Die Arbeiterbewegung diskutierte bereits vor hundert Jahren über Migration. Marxistinnen und Marxisten traten damals für offene Grenzen ein. Sie hatten gute Gründe. Von Volkhard Mosler
Migration bis hin zu Wanderungen ganzer Stämme hat es in der Geschichte der Menschheit immer gegeben. Häufig waren es Naturkatastrophen oder andere natürliche Schranken der Lebensmittelproduktion, die Gruppen von Menschen zwangen, ihre angestammten Lebensräume zu verlassen, in der Hoffnung, in anderen Regionen bessere Überlebenschancen zu finden. Im modernen Kapitalismus sind es Kriege kombiniert mit nationaler, ethnischer und religiöser Unterdrückung und große, anhaltende Wirtschaftskrisen, die Menschen in großen Zahlen zur Flucht und Emigration zwangen. Umgekehrt hat der Heißhunger der Kapitalisten nach billiger Lohnarbeit, dazu geführt, Menschenmassen aus rückständigen Regionen und Ländern in neue Ballungszentren und Wachstumsregionen zu locken, oft über Kontinente hinweg.
Es gab bedeutende Migrationsschübe über den Atlantik von der Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Die ungleichmäßige Entwicklung des Kapitalismus führte zur Verarmung und Vertreibung von Massen von Landarbeitern in Europa, die für das explosive Wachstum des Kapitalismus in Nord- und Südamerika gebraucht wurden. Zwischen 1870 und 1914 verließen 50 Millionen Menschen Europa, von denen zwei Drittel in die Vereinigten Staaten auswanderten, die übrigen nach Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Argentinien und Brasilien. Mit der Krise des Weltkapitalismus nach dem Ersten Weltkrieg gingen diese Ströme zurück. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg brauchten die entwickelten kapitalistischen Wirtschaften, allen voran in Europa, die Migration und sie warben aktiv Arbeitskräfte an. Während Großbritannien, Frankreich und die Niederlande diese aus ihren alten Kolonien heranzogen, rekrutierten sie andere Staaten aus der südöstlichen Peripherie Europas, der Türkei und Nordafrika. Westdeutschland unterschrieb Vereinbarungen mit Italien (1955 und 1965), Griechenland und Spanien (1964), Marokko (1963), Portugal und der Türkei (1964), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968). Der Beginn der Rezession im Jahr 1973 markierte das Ende der offensiven Anwerbepolitik und in den 1980er traten europaweit repressive Migrationsgesetze in Kraft.
Kontrolle von Migration dient wirtschaftlichen Interessen
Im Zentrum der Einwanderungspolitik der führenden kapitalistischen Staaten stand dabei immer das Ziel, die Migration zu kontrollieren, um sie für die wirtschaftlichen Interessen des jeweiligen Landes nutzbar zumachen. Deutschland war, mit den USA, Vorreiter in der Entwicklung solcher Kontrollen. Im deutschen Kaiserreich wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg ein repressives System der Einwanderungskontrolle eingeführt: Das »Modell Saisonarbeit«. In seinem Buch »Normalfall Migration« schreibt der Autor Klaus J. Bade: »Es ging darum, den nötigen Arbeitskräftezustrom aus dem östlichen Ausland nicht zur Einwanderung geraten zu lassen, sondern in den Bahnen transnationaler Saisonwanderung zu halten und dabei insbesondere die Auslandspolen scharf zu überwachen.« Ergebnis war das seit Anfang der 1890er-Jahre in Preußen entwickelte und 1907 abgeschlossene System der restriktiven Ausländerkontrolle mit dem »Legitimationszwang« und dem »Rückkehrzwang« in der winterlichen »Karenzzeit«. Für die Arbeiterinnen und Arbeiter bedeutete es, dass sie als ausländische Arbeitskräfte eine »Legitimationskarte« besitzen mussten. Diese waren auf ein Jahr befristet und galten nur für einen Arbeitgeber. Wurden Beschäftigte »kontraktbrüchig«, drohte den Menschen die Ausweisung und der Eintrag in eine Fahndungsliste. Diese Politik entsprach dem saisonalen Arbeitskräftebedarf der Gutsherren und wurde auch mit Polizeigewalt durchgesetzt: 1906 blieben nur 7 Prozent der Beschäftigten ganzjährig in Preußen.
