Nach der »Nazi-Rede« des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke distanzierte sich AfD-Chefin Frauke Petry umgehend. Doch die Türen der Partei stehen schon jetzt für NPD-Mitglieder, »Identitäre« und andere Neonazis sperrangelweit offen. Von Volkhard Mosler
Noch versucht die AfD, den Schein einer Abgrenzung gegenüber Naziorganisationen zu wahren. Nach der »Nazi-Rede« des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke auf einer Veranstaltung der Jungen Alternative in Dresden distanzierte sich AfD-Chefin Frauke Petry umgehend. Höcke sei mit seinen »Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei geworden«. Die Parteivorsitzende Petry sagt, die AfD müsse sich entscheiden, ob sie den Weg der Republikaner gehen wolle oder den anderer erfolgreicher Parteien wie der FPÖ. Wo aber liegt der Unterschied zwischen Republikanern und FPÖ? Beide haben Holocaust-Leugner in ihren Reihen geduldet, beide haben selbst eine Nazi-Vergangenheit. Sie sind Holz vom gleichen Stamm.
Das Video der Höcke Rede:
Auch in der Vergangenheit gab es Distanzierungen der AfD-Führung von der Neonaziszene. So distanziert sich der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wiederholt von der NPD. Seine Partei werde »niemals mit Extremisten paktieren oder zusammenarbeiten.« Die NPD sei eine solche Partei. So zitierte ihn die Presse am 1. September 2016. Aber Meuthen selbst stieß schon damals die Tür für eine Zusammenarbeit auf. Wenn die NPD »vernünftige Vorschläge mache«, werde man diese nicht ablehnen, nur weil sie von der NPD stammten. Schon damals warf die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig der AfD vor, sie »verbrüdere sich offiziell mit den Neonazis«.
Abgrenzung der AfD zur NPD?
Anfang November 2016 hatte das Bundesschiedsgericht der AfD zum wiederholten Male eine Entscheidung des Bundesvorstands kassiert, die auf eine Abgrenzung der AfD zur NPD und anderen Naziformationen hinauslief. Es hob den Beschluss des Parteivorstands auf, den Landesverband Saarland wegen Zusammenarbeit mit rechtsextremen Organisationen aufzulösen. Der Bundesparteitag in Stuttgart hatte den Auflösungsbeschluss des Bundesvorstands noch mit 995 gegen 806 Stimmen unterstützt.
AfD Schiedsgericht gibt grünes Licht für Neonazis
Anfang August 2016 hatte das gleiche Parteigericht einen Bundesvorstandsbeschluss zurückgenommen, wonach »AfD-Mitglieder weder als Redner noch mit Parteisymbolen bei Pegida-Veranstaltungen auftreten sollen«. Das Schiedsgericht befand, dass dem Vorstand »eine solche Einschränkung der Mitgliedsrechte nicht zustehe«. Grundsätzlich seien Mitglieder der AfD aufgerufen »stets und überall für die AfD und deren Programm zu werben«. Schon das war ein Freifahrtschein für die Zusammenarbeit mit Neonazis jeglicher Couleur.
Zusammenarbeit mit der »Identitären Bewegung«
Ein ähnliches Schicksal erfuhr ein Beschluss des Bundesvorstands vom Juli, der Parteigliederungen eine Zusammenarbeit mit der »Identitären Bewegung« untersagte. Dieses Mal war es nicht das Schiedsgericht, sondern der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Gauland, der die Entscheidung faktisch kassierte: »Wir sind die AfD, wir sind das Original«, führte er aus. »Ich erwarte, dass Menschen, die wie die AfD denken, bei uns mitmachen.« Deswegen sehe er »überhaupt nicht ein, warum wir mit der Identitären Bewegung zusammenarbeiten sollten, denn die können alle zu uns kommen«. Indem Gauland die Vereinigung von »Identitärer Bewegung« und AfD fordert, verkehrt er den Abgrenzungsbeschluss bei formeller Unterstützung desselben in sein Gegenteil.
AfD wahrt Schein einer Abgrenzung
Die Auseinandersetzung um den saarländischen Landesverband ist mit dem Spruch des Bundesschiedsgerichts nicht beendet. Die beiden Bundesvorsitzenden Meuthen und Petry haben noch am Tag der Bekanntgabe der Entscheidung den saarländischen Landesverband aufgefordert, nicht zur Landtagswahl im März 2017 anzutreten. Inzwischen wurde bekannt, dass der Spitzenkandidat der AfD im Saarland, Rudolf Müller, in seinem Antiquitätengeschäft mit Hakenkreuzen handelt. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb Ermittlungen aufgenommen. Gegen die beiden Vorsitzenden der saarländischen AfD läuft weiterhin ein Ausschlussverfahren. Unter anderem deshalb, weil sie einem NPD-Mitglied bei dessen Aufnahmeantrag in die AfD geraten hatten, seine NPD-Vergangenheit zu verschweigen.
Der Bundesvorstand unter Führung von Meuthen und Petry will zumindest noch bis zur Bundestagswahl den Schein einer Abgrenzung ihrer Partei von der NPD und anderen Naziorganisationen aufrechterhalten. Der neofaschistische Höcke-Flügel hat diese Versuche – gestützt auf das Bundesschiedsgericht und auf prominente Anhänger ihres Flügels wie Alexander Gauland – jedoch ein ums andere Mal vereitelt. Mit Erfolg: Die AfD steht für NPD-Mitglieder und andere Neonazis sperrangelweit offen.
Neofaschisten in der AfD
Die gesamte Auseinandersetzung zeigt, dass der neofaschistische Flügel dabei ist, die AfD unter seine Kontrolle zu bringen. Es wäre nicht das erste Mal, dass neofaschistische Kräfte eine ursprünglich rechtskonservative Partei erobern. Zuletzt gelang dies 1985 dem früheren SS-Mann Franz Schönhuber mit der zwei Jahre zuvor von ehemaligen CSU-Abgeordneten gegründeten Partei der »Republikaner«. Die AfD ist auf dem besten Weg, diesem Vorbild zu folgen.
Zum Autor: Volkhard Mosler ist Redakteur von theorie21.
Foto: http://hogesatzbau.de/
Schlagwörter: AfD, Alexander Gauland, Antifaschismus, Meuthen, Neonazis, NPD, Pegida, Republikaner