In ihrem Roman »Ein Mann, der fällt« schildert Ulrike Edschmid ihren Kampf gegen einen persönlichen Schicksalsschlag vor dem Hintergrund des sich wandelnden Berlins. Von Thomas Weiß
Die Ich-Erzählerin und ihr Lebensgefährte – beide bleiben im Roman namenlos -beziehen in den 80er Jahren in Charlottenburg eine neue Wohnung. Der Mann ist querschnittsgelähmt, nachdem er bei der Wohnungsrenovierung von der Leiter gestürzt (»gefallen«) ist. Die Frau schildert, wie sie zu zweit mit diesem Schicksalsschlag zurecht zu kommen versuchen.
Schicksalhafte Verletzung
Dank deutschem Gesundheitswesen, unermüdlichem Bemühen und wohl auch finanziell abgesicherter Existenz kann er schließlich wieder auf Krücken gehen und seinen Beruf als Städtebauarchitekt ausüben. Sie ist von Beruf Journalistin und Künstlerin. Beide haben ein Kind aus einer früheren Beziehung. Sie hat zwiespältige Erinnerungen an die 68er. Ihr damaliger Freund erschoss einen Polizisten und wurde selbst erschossen. Neben dem persönlichen Schicksal der beiden finden sich viele kleine Einzelschicksale aus dem sich wandelnden Kiez um den Savigny-Platz. Insgesamt fehlt jedoch eine breitere politische Perspektive. Zwar werden die Probleme – Gentrifizierung, Migration, Bandenkriminalität, Zwangsprostitution, Neonazismus – politisch korrekt behandelt, aber persönliches Engagement und Nachbarschaftshilfe allein werden wohl nicht reichen.
Auf wahren Ereignissen beruhender Roman mit Lokalkolorit, der mutig ein eher verdrängtes Thema – schicksalhafte schwerste Verletzungen – angeht.
Das Buch:
Ulrike Edschmid:
»Ein Mann, der fällt«
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
190 Seiten, 20 Euro
Schlagwörter: Buchrezension, Roman