Der Kern des preußischen Modells war das »Rotationsprinzip«. In dem Buch »Die ungewollte Einwanderung. Rotationsprinzip und Rückkehrerwartung in der deutschen Ausländerpolitik« beschreibt Cord Pagenstecher, das Ziel dahinter: »Es [Das Rotationsprinzip] beruht auf der Annahme, dass zwar die Anwesenheit einer ‚industriellen Reservearmee‘ zeitweise nötig ist, diese aber aus immer wieder neu rotierenden ‚Gastarbeitern‘ bestehen kann; die einzelnen Zugewanderten sind auf ihren Arbeitsplätzen ersetzbar. Je nach Konjunktur kann das Aufnahmeland ihre Zahl beliebig vergrößern oder verkleinern und verfügt damit über einen flexiblen Konjunkturpuffer. Zudem immigrieren immer nur Arbeitskräfte ohne ihre Familien; diese – und mit ihnen die direkten und indirekten Reproduktionskosten – verbleiben im Herkunftsland.«
Ziel ist die Ausbeutung billiger Arbeit
Dieses Prinzip liegt den meisten Einwanderungskontrollen zugrunde. In Westdeutschland setzte es die Bundesregierung, während der Anwerbung von »Gastarbeitern« in den 1950er und 1960er Jahren um. In dieser Zeit reisten 14 Millionen Menschen nach Westdeutschland ein und 11 Millionen im Sinne des ursprünglich angestrebten Rotationsmodells wieder aus. Auch heute zielt die Einwanderungspolitik im Kern darauf ab, den Arbeitskräftemangel bestimmter Industriezweige ausgleichen zu können und damit auch die Ausbeutung von billiger Arbeit zu erleichtern. Einwanderungskontrollen sind also nicht nur dafür eingeführt worden, um Migranten und Flüchtlinge abzuweisen. Sie sind auch eine mächtige Waffe, mit der die herrschende Klasse in der modernen kapitalistischen Gesellschaft versucht, Migration für ihre Interessen zu steuern.
Auch die Debatte, wie die Linke mit dem Thema Migration umgehen soll, ist nicht neu. Bereits 1913 schrieb der russische Revolutionär und Marxist Wladimir I. Lenin einen kleinen Aufsatz zum Thema »Arbeitsmigration und Kapitalismus«. Darin heißt es: »Der Kapitalismus hat eine besondere Art der Völkerwanderung entwickelt (…) Es besteht kein Zweifel, dass nur äußerstes Elend die Menschen veranlasst, ihre Heimat zu verlassen, und dass die Kapitalisten die eingewanderten Arbeiter in gewissenloser Weise ausbeuten.« Lenin sah darin auch die Chance des internationalen Klassenkampfes, der internationalen Verbrüderung und Durchmischung von Ethnien unterschiedlicher Herkunft und Tradition: » … nur Reaktionäre können vor der fortschrittlichen Bedeutung dieser modernen Völkerwanderung die Augen verschließen.« Der Kapitalismus selbst sei es, der so dazu beitrage, »die nationalen Schranken und Vorurteile zu durchbrechen«.
»Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!«
Als Lenin dies schrieb, konnte er auf eine lange Diskussion in der Arbeiterbewegung seiner Zeit zurückgreifen. Auf den Kongressen der II. Internationale hatten sich in Amsterdam (1904) und in Stuttgart (1907) ein linker, revolutionärer Standpunkt und ein rechter, reformistischer Standpunkt in der Frage von Einwanderungsbeschränkungen gegenübergestanden. Der rechte Flügel trat für eine Begrenzung der Zuwanderung aus ökonomisch rückständigen Ländern und Kulturen ein. Er begründete dies im Namen der Verteidigung des »Fortschritts« und des erreichten Lebensstandards der Arbeiter der fortgeschritteneren Industrieländern. Auf dem Amsterdamer Kongress wurde eine Entscheidung vertagt, der Stuttgarter Kongress entschied drei Jahre später klar für eine Politik der offenen Grenzen und gegen jede Beschränkung der Freizügigkeit, indem er sich gegen »die Ausschließung bestimmter Nationen und Rassen von der Einwanderung« wandte. Zugleich wurde die »Abschaffung aller Beschränkungen, welche bestimmte Nationalitäten oder Rassen vom Aufenthalt in einem Lande und den sozialen politischen und ökonomischen Rechten der Einheimischen ausschließen oder sie ihnen erschweren,« gefordert.
