Der Zwang, Trump aus dem Präsidentenamt zu halten, wird missbraucht, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die eigentlich scharfe Kritik an der neoliberaler Agenda von Hillary Clinton haben, meint Keeanga-Yamahtta Taylor
Keeanga-Yamahtta Taylor, International Socialist Organisation, Professorin für African-American Studies an der Princeton University und Autorin des Buches »From #BlackLivesMatter to Black Liberation«.
Natürlich ist eine mögliche Wahl von Donald Trump eine beängstigende Perspektive, die wir unermüdlich bekämpfen sollten. Aber der überwältigende Fokus in der öffentlichen Debatte auf seine Person birgt die Gefahr, dass Clinton einen Blankoscheck als Präsidentin bekommt.
Clinton diszipliniert die Linke
Noch problematischer als Clintons Umgarnen von Republikanern, die Trumps sinkendes Schiff verlassen, ist, wie sie die Krise innerhalb des republikanischen Parteiapparats nutzt, um die Linke zu disziplinieren und zu passiven Komplizen ihres kraftlosen und in Teilen reaktionären politischen Programms zu machen. Der Zwang, Trump aus dem Präsidentenamt zu halten, wird missbraucht, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die eigentlich scharfe Kritik an der neoliberaler Agenda von Hillary Clinton haben.
Clinton und die Strategie der Demokraten
Dieses Problem besteht nicht nur während des Wahlkampfs. Die Passivität wird sich, wenn Clinton gewinnt, direkt auf ihre Präsidentschaft übertragen. Die Führung der Demokraten wird schnell die Aufmerksamkeit auf die Zwischenwahlen des Kongresses legen und vor dem Entstehen einer neuen Garde republikanischer Schreckgespenster warnen – quasi als Erinnerung daran, dass, welche Mängel Clinton auch immer haben mag, wir uns erneut hinter ihrer leidenschaftslosen Kampagne sammeln müssen, um das »größere Übel« zu verhindern. Die entscheidende Aufgabe, soziale Bewegungen und Kämpfe aufzubauen, würde dadurch in den Hintergrund geraten. Stattdessen würden wir daran arbeiten, Demokraten in Ämter zu bringen, weil es sich ja wie immer um die »wichtigsten Wahlen unseres Lebens« handelt.
Ein Teufelskreis
Das ist ein Teufelskreis, der die Linke lähmt und daran hindert unabhängige Organisationen und Parteien aufzubauen, welche die Hochs und Tiefs der Wahlperioden überdauern können. Zu oft beschränken sich unsere Politikkonzepte auf die Frage, welcher politische Kandidat den geringsten Schaden bedeuten würde, während die eigentliche Frage lautet, wie wir uns von diesem System befreien können. Das bedeutet nicht, dass Wahlen unwichtig sind, aber wir sollten ihren Einfluss auch nicht überschätzen. Der Grund, warum die meisten Amerikanerinnen und Amerikaner nicht wählen, ist, dass dies nahezu keinerlei Einfluss auf ihr alltägliches Leben hat.
Die Aufgaben der Linken
Millionen Menschen in diesem Land leben bereits heute in jener alptraumhaften Welt, von der wir erzählt bekommen, sie würde über uns hereinbrechen, wenn Trump Präsident würde. Schon heute leben Millionen in Armut, schinden sich in unterbezahlten Dienstleistungsjobs, können sich keine Krankenversicherung leisten, erleiden die Erniedrigung von Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit, leben in Angst vor Misshandlungen durch die Polizei.
Die Aufgabe für die Linke ist der Aufbau von Bewegungen und Kämpfen gegen den Polizeiterror, für die Rechte von Arbeiterinnen und Migranten, für Bildungsgerechtigkeit und vieles mehr. Diese Bewegungen müssen nicht nur gestärkt und ausgeweitet, sondern miteinander in Verbindung gebracht werden, um zu zeigen, wie diese Probleme sich überschneiden und gegenseitig beeinflussen.
Foto: marcn
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