Donald Trump, ein steinreicher Immobilienunternehmer aus New York, will Präsident der Vereinigten Staaten werden. Sein Erfolg beweist, wie unwillig die Führungen der Republikaner und Demokraten sind, irgendeine politische Perspektive anzubieten. Von Elizabeth Schulte.
Als Donald Trump im Juni seine Präsidentschaftskandidatur ankündigte, kam er dazu per Rolltreppe an – abwärts versteht sich, denn wenn man Donald Trump heißt, ist alles ein Schritt nach unten, sogar das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Trump: Der anmaßende Immobilienmilliardär
Trump, der anmaßende Immobilienmilliardär, der seinen Namen in großen Lettern an seinen Gebäuden anbringen lässt – damit auch ja niemand vergisst, dass sie ihm gehören – und Beleidigungen mit derselben Leichtigkeit austeilt, mit der er Wohnraum von Arbeitern, in Spielwiesen für Reiche verwandelt. Seine Kampagne für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner kommt seit ihrem Start nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus und seine Erstplatzierung unter der Masse der anderen Kandidaten sorgt bei so manchem Experten für Kopfschütteln und die Frage – worin besteht der Reiz?
Trump will Amerika wieder groß machen
In arroganter Manier postuliert Trump, er wolle die arbeitende Bevölkerung ganz vorne anstellen, doch was er serviert ist ein giftiges Gebräu aus populistischen Kampfreden vom »kleinen Mann«, gemischt mit patriotischen Seitenhieben auf China, Beschimpfungen gegen Einwanderer sowie Beleidigungen von Muslimen und Frauen. Wer sich auf Donald Trumps Website mit dem Titel »Make America Great Again!« – »Amerika wieder groß machen!« – begibt, um herauszufinden wofür der Mann steht, findet unter »Positionen« lediglich zwei Einträge für vier Monate Kampagnenlaufzeit. Als erste Position steht dort eine Verteidigung des 2. Verfassungszusatzes, worin es heißt »gesetzestreue Waffenbesitzer zur Selbstverteidigung zu ermächtigen« sei ein »wichtiges Mittel zur Verbrechensbekämpfung«.
Das zweite »Positionspapier« hat eine »Einwanderungsreform« zum Thema und enthält unter anderem Pläne für den Bau eines 2.000 Meilen langen Grenzwalls zwischen Mexiko und den USA, für den Mexiko aufkommen soll. Außerdem fordert er in dem Papier verstärkte Strafverfolgung und Polizeieinsätze um »Kriminelle, die über unsere Grenze kommen« zu verhaften sowie ein Ende der »Staatsbürgerschaft durch Geburtsrecht«, also des Rechts von in den USA geborenen Einwandererkindern auf die dortige Staatsbürgerschaft. Waffen und Angriffe auf Einwanderer also – schwerlich eine inspirierende Botschaft.
Der Rassismus von Donald Trump
Wo die politischen Grundsätze eines Donald Trump oft schwammig sind, ist sein Rassismus das genaue Gegenteil – und wie er in den vergangenen Monaten sehr deutlich gemacht hat, macht er sich über dessen Auswirkungen nicht sonderlich viele Gedanken. Im August schlugen zwei Rassisten in Boston einen obdachlosen Lateinamerikaner zusammen und gaben hinterher bei der Polizei an: »Donald Trump hat Recht, diese ganzen Illegalen gehören abgeschoben.« Trump behauptet mit schöner Regelmäßigkeit, Mexiko würde »Vergewaltiger« und »Kriminelle« über die Grenze schicken. Trumps Reaktion auf die Nachricht des Übergriffs: »Ich kann nur sagen, dass meine Leute sehr leidenschaftlich sind. Sie lieben dieses Land. Sie wollen dieses Land wieder groß machen. Ja, sie sind sehr leidenschaftlich, das muss ich sagen.« Im September sagte ein Anhänger im »Trump« T-Shirt auf einer Kampagnenveranstaltung in Rochester, New Hampshire gegenüber Trump: »Wir haben ein Problem in unserem Land – und das heißt Muslime. Ihr wisst dass unser aktueller Präsident einer ist. Ihr wisst doch dass er nicht mal Amerikaner ist.« Und weiter: »Jedenfalls haben wir hier immer größere Trainingscamps wo sie uns umbringen wollen. Meine Frage ist also: Wann können wir sie loswerden?« Trumps Antwort darauf: »Wir werden uns viele verschiedene Dinge ansehen.«
Trump steht für Ignoranz und Fanatismus
Ein Teil der Mainstream-Medien griff die Tatsache auf, dass Trump den Mann im Publikum nicht berichtigt und beispielsweise erklärt hatte, dass der Präsident nicht wirklich Muslim ist. Trump hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach die Staatsbürgerschaft Obamas angezweifelt und verlangt, dass dieser seine Geburtsurkunde vorlegen solle. Keiner der Reporter ging allerdings auf das zentrale Problem ein: den Rassismus des Fans gegen Muslime und die Tatsache, dass er offen sagen konnte er wolle alle Muslime »loswerden« und ihm niemand widersprach. Und damit noch nicht genug Fanatismus: ein weiterer aktueller Spitzenreiter der Republikaner, Ben Carson, gab gegenüber einem Reporter an, dass er gegen die Präsidentschaft eines Muslims sei, da dessen Überzeugungen nicht mit der Verfassung »vereinbar« wären.
