Die Begründung von Bundeskanzler Scholz für das gewaltige Aufrüstungspaket der Bundesregierung erinnert frappierend an die Erklärung von Hugo Haase, Partei- und Fraktionsvorsitzender der SPD im Reichstag von 1914, zur Bewilligung der Kriegskredite für den Ersten Weltkrieg. Von Volkhard Mosler
Im Namen der Reichstagsfraktion der SPD gab ihr Fraktionssprecher Hugo Haase am 4.8.1914, dem Tag nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, eine Erklärung zur Bewilligung von Kriegskrediten durch seine Partei ab. In seiner Rede findet man folgende Worte: »Für unser Volk und seine freiheitliche Zukunft steht bei einem Sieg des russischen Despotismus, der sich mit dem Blute der Besten des eigenen Volkes befleckt hat, viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Es gilt diese Gefahr abzuwehren, die Kultur und die Unabhängigkeit unseres eigenen Landes sicherzustellen.«
Im Namen der Verteidigung
Im Namen der Verteidigung von Kultur und Unabhängigkeit gegen einen russischen Despotismus hat Olaf Scholz in seiner Rede auf der Sondersitzung des Bundestags am Sonntag im Namen seiner Partei und als Bundeskanzler 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung Deutschlands bewilligt.
Das Protokoll der Reichstagssitzung vom 4. August 1914 verzeichnet »Lebhaftes ›Bravo und Händeklatschen auf allen Seiten‹«. Genauso brachen am Sonntag im Bundestag Jubel und Bravorufe aus, als Scholz verkündete, dass seine Regierung jetzt die Rüstungsausgaben auf mindestens 2 Prozent des BIP steigern werde. Auch die AfD klatschte begeistert mit.
»Frieden durch Stärkung der Nato«
Am Schluss seiner Rede verfing sich Scholz in einem entlarvenden Widerspruch: »Wir werden uns nie abfinden mit Gewalt als Mittel der Politik«, rief er mit für ihn ungewöhnlicher Emphase, um schon im nächsten Satz zu versprechen, dass »Frieden durch Stärkung der Nato« durchsetzbar sei.
Vergessen die Nato-Kriege in Jugoslawien, Irak, Libyen und Afghanistan, vergessen die blutigen Militäreinsätze in Jemen, Somalia und Syrien – 13 Militäreinsätze und Kriege allein in den letzten 20 Jahren. Kein anderes Militärbündnis hat soviele Kriege und soviel Chaos und Elend hinterlassen wie die Nato.
Auf die SPD ist Verlass
Aber auf die SPD ist Verlass, wenn es um »Verteidigung« im Interesse der herrschenden Klassen geht. Seit 1914 hat sich da nichts verändert.
Der Krieg Putins gegen die unabhängige Ukraine kann nur mit vereinten Kräften der ukrainischen und russischen Friedensbewegung gestoppt werden. Aufrüstung und Drohungen durch die Nato stärken Putin, der seinen Krieg gegenüber dem russischen Volk als Verteidigungskrieg zu verkaufen sucht. Das Wettrüsten der Großmächte dieser Welt führt die Menschheit an den Rand eines neuen Weltkriegs. Den Widerstand von unten dagegen zu stärken, ist jetzt unsere drängendste Herausforderung.
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Schlagwörter: Inland, Krieg, Russland, SPD, Ukraine