In zwei Monaten wird in Berlin gewählt. Nach aktuellen Umfragen steht die »Alternative für Deutschland« (AfD) zwischen 10 und 15 Prozent. Am Wochenende trafen sich 140 Aktive vom Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus«, um zu diskutieren, was man der AfD in Berlin entgegensetzen kann.
Nach den Wahlerfolgen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird die AfD mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ins Berliner Parlament einziehen und damit eine weitere Plattform für ihre rassistische Propaganda gegen Geflüchtete und Muslime bekommen.
Konferenz gegen die AfD in Berlin
Aus diesem Grund organisierte das Berliner Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« am vergangenen Wochenende eine Konferenz, um zu diskutieren, wie man der AfD in den nächsten Wochen und Monaten entgegentreten kann. Das »Aufstehen gegen Rassismus«-Bündnis gründete sich bundesweit im März nach den Landtagswahlen und organisiert nun in verschiedenen Städten lokale Vernetzungskonferenzen, um zu handlungsfähigen Strukturen zu kommen.
Die Berliner Konferenz war mit etwa 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut besucht. Neben ParteienvertreterInnen aus LINKE, SPD, Grüne und Piraten, nahmen auch viele Gewerkschaftsmitglieder (vor allem von ver.di) und bisher Unorganisierte an der Konferenz teil.
Nach kurzen Grüßwörtern von Iman Andrea Reimann vom Deutschsprachigen Muslimkreis sowie von Roland Tremper für die Bezirksleitung Berlin-Brandenburg von ver.di, gab es einen interessanten Eröffnungsbeitrag von Cengiz Barskanmaz von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.
Die AfD in Berlin
In seinem Vortrag über die Berliner AfD hob er hervor, dass sich die Berliner AfD bisher zwar eher gemäßigt konservativ gibt, aber enge Verknüpfungen auch zur rechtsradikalen Szene bestehen. So hat die Berliner AfD in den letzten Monaten – ähnlich wie viele andere Landesverbände – eine starke Rechtsentwicklung hingelegt.
An der Spitze der Partei steht keine andere als die erzkonservative Beatrix von Storch, die nicht nur mit ihrer Forderung nach einem Schießbefehl auf Geflüchtete an der Grenze zu bundesweiter Berühmtheit gelangte, sondern auch an der Spitze der reaktionären Abtreibungsgegner steht. Andere führende Köpfe der Berliner AfD sind eng verwoben mit neofaschistischen Strukturen. Andreas Wild, Kandidat für das Abgeordnetenhaus und Vorsitzender der AfD in Steglitz-Zehlendorf, forderte bei einer Rede in Erfurt, Geflüchtete sollten für ihre Unterbringung selbst geschlossene Hüttensiedlungen in der Lüneburger Heide bauen. Eine klare Anspielung auf Arbeitslager während der NS-Zeit. Wild beschäftigt in seiner Zeitarbeitsfirma ein Mitglied der 2009 verbotenen Kameradschaft Frontbann24. Der Vorsitzende der »Jungen Alternative« in Berlin, Jannik Brämer, ist gleichzeitig Chef der »Identitären Bewegung«, einer neofaschistischen Jugendorganisation.
Kampagne des Bündnisses
In einem weiteren Vortrag wurdedie Kampagne von Ronda Kipka aus dem Bündnis Aufstehen gegen Rassismus vorgestellt: Die Herausforderung gegen die AfD im Wahlkampf aufzutreten ist riesig. Beim Eröffnungsplenum wurde sich darum auf verschiedene Kampagnenbausteine geeinigt: Am 3. September wird eine bundesweit mobilisierte Demonstration mit anschließenden Konzert gegen die AfD stattfinden. Der Demonstrationszug wird unter anderem an der AfD Zentrale in Charlottenburg vorbeiziehen und dabei ein deutliches Zeichen gegen Rassismus setzen. Außerdem sollen in ganz Berlin Aktionen stattfinden, um die Wahlkampfaktivitäten der AfD zu begleiten und den öffentlichen Raum zu prägen.
Stammtischkämpfer und Stammtischkämpferinnen gegen die AfD in Berlin
Ein weiteres wichtiges Kampagnenziel ist die Ausbildung von sogenannten Stammtischkämpfer und Stammtischkämpferinnen. Parallel zum Kongressprogramm fand eine Schulung für Teamerinnen und Teamer statt, bei der ca. 20 Personen dazu ausgebildet wurden, in den nächsten Wochen und Monaten in ganz Berlin Argumentationsschulungen gegen AfD und Co. anzubieten. Bei der Ausbildung von Stammtischkämpfern und Stammtischkämpferinnen geht es darum, Menschen gegen rechte Parolen im Alltag fit zu machen. Bei der Schulung wurden typische Situationen nachgespielt und geübt, wie man darauf reagieren kann.
