Anfang des Jahres erließ die dänische Regierung eine Reihe von »Ghetto-Gesetzen«, die Arme und Eingewanderte besonders bestrafen. Charlie Lywood, Mitglied der Gruppe ›Internationale Socialister‹ in Dänemark, über Klassenkampf von oben im Schatten des antimuslimischen Rassismus
Warum ist es wichtig, über rassistische Gesetze in Dänemark zu schreiben? Deswegen, weil unsere Herrschenden voneinander lernen und auch voneinander Ideen abgucken. Dänemark mag den rassistischen Weg weit gegangen sein, aber ähnliche Gedanken und Ideen zu dieser Frage sind in ganz Europa verbreitet. Während die Rhetorik gegen Einwanderung, besonders gegen muslimische, immer lauter wird und die Gesetze gegen Einwanderung immer härter werden, wird der Druck auf Einwanderinnen und Einwanderer innerhalb unserer Länder steigen. Die dänischen »Ghettogesetze« sind ein Beispiel dafür.
In einem Kommentar über die vorgeschlagenen, inzwischen weitgehend verabschiedeten dänischen sogenannten »Ghettogesetze«, schrieb Niels Christian Barkholt, stellvertretender Vorsitzender des Dänischen Sozialarbeiterverbands, folgendes: »Aus einer humanistischen Perspektive bin ich zutiefst besorgt darüber, dass auf eine bestimmte Gruppe in der Gesellschaft als Sündenbock gezielt wird. In diesem Prozess gibt es eine Bereitschaft (seitens der Politiker, der Autor), gesetzliche Rechte beiseite zu legen. … In diesem Zusammenhang kann man große Teile der Ghettovorschläge als undänisch und undemokratisch beschreiben. … Es ist, als ob die Regierung wirklich eine qualitative Unterscheidung zwischen Menschen machen will, die auf Herkunft und Wohnort basiert. Umstände, worauf Einzelne selten einen Einfluss haben, werden jetzt die Kriterien, die dazu führen können, dass man mehr Sanktionen, inklusive härtere gesetzliche Strafen, weniger wirtschaftliche Unterstützung und mehr Überwachung, erleiden muss. Das nenne ich ohne zu zögern Diskriminierung.«
Für viele Humanistinnen, Liberale und Gewerkschafter aus dem Mainstream der dänischen Gesellschaft und international, vertreten von der »New York Times« und dem Londoner »Guardian«, kamen die vorgeschlagenen und jetzt verabschiedeten »Ghettogesetze« wie ein Schock. Es hätte keiner sein müssen. Antiislamische Rhetorik existiert seit langem und ist zunehmend benutzt worden, um die Aufmerksamkeit von Angriffen auf den Sozialstaat abzulenken. Dies hat seit der Wirtschaftskrise 2008 deutlich zugenommen. Und seit der sogenannten »Flüchtlingskrise« 2015 hat sich diese Tendenz beschleunigt. Die Mitte-Rechts-Koalition von Lars Løkke Rasmussen (rechte Liberale, Konservative und extreme Neoliberale, unterstützt von der rechtsextremen Dänischen Volkspartei) hat den Ton gegen »Ausländer«, besonders gegen Einwanderinnen und Einwanderer aus nicht westlichen Ländern, verschärft und eine ganze Reihe von Gesetzen zur Begrenzung der Einwanderung eingeführt. Gleichzeitig haben Angriffe auf Einwanderer, die schon länger in Dänemark leben, angefangen.
Angriffe auf Asylsuchende
Inger Støjberg, die sogenannte Integrationsministerin, feierte die Einführung des 50. Gesetzes zur Verschärfung der Einwanderungsgesetzgebung mit einem Kuchen. Diese Gesetze schlossen auch die sogenannten »Juwelengesetze« ein, wonach das ganze Vermögen von Geflüchteten beschlagnahmt werden kann, um ihre Unterhaltskosten zu bezahlen. Diese Geschichte ging um die ganze Welt, da sie Ähnlichkeit mit Gesetzen der Nazis in den 1930er-Jahren hatte. Allerdings war dieses Gesetz eher symbolisch und ist seit der Einführung sehr selten angewendet worden. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass eine ganze Reihe von Gesetzen verabschieden wurde, um das Leben für Geflüchtete und Einwandererfamilien schwieriger zu machen. Diese reichen von der Kürzung der Sozialhilfe für Familien mit mehr als drei Kindern (angeblich zielt das auf Einwandererfamilien, weil sie mehr Kinder haben sollen, aber eigentlich ist das ein Angriff auf alle kinderreichen armen Familien), über die Verschärfung der Gesetze darüber, wer dänischer Staatsbürger werden darf, bis hin zur Änderung der Einreisebestimmungen, so dass nur »Flüchtlinge, die individuell verfolgt werden«, Zugang erhalten, und zum Verbot von Burka und Niqab. Dazu kommt noch die Ausweisung von abgelehnten Asylsuchenden in Länder wie Afghanistan. Abgelehnte Asylsuchende und ihre Kinder werden in Sonderlager zusammengepfercht, wo die gesamte Versorgung darin besteht, Essen aus einer Kantine und ein Zimmer zu bekommen. Sie dürfen keine eigenen Nahrungsmittel zubereiten. Diese Lager sind fast wie Gefängnisse.
Die Regierung hat es derart eilig, Ausländerinnen und Ausländer und insbesondere Muslimas und Muslime niederzumachen, dass seit 2015 über 100 Gesetze verabschiedet worden sind, um die Einreisebestimmungen strenger zu machen und allgemein Einwanderinnen und Einwanderern das Leben schwer zu machen. Das hat den Vorsitzenden der rechtsextremen Dänischen Volkspartei (zirka 20 Prozent in den jüngsten Umfragen) kürzlich dazu veranlasst, das Beispiel von Inger Støjberg nachzuahmen und auch mit einem Kuchen zu feiern. Kaum jemand hat das kritisiert. Anders als noch ein Jahr zuvor, als die Integrationsministerin Støjberg dasselbe gemacht hatte. Dies spiegelt die Verhärtung der Einstellungen wider.
Ein Rechtsruck seitens der Linken
Dieser Rechtsruck ist keine