Şeyda Kurts Buch »Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist« versucht das emotionale Thema der Liebe in einem politischen und marxistischen Kontext zu belichten. Gelungen ist es nur teilweise, meint Lisa Hofmann.
»Radikale Zärtlichkeit« beginnt mit vielen Thesen rund um Liebe und Gesellschaft: Liebe = Arbeit, ist nur eine davon. Einige davon werden leider auf wacklige Fundamente gestellt, da manche Vorwürfe, wie etwa, dass Marx in seinen Werken Frauen nicht beachtet hätte, nicht stimmen.
So ist für Kurt Polygamie nichts Revolutionäres, sondern lediglich ein reformistischer Ansatz unserem Status quo zu begegnen. Jedoch endet das Buch mit einem queer-feministischen Plädoyer für eine revolutionäre Utopie. Beide Bereiche von Sexualität und Beziehungen haben jedoch Schnittmengen, die nicht verknüpft werden.
Kommunismus als feministische Utopie der radikalen Zärtlichkeit
Die Autorin versteht »radikale Zärtlichkeit« als Offenheit, einen sprachlichen Rahmen einzunehmen und zu akzeptieren, der meinem Gegenüber die Art und Weise des individuellen Ausdruckes gestattet, welcher in seiner Ausdrucksweise nicht in Frage gestellt wird.
Trotz der obigen Kritik handelt es sich bei dem Text doch um einen guten Grundlagentext aus einer antirassistischen, feministischen Sicht, die von individueller Liebe bis zur feministischen Gesellschaftskritik reicht.
Im Zusammenhang zur »radikalen Zärtlichkeit« wird die Frage gestellt, was sich daraus für die (cis-hetero-monogame) romantische Liebe ergibt. Eine Beantwortung dieser Frage wird jedoch lediglich angerissen, sodass der:ie Leser:in mit ihren Gedanken alleine gelassen wird. Aber vielleicht ist gerade das die sinnvollste Art und Weise damit umzugehen: indem den Leser:innen Raum für Fantasien und Utopien gelassen wird.
3 von 5 Sternen
Das Buch:
Şeyda Kurt
Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist
HarperCollins
April 2021
224 Seiten
18 Euro
Schlagwörter: Buchrezension, Kultur, Kunst, Liebe, Marxismus