Die deutsche Marxistin Clara Zetkin schrieb über die Beschlüsse von Stuttgart: »Der Kongress hat hier, im Sinne und Geiste der deutschen Gewerkschaften und ihrer Praxis entsprechend, die Solidarität der Klasse als eines großen Weltbundes des Proletariats aller Rassen und Nationen hochgehalten…«. Karl Liebknecht, der damals als sozialdemokratischer Abgeordneter des preußischen Landtages und als Rechtsanwalt häufig mit dem Ausländerrecht zu tun hatte, überschrieb seinen Rückblick auf den Kongress mit: »Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!« »Die völlige Gleichstellung der Ausländer mit den Inländern auch in Bezug auf das Recht zum Aufenthalt im Inlande« sei »die erste Voraussetzung dafür, dass die Ausländer aufhören, die prädestinierten Lohndrücker und Streikbrecher zu sein.« Die Beschäftigung mit der sogenannten „Wanderungsfrage“ sei »ein Ruhmesblatt für den Internationalen Kongress.« In der theoretischen Zeitschrift der SPD »Die Neue Zeit« hieß es in einem Grundsatzartikel zur Frage von Einwanderungskontrollen: »Durch Solidarität, durch Unterstützung der Zurückgebliebenen, nicht durch Exklusivität, durch Abschließung und Niederhaltung dieser kann ein vorgeschrittenes Proletariat sich behaupten. Wo es unter dem Einfluss kurzsichtiger Zünftlerei der letztern Methode verfällt, macht sie früher oder später bankrott und wird sie von vorneherein eines der verderblichsten Mittel zur Lähmung des proletarischen Emanzipationskampfes.«
Gemeinsamer Kampf um gleiche Rechte für alle
Umgekehrt kritisierten die Vertreter des rechten Flügels den Beschluss von Stuttgart. Beide Richtungen gingen von der Gefahr aus, dass Migration von den Kapitalisten dafür missbraucht wird, einmal erkämpfte soziale Standards zu unterlaufen. Aber der linke, marxistische Flügel lehnte es ab, diese Gefahr mit Hilfe von Polizei und Justiz zu bekämpfen, weil er sich darüber im Klaren war, dass diese für die Arbeiterklasse keine Bündnispartner im sozialen Befreiungskampf sind. Sie schlugen stattdessen eine gesetzliche, für alle Beschäftigten verbindliche Verkürzung des Arbeitstages, Einführung von Mindestlöhnen, strenge Aufsicht über die Wohnverhältnisse und die »weitestgehende Erleichterung der Naturalisation« (Einbürgerung) vor. Außerdem sollten die »Gewerkschaften aller Länder« den einwandernden Arbeitern den Eintritt erleichtern.