Beispielsweise eine Situation im Stadion: zwei TeilnehmerInnen sitzen nebeneinander und machen einen rassistischen Witz nach dem anderen. Eine weitere Person sitzt dahinter und traut sich nicht zu intervenieren. Wie kann man nun damit umgehen und in einer solchen Situation »aufstehen« und den Mund aufmachen? Eine weitere Übung ist das sogenannte »Kugellager«. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnenstehen sich gegenüber und werfen sich vorgegebene rassistische oder sexistische Parolen an den Kopf. Nun muss schnell reagiert werden. Was sind die ersten zwei Sätze mit denen man antwortet? Auch langjährige Aktive merken in solchen Situationen wie sie zunächst sprachlos sind und es auch eine Frage der Übung ist, schnell und selbstbewusst zu reagieren. In den nächsten Wochen und Monaten sollen diese Schulungen berlinweit stattfinden.
Vernetzung auf Bezirksebene
Nach der Eröffnungsdebatte teilten sich die KonferenzteilnehmerInnen in die unterschiedlichen Bezirken auf, um sich auf lokaler Ebene zu vernetzen. In der Vernetzungsphase wurden erste Verabredungen getroffen, wie man vor Ort gegen die AfD vorgehen möchte und wie man für den 3.9. mobilisieren kann. Es bildeten sich AktivistInnenkerne in Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte/Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau und in Treptow-Köpenick . In den Kleingruppen kamen zahlreiche Ideen auf: von Steckaktionen in Hochhaussiedlungen über Flyer-Verteilaktionen auf Sommerfesten und Wochenmärkten bis hin zu kreativen Aktionen gegen regelmäßig stattfindende AfD-Wahlkampfstände. Neben den bezirklichen Vernetzungen gab es auch eine Verständigung für die gewerkschaftliche Arbeit. Dort wurde diskutiert, wie man die Kampagne in den Gewerkschaften – insbesondere in ver.di – verankern und wie eine antirassistische Arbeit im Betrieb aussehen kann.
Aktion »Blauer Sack« gegen die AfD Berlin
In einer anschließenden Workshop-Phase wurden die verschiedenen Kampagnen-Bausteine intensiver diskutiert. In dem Workshop zur Aktion auf der Straße wurde die Aktion »Blauer Sack« vorgestellt. Bei dieser Aktion stellen sich AktivistInnen mit einem blauen Sack neben die Wahlkampfstände und fordern die Passanten auf, das Material der AfD zu nehmen und direkt wieder zu entsorgen. Außerdem wurde vereinbart einen berlinweiten SMS-Verteiler einzurichten, um sich schnell über neue Aktionen zu informieren. In anderen Workshops wurde über die Frage diskutiert, wie man während den Wochen vor den Wahlen den öffentlichen Raum durch Plakate, Aktionen und Fahnen prägen kann oder wie man das Online-Tool »Aufstehen-Netzwerk« am besten nutzen kann.
Flyer gegen die AfD in Berlin
Einen erster Flyer gegen die AfD gab es bereits vor Ort, so dass Aktive direkt loslegen können. Der Flyer liefert in einfacher Sprache die zentralen Argumente gegen die AfD und zeigt die engen Verflechtungen mit der rechtsradikalen Szene auf. Das Flugblatt ist dadurch ein direktes Hilfsmittel in der täglichen Auseinandersetzung mit potenziellen AfD-Anhänger und Anhängerinnen (Mehr Material gegen die AfD gibt es hier).
Ausblick: Jeder und jede wird gebraucht
Auch wenn die AfD in Berlin bisher mit eher mit rechtskonservativen Positionen auftritt, machen die Verflechtungen zur radikalen Neonaziszene deutlich, welche Gefahr von der Partei ausgeht. In einem Monat beginnt der Wahlkampf in Berlin und die AfD wird diese Zeit dazu nutzen, sich weiter über rassistische Parolen aufzubauen. Dabei darf man sich nicht von der Sommerpause täuschen lassen: Ab Anfang August werden in ganz Berlin die Wahlplakate der AfD hängen, Wahlkampfstände in der ganzen Stadt zu sehen sein und unzählige Diskussions- und Wahlkampfveranstaltungen stattfinden.
Die Konferenz macht Hoffnung, dass sich während des Wahlkampfs eine breite Bewegung gegen die AfD formieren könnte, die den Rassistinnen und Rassisten nicht das Feld überlässt. Nun muss es darum gehen weitere Bündnispartnerinnen und Bündnispartner für diese Kampagne zu gewinnen.
Gegen die AfD in Berlin – Mach mit!
Wer mitmachen möchte, meldet sich einfach unter berlin [ät] aufstehen-gegen-rassismus.de und erstellt sich einen Account beim Netzwerk Aufstehen hier. Das nächste offene Aktiventreffen findet am 25.07. (Montag) um 19 Uhr in der Landesgeschäftsstelle von ver.di in der Köpenicker Straße 30 statt.
Schlagwörter: AfD, Aufstehen gegen Rassismus, Berlin, Demonstration, Faschismus, Inland, Neonazis, Rassismus, Wahlkampf