Grüner Wasserstoff: Energiekonzerne, Autobauer und die Bundesregierung sprechen von der »grünen Energie-Revolution«. Doch hinter dem Hype als Wunderwaffe gegen den Klimawandel stehen Profitinteressen, nicht die Bekämpfung der Krise. Ein Kommentar von Yaak Pabst
Die Energiekonzerne Thyssenkrupp, Shell, RWE und der Autobauer Daimler sind selig, ebenso die Bundesregierung. Sie alle sprechen von der »grünen Energie-Revolution«. Gemeint ist »grüner«, klimaneutraler Wasserstoff (H2). Doch hinter dem Hype als Wunderwaffe gegen den Klimawandel stehen Profitinteressen, nicht die Bekämpfung der Krise.
Konzerne und Regierung sehen im Wasserstoff die Rettung, denn Wasserstoff hat das Potenzial, Brennöfen der Industrie zu beheizen – zum Beispiel in der klimaschädlichen Glas-, Zement und Stahlindustrie. Aber auch Autos, Schiffe oder Flugzeuge könnten mit dem Gas betrieben werden.
Industrie und Verkehr wären nicht mehr auf Kohle, Erdöl oder Erdgas angewiesen. Mit grünem Wasserstoff könnte ein ökologischer und nachhaltiger Kapitalismus entstehen – so das Versprechen von Politik und Wirtschaft.
Die Zauberformel täuscht
Doch wer meint, jetzt die Zauberformel gegen die Klimakrise gefunden zu haben, täuscht sich. In keinem Land gibt es bisher eine ökologische Wasserstoffwirtschaft, obwohl das technische Potenzial seit Jahrzehnten bekannt ist. Das hat einen Grund:
Bisher wird H2 nahezu ausschließlich mithilfe von Erdgas hergestellt und ist damit noch klimaschädlicher als Erdgas selbst. Wasserstoff ist nur dann klimafreundlich, wenn er mit erneuerbaren Energien hergestellt wird. Doch auch hier gibt es einen Haken, denn dieser Prozess ist mit hohen Energieverlusten verbunden. Nach Angaben des Öko-Instituts aus Freiburg im Breisgau geht rund die Hälfte der eingesetzten Energie dabei verloren. Diese hohen Verluste sind das große Problem der Wasserstoffnutzung.
Gleichzeitig bremst die Bundesregierung im Verbund mit den Konzernen die Energiewende aus. Der Kohleausstieg kommt zu spät und in erneuerbare Energien investieren Staat und Wirtschaft viel zu wenig. Die CO2-Monster (Mineralöl, Erdgas und Kohle) machen im Jahr 2020 gemeinsam mit der Kernkraft immer noch 83 Prozent der Energiegewinnung aus – aus erneuerbaren Energien stammen nur 17 Prozent des Energiemixes.
Solange sich daran nichts ändert, verdeckt das Gerede vom grünen Wasserstoff die Untätigkeit der Regierenden. Die Autokonzerne hingegen wittern ihre Chance, am Klimakiller Verbrennungsmotor festzuhalten – eine gefährliche Mischung.
Foto: Dirk Vorderstraße
Schlagwörter: Grüner Kapitalismus, Klimakatastrophe, Klimawandel