Mit dem endgültigen Sieg des rechten Flügels in der SPD 1914 verschwanden die Beschlüsse von 1907 rasch in der Versenkung. In einem Aufsatz »Die Einwanderung Ausländischer Arbeiter und die Gewerkschaften« schrieb August Ellinger in den »Sozialistischen Monatsheften« 1917: »Die deutschen Gewerkschaften müssen (…) die Arbeitereinwanderung auf Grund der vorhandenen Bedürfnisse verlangen.« Das entspräche zwar nicht der Stuttgarter Resolution, aber es entspräche »dem was nach Lage der Verhältnisse notwendig ist«. Durch die »schrankenlose Einfuhr ausländischer Arbeitskräfte« werde die Arbeitslosigkeit im Land vermehrt. An die Stelle des Kampfs um die gesetzliche Arbeitszeitverkürzung tritt die Forderung nach kontrollierter Migration nach »Bedarf«, an die Stelle der Internationalismus tritt ein engstirniger, »zünftlerischer« Nationalismus. Dies zeigte sich überdeutlich auf dem ersten großen »Weltwanderungskongress« in London 1926, zu dem sowohl der Internationale Gewerkschaftsbund wie auch die 1923 wieder gegründete Sozialistische Arbeiterinternationale (SAI) aufgerufen hatten. In einem Bericht heißt es: »In der Frage der Freizügigkeit war eine einheitliche Auffassung nicht zu erzielen.« Die nordamerikanischen Gewerkschaften hätten erst gar keine Vertreter geschickt. Die Arbeiterschaft von Ländern mit einem höheren Lebensstandard fühle sich bedroht durch den »Zustrom kulturell tiefer stehender Rassen und Massen.« Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der Kongress sich darauf beschränkte, »das zur Verhandlung stehende Problem nach allen Seiten hin zu beleuchten.«
Es gibt keine Grenze der »Aufnahmefähigkeit«
Die neuere Geschichte Deutschlands zeigte vor allem nach 1945, dass es keine natürliche »Aufnahmefähigkeit« einer Gesellschaft gibt. Vielmehr war die Bereitschaft Einwanderer aufzunehmen, immer stark davon abhängig, ob Politiker und Medien gesagt haben, dass die Migration erwünscht sei oder nicht. Bei Kriegsende 1945 kamen Menschen aus den bisherigen deutschen Ostgebieten und aus Rumänien, Jugoslawien und der Tschechoslowakei als Vertriebene in die vier Besatzungszonen. Bei der ersten Volkszählung nach dem Krieg (1946) wurden 9,7 Millionen Flüchtlinge im verkleinerten und stark zerstörten Deutschland gezählt. Bei einer Gesamtbevölkerung von 65,9 Millionen waren das 15 Prozent. Dazu kamen noch einmal über 5 Millionen »Evakuierte«, die noch während des Krieges ihre Wohnungen verloren hatten. Im späteren Westdeutschland waren 1945 41 Prozent aller Wohnungen zerstört. Die Flüchtlinge und die Ausgebombten wurden »einquartiert«, leerstehender Wohnraum wurde bis in die letzte Kammer genutzt, Notbaracken wurden gebaut. Es gab große Spannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen. Neid und Missgunst beherrschte die Stimmung unter den «Alt-Bewohnern«. Aber Medien und Politische Parteien und auch die Militärbehörden haben diesen Spannungen damals geschlossen entgegengewirkt.
Ein anderes Beispiel sind die »Aussiedler«: Einwanderer deutscher Abstammung aus der Sowjetunion, Kasachstan und Polen. In den 80er und 90er Jahren stieg ihre Zahl stark an. Sie betrug in den 5 Jahren von 1988 bis 1992 1,5 Millionen und lag damit höher als die Zahl der Asylsuchenden (1,2 Millionen) im gleichen Zeitraum. Sie wurden im Vergleich zu Asylsuchenden bevorzugt behandelt und erhielten Erstausstattungen, Eingliederungshilfen, Bildungs- und Sprachangebote. Ein drittes Beispiel sind die Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR. Nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze 1989 und der Vereinigung 1990 kam es zu einer drastischen Ost-Westwanderung. Über 3 Millionen ehemalige Bewohner der DDR siedelten über in die »alten« Bundesländer. Auch dieser innere Migrationsprozess verlief weitgehend spannungsfrei. »Das Boot« war immer nur dann »voll«, wenn es sich um Flüchtlinge und Migranten aus anderen »Kulturkreisen« handelte. Hier zeigt sich der nationalistische Charakter der deutschen Einwanderungspolitik.