Man ist versucht, all das als überzogene Auslassungen Einzelner abzuhaken, doch Trump ist mit seinen Überzeugungen alles andere als allein. Rund 54 Prozent der potenziellen republikanischen Wählerschaft sind ebenfalls der Meinung, der amtierende Präsident sei Muslim, so zumindest eine kürzlich erschienene politischen Meinungsumfrage. Trump leistet Ignoranz und Fanatismus dieser Art ebenso Vorschub wie beispielsweise der rechtskonservative Nachrichtensender Fox News – nur er tut es von der Plattform eines Mannes aus, der für die Präsidentschaft eines der mächtigsten Länder der Welt kandidiert. Die Kampagne Trump versucht sich einem Bevölkerungsteil der USA anzunähern, der genug von der Wirtschaftskrise hat und davon, wie wenig die Durchschnittspolitik ihm zu bieten hat – und der offen ist für die rückständigen Ansätze eines Trump.
Das Phänomen Trump unterstreicht die absolute Unfähigkeit der republikanischen Führungsschicht, Wähler zu motivieren. Es ist zugegebenermaßen schwierig, Enthusiasmus für eine Partei aufzubringen, die so sehr mit der amerikanischen Konzernlandschaft verflochten ist und deren einzige »Siege« darin bestehen, Regierungsprogramme zu sabotieren, die Arbeitern zugute kommen. Nur in der wirren Welt der US-Politik kann ein Immobilienmilliardär, der sein Vermögen durch die Ausbeutung von Mietern gemacht hat, vorgeben, für die arbeitende Bevölkerung kämpfen zu wollen.
Was machen die Demokraten gegen Trump?
Die demokratische Partei steht vor einem ähnlichen Problem: Wie lassen sich Wähler, die genug vom Status quo haben, dazu motivieren, für Kandidaten aus wohlhabenden und gut vernetzten Politikerdynastien wie Jeb Bush oder Hillary Clinton zu stimmen? Die Kampagne von Bernie Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnet und Themen wie wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit aufgreift, sorgt für Wahlbegeisterung. Ungünstigerweise hat Sanders jedoch angegeben, nicht als unabhängiger Kandidat gegen Clinton, die wahrscheinliche Gewinnerin, antreten zu wollen, sollte er die Nominierung seiner Partei nicht erhalten. Damit vergibt er eine wichtige Chance, den wirtschaftspositiven Status quo der Demokraten anzugehen – doch vorerst ist er eine willkommene Abwechslung vom üblichen Wahljahres-Einerlei. Wo Sanders also ein frischer Wind im faden Nominierungsablauf um die Präsidentschaft ist, ist Trump der Pesthauch der Verzweiflung. Über seine »arbeitende Bevölkerung vorne anstellen«-Phrasen hinaus hat er Wählern der Arbeiterklasse nichts zu bieten. Bis auf fremdenfeindliche Tiraden gegen Einwanderer, in denen Ausländer und Minderheiten als billige Sündenböcke herhalten müssen, als Ersatz für echte Lösungsansätze zu der Wirtschaftskrise, der die Arbeiter in den USA gegenüber stehen.
Trump und die Medien
Manche Positionen von Trump lange deutlich links des republikanischen Mainstreams; so hat er sich für eine allgemeine Krankenversicherung, für Steuererhöhungen und das Recht auf Abtreibung eingesetzt. Die meisten seiner Überzeugungen allerdings sind ein wirres Geflecht aus regierungskritischen und wirtschaftspositiven Grundsätzen wie der Zerschlagung von Gewerkschaften, Kürzungen im Bildungsbereich und vermehrten Ölbohrungen. Denn seiner Meinung nach ist der Klimawandel eine Verwirrungstaktik der Chinesen um »die Produktion der USA wettbewerbsunfähig zu machen«. Dabei stürzen sich die Medien auf jede einzelne scheußliche Verlautbarung Trumps und verbreiten sie, wodurch sich seine Plattform stetig vergrößert. Und während Sanders in den Umfragen ebenfalls zu guten Ergebnissen kommt, bleibt das Augenmerk auf Trump. Eine Auswertung der Berichterstattung zu den beiden Kandidaten durch Fair – Fairness and Accuracy in Reporting kam zu dem Resultat, dass im Durchschnitt auf allen größeren Sendergruppen, die für die Mehrheit der Bevölkerung am einfachsten zugänglich sind – ABC, CBS und NBC – Sanders auf 17% der Erwähnungen von Trump kam. Führende Zeitungen – New York Times, Washington Post, Wall Street Journal, LA Times und USA Today – veröffentlichten im Vergleich zu Artikeln über Sanders die dreifache Menge an Artikeln über Trump.
