Das gewalttätige und rassistische Verhalten des DB-Sicherheitspersonals in München ist kein Einzelfall. Die Verantwortung dafür trägt das Management der Deutschen Bahn AG. Statt »Racial Profiling« zu tolerieren und Jagd auf »Schwarzfahrer« zu machen, sollte die Bahn den öffentlichen Nahverkehr zur kostenlosen Nutzung freigegeben.
Die Bilder des Videos sind verstörend: Kontrolleure der S-Bahn München zerren einen 48-jährigen Nigerianer mit Gewalt aus dem Zug, weil er keinen Fahrschein hat. Natalija Miletić, eine freie Journalistin, filmte das Ganze und stellte das Video online. Hunderttausende Menschen haben sich das Video bereits angesehen. Auf Spiegel Online spricht sie über den Vorfall und erhebt Vorwürfe gegen die Deutsche Bahn: »Er wurde behandelt wie ein Tier. Die würden nie jemand aus Deutschland oder Westeuropa so behandeln«.
Schwarzfahrer und DB-Deeskalationstraining?
Ein Sprecher der Deutschen Bahn betonte sein »bedauern« über diese »unschönen Szenen«. Er erklärte weiter, dass die Beschäftigten der DB Sicherheit ein spezielles DB-Deeskalationstraining bekommen würden. Doch das gewalttätige und rassistische Verhalten des Sicherheitspersonals in München ist kein Einzelfall. Auch in anderen Städten kam es durch die Bahn-Security zu rassistischen Beleidigungen, gezielten Kontrollen und Anwendung von Gewalt. Nur die wenigsten Fälle werden öffentlich wie in Berlin, München, Frankfurt 2012, Frankfurt 2013 oder Köln.
https://twitter.com/danielmack/status/394190158624735232
»Sicherheitskräfte« massiv aufgestockt
Der DB Konzern hat erst letztes Jahr entschieden die Zahl der »Sicherheitskräfte« massiv aufzustocken und Kampfsport als Teil der Ausbildung zu verlangen. Die Betriebskleidung des Sicherheitspersonals sieht mit der dunkelblauen Schirmmütze der Polizei ähnlich. Obwohl die Mitarbeiter der DB Sicherheit keine Hilfspolizisten und nicht mit hoheitlichen Rechten ausgestattet sind, gehört zur Ausstattung ein Teleskopschlagstock, Pfefferspray und Handfesseln.
»Racial Profiling«
Wenn die Polizei oder das DB-Sicherheitspersonal Menschen nach Hautfarbe und vermeintlich nicht deutschem Aussehen für Kontrollen aussucht, wird das »ethnisches« oder »Racial Profiling« genannt. Das Teile des DB-Sicherheitspersonals und auch die Bundespolizei in Zügen und auf Bahnhöfen »Racial Profiling« betreiben, ist durch Einzelfälle dokumentiert. So versuchte 2014 die Bundespolizei sich gegen ein Urteil zu wehren, dass ein dunkelhäutiges Ehepaar aus Mainz im Recht sah. Beide waren als einzige im Zug von der Polizei kontrolliert worden. Wie diskriminierend solche Kontrollen sind, kam auch durch den Prozess zutage, den der Frankfurter Ingenieur Derege Wevelsiep angestrengt hatte. Er wurde wie der Nigerianer in München im Verlauf einer Fahrkartenkontrolle geschlagen. Dieses aggressive und rassistische Verhalten von Teilen des Sicherheitspersonals ist für den DB-Konzern anscheinend kein ernstzunehmendes Problem. Vorfälle wurden in der Vergangenheit als »Einzelfall« kleingeredet. Zwar hat der Konzern jedes mal »umfassende Aufklärung« und »ernsthafte Konsequenzen« angekündigt, aber wirklich verändert hat sich nichts.
Schwarzfahrer und DB-Milliardengewinn
Das DB-Management hält an seiner »Nulltoleranzstrategie« gegenüber »Schwarzfahrern« fest und unternimmt nichts gegen »Racial Profiling« durch die DB Sicherheit. Die Führung des DB-Konzerns tragt deswegen für die Vorfälle die Verantwortung. Denn während der DB-Konzern letztes Jahr eine Milliarde Euro Gewinn einfuhr, werden die Fahrkarten immer teurer. Gleichzeitig hat die Deutsche Bahn den Druck auf »Schwarzfahrer« in den letzten Jahren immer weiter erhöht. Das »Beförderungsentgelt« für Passagiere ohne gültigen Fahrschein wurde von 40 Euro auf 60 Euro angehoben. Bundesweit wird der Anteil aller Bus- und Bahnfahrgäste ohne gültigen Fahrtausweis auf etwa 3,5 Prozent geschätzt. Bis 2009 gab es erst dann eine Strafanzeige, wenn ein Fahrgast bereits zum dritten Mal ohne Gültigen Fahrausweis kontrolliert wurde. Seit mehreren Jahren, zeigt der Konzern »Schwarzfahrer« schon beim ersten Mal wegen Leistungserschleichung an.
Rendite vor Mobilitätsbedarf
Hintergrund dieser Entwicklungen ist die verstärkt auf Rendite orientierte Unternehmenspolitik des Bahnvorstandes. Als letzter großer Staatskonzern in Deutschland will die Führungsetage die Privatisierung der Bahn vorantreiben. Die »Jagt auf Schwarzfahrer« und die Erhöhung der Ticketpreise sind genauso Folge dieser Politik wie eröhter Arbeitsdruck auf die Beschäftigten, Lohndumping und die Stilllegung nicht »rentabler« Strecken. Statt Jagd auf »Schwarzfahrer« zu machen und »Racial Profiling« zu tolerieren, sollte die Bahn den öffentlichen Nahverkehr zur kostenlosen Nutzung freigegeben.
Schlagwörter: Gewalt, Inland, Privatisierung