Migranten machen die »Drecksarbeit«
SPD und Gewerkschaften haben nie wieder zum Internationalismus des Stuttgarter Kongresses von 1907 zurückgefunden. Gleichwohl wurden die Gewerkschaften zum Sammelpunkt von Arbeitern zahlreicher Nationalitäten. In den Jahrzehnten des »Wirtschaftswunders« der Nachkriegszeit hat der DGB bei den Verhandlungen über die Anwerbeabkommen durchgesetzt, dass die »Gastarbeiter« nach dem Inlandsrecht Sozialleistungen beziehen. Die diskriminierenden Bestimmungen des Ausländerrechts und des Arbeitsförderungsgesetzes haben sie jedoch nicht angefochten. Migranten wurden wie Frauen häufig schlechter entlohnt, machten die »Drecksarbeit« und erhielten erst nach zehnjährigem Aufenthalt ein uneingeschränktes Bleiberecht.
Als es 1973 zu einer Welle von spontanen Streiks von angelernten und ungelernten Arbeitern kam, in denen Migrantinnen und Migranten eine führende Rolle spielten, verhängte die SPD-FDP-Regierung unter dem Vorwand einer möglichen Krise einen allgemeinen Anwerbestopp für ausländischen Arbeitskräfte. Die Streikwelle vom Sommer 1973 hatte gezeigt, dass die ausländischen Arbeiter nicht mehr bereit waren, sich schrankenlos ausbeuten zu lassen. Die Gewerkschaften haben damals den Anwerbestopp unterstützt. Eugen Loderer, der damalige IG-Metall-Vorsitzende, hielt »den Anwerbestopp für sinnvoll zum Schutz der deutschen und ausländischen Arbeitnehmer.« In Wirklichkeit diente er lediglich dazu, die Angst unter den ausländischen Arbeitern zu schüren, um ihren aufkeimenden Kampfeswillen ab zu töten. Denn die Angst vor der jederzeitigen Ausweisung wurde umso größer, da eine Rückkehr nach Westdeutschland nicht mehr möglich war.
Für die vollständige Bewegungsfreiheit der Arbeiterklasse
Der Anwerbestopp hatte auch den paradoxen Effekt, dass bei der Krise 1974/75 die meisten arbeitslosen Ausländer in Deutschland blieben, weil sie befürchten mussten, dass sie aufgrund des Aufnahmestopps keine Arbeitserlaubnis mehr erhalten würden, wenn sie nach vorübergehender Abwanderung wieder zurückkehren wollten. Ein Jahr später verhängte die Bundesregierung für zahlreiche Kreise und Stadtgebiete mit hohem Ausländeranteil eine Zuzugs- und Umzugssperre für ausländische Arbeiter. 1975 wurde Ausländern, deren Kinder im Heimatland lebten, das Kindergeld drastisch gekürzt. Es kam in mehreren Städten zu Demonstrationen, auch diese wurden vom DGB nicht unterstützt. Die Kohl-Regierung (CDU/CSU-FDP) von 1982 konnte nahtlos an der ausländerfeindlichen Politik der SPD-FDP-Regierung ansetzen.
Mit dem Rückkehrprämiengesetz 1983 erpresste sie hunderttausende türkische Arbeiterinnen und Arbeiter, »freiwillig« in das Heimatland zurückzukehren. Deutsche Betriebsräte wirkten auf die ausländischen Kollegen ein, diese Abfindungsprämie anzunehmen. Die Geschichte der Einwanderungspolitik nach 1945 zeigt, dass Einwanderungsbeschränkung durch das Ausländerrecht und das Arbeitsrecht im Wesentlichen dazu gedient haben, deutsche und ausländische Lohnabhängige gegeneinander auszuspielen, um beide Gruppen besser ausbeuten zu können. Deshalb sollten sich Linke heute im Sinne des Stuttgarter Sozialistenkongresses von 1907 für eine vollständige Bewegungsfreiheit der Arbeiterklasse einsetzen und mit Karl Liebknecht sagen: »Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!«
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Schlagwörter: Arbeiterklasse, Asyl, Ausländer, Einwanderung, Einwanderungsbeschränkungen, Einwanderungsdebatte, Einwanderungspolitik, Flüchtlinge, Flüchtlingsdebatte, Gewerkschaften, Grenzen, Internationalismus, Kapitalismus, Lenin, Marxismus, Migration, Migrationspolitik