Für Trump war es bisher einfach, sich an der Spitze zu halten, da das Feld aufseiten der Republikaner bisher ein sehr weites und offenes ist, das anfänglich ganze 18 Nominierte zählte. In einem so weiten Feld ist es für einen »Joker« wie Trump einfach, sich einen Vorteil zu verschaffen, auch wenn er keine allzu große Unterstützung genießt. Es kann durchaus sein, dass uns Trump eine ganze Weile erhalten bleibt. Immerhin konnte der erzkonservative Pat Buchanan 1996 die republikanische Vorwahl in New Hampshire gewinnen, und der religiöse Konservative Mike Huckabee entschied 2008 die Vorwahl in Iowa für sich, bevor beide schließlich grandios scheiterten.
Trump: »Ich spende für jeden«
Die Kommentarspalten können noch soviel darüber spekulieren, wie es um Trumps Beliebtheit gerade steht oder ob er die nötige Unterstützung hat, um es auf lange Sicht zu schaffen – eine wichtige Tatsache wird allgemein übersehen, da sie der Wahljahreslogik vom »Mobilisieren der Basis« und »Aufrufen zur Wahl« direkt widerspricht: Wähler entscheiden nicht darüber, wer Präsident wird – die Wahlspender entscheiden. Dieser Tatsache ist sich Trump voll und ganz bewusst. Er selbst spendete in der Vergangenheit für viele politische Kampagnen, einschließlich derer von prominenten liberalen Demokratinnen und Demokraten wie Nancy Pelosi, Harry Reid, Charles Schumer und, ganz genau, Hillary Clinton. Nicht, weil er sie im Grundsatz unterstützte, wie es Wähler gemeinhin tun sollten, sondern weil ihm klar ist, wie man sich Einfluss erkauft. »Ich spende für jeden«, erklärte Trump auf der ersten Debatte der Republikaner in Cleveland: »Wer mich anruft, bekommt eine Spende von mir. Und wissen Sie was? Wenn ich zwei, drei Jahre später etwas von den Leuten brauche, rufe ich sie an und sie sind für mich da.«
Im Laufe des langwierigen US-Wahlablaufs stecken Wirtschaft und Oberschicht Milliarden US-Dollar in die potenziellen Kandidaten, die um ihre Unterstützung konkurrieren. Lance Selfa hierzu auf SocialistWorker.org: »Das bedeutet jedoch nicht, dass die offiziellen Parteien unwichtig sind. Sie sitzen vielmehr am Delta dieser Spenden aus Wirtschafts- und Privatvermögen – die wiederum üblicherweise aus der Wirtschaft kommen. Sie erfüllen nach wie vor die Funktion der offiziellen Nominierung der jeweiligen Kandidaten und bieten das Dach, unter dem diese antreten. Für Wähler dienen sie als einfache Kenngröße bei der Entscheidung. Bevor sie allerdings die Bestätigung erhalten, haben Kandidaten bereits die ‚finanzielle Vorwahl’ gewonnen, was bedeutet dass die amerikanische Wirtschaft sie abgesegnet hat.« So also bestimmt die Kapitalistenklasse der sogenannten »größten Demokratie« der Welt ihre Kandidaten.
Nein zu Trump. Nein zu Rassismus, Sexismus und Islamhass
Währenddessen erhält Trumps Botschaft aus Rassismus, Sexismus und Islamhass eine Bühne, die sie nicht verdient hat. Die Führung der Republikaner lässt seinem Rassismus freie Hand und die Demokraten beziehen nur insofern dazu Stellung, dass sie darauf hinweisen, wie unheimlich ihre republikanischen Gegner sind. Es bleibt Sache von Aktivistinnen und Aktivisten, Trumps Botschaft von Verzweiflung und Hass zu begegnen und klar zu machen, dass keine der beiden Parteien – Republikaner oder Demokraten – der Arbeiterschaft etwas zu bieten hat.
Zum Text: Der Text erschien zuerst auf Englisch auf der US-amerikanischen Website socialistworker.org. Aus dem Englischen von Marion Wegscheider
Zur Autorin: Elizabeth Schulte ist Redakteurin der US-amerikanischen Website socialistworker.org.
Foto: Gage Skidmore
Schlagwörter: Donald Trump, Hillary Clinton, Linke, Rassismus, Republikaner, US-Wahl, USA