des Schwäbischen Bezirkstages.
Johanna Schulz ist Mitglied im Vorstand der LINKEN Augsburg und aktiv im Augsburger Jugendbündnis gegen den AfD-Bundesparteitag sowie bei Aufstehen gegen Rassismus Augsburg.
Das Interview führte Ivan Lucic.
Schlagwörter: AfD, Antifaschismus, Aufstehen gegen Rassismus, Augsburg, Bundesparteitag, Demonstration, Gegenprotest, Inland, Kampf gegen Rechts, Protest, Rassismus