Mexikos Lehrkräfte gehen gegen eine Bildungsreform auf die Barrikaden. Der Staat antwortet mit Tränengas. Von Leticia Hillenbrand
In Mexiko streiken landesweit Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen gegen die Bildungsreform der Regierung. Trotz eines massiven Polizeieinsatzes setzt die Nationale Unabhängige Lehrergewerkschaft (CNTE) ihren Protest im Zentrum von Mexiko-Stadt fort. Lehrkräfte aus dem ganzen Land waren angereist, um das Gespräch mit der Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto zu suchen. Die Lehrerinnen und Lehrer betonen, dass sie ihre Mahnwachen nicht aufgeben werden, bis die Regierung auf Verhandlungen eingeht. Teils unter Tränengas der Polizei händigten die Protestierenden Senat und Regierung ein Dokument aus, in dem sie ihre Ablehnung der Bildungsreform begründen und einen offenen Dialog mit der Regierung fordern. Danach postierten sich die Lehrkräfte vor dem Bildungsministerium, wurden jedoch von der Bundespolizei vertrieben.
Privatisierung und Entlassungen
Die unabhängige Gewerkschaft fordert einen runden Tisch mit dem Bildungsminister und weiteren Vertretern der Regierung, um über die 2013 initiierte Bildungsreform zu diskutieren. Sie kritisiert, dass die Reform die Privatisierung des Bildungssystems vorantreibt. Damit verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte. Die Reform beinhaltet Leistungskontrollen, darunter eine standardisierte Prüfung aller Lehrerinnen und Lehrer, die weder dem sozialen und alltäglichen Arbeitsumfeld der Pädagogen noch der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Schüler Rechnung trägt. Außerdem gab es laut CNTE bereits mindestens 25.000 Entlassungen im Bildungssektor. Auch deshalb werde unbefristet gestreikt, erklärte CNTE-Mitglied José Rangel, denn der Stellenabbau bedeute einen gravierenden Rückschritt für das Bildungswesen des Lands. Die Reform sei ein »Zwangsgesetz«, das nur »den Kampf im ganzen Land intensiviert und das Bildungssystem Mexikos destabilisiert«, stellte Rangel fest.
Solidarität und Repression
Bildungsminister Aurelio Nuño Mayer kündigte jedoch bereits an, keine Gespräche mit den Pädagogen führen zu wollen, da »sie mit ihren Aktionen den Dialog blockieren«. Die Bildungsreform wurde vom Parlament beschlossen und stehe daher nicht zur Debatte, so Nuño. Er warnte davor, dass Lehrer, die mehr als drei Mal hintereinander ohne Entschuldigung nicht zur Arbeit erscheinen, sofort entlassen werden können. »Diejenigen, die gegen diese Reform sind, sind auch diejenigen, die ihre Privilegien behalten wollen«, fügte er hinzu.
Im Bundesstaat Chiapas stießen indes Lehrer und Eltern mit Lokal- und Bundespolizisten zusammen. Die Einsatzkräfte attackierten die Protestierenden mit Tränengas, als diese die zwei wichtigsten Eingänge der Kleinstadt Chiapa de Corzo blockierten. Am Tag darauf protestierten die Lehrkräfte zusammen mit Eltern gegen die Polizeigewalt und setzten auf der Straße ihren Kampf gegen die Bildungsreform fort. Gleichzeitig blockierten Streikende trotz starker Polizeipräsenz alle Zugänge zum Flughafen der Stadt Oaxaca im Süden des Landes.
Mittlerweile haben sich auch die Eltern der 43 verschwundenen Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa, Mitglieder der Nationalen Gewerkschaft der Berg- und Metallarbeitern sowie indigene Gemeinden aus dem Bundesstaat Guerrero dem Arbeitskampf der Pädagogen angeschlossen.
Der Artikel erschien zuerst auf amerika21.de
Foto: Zapote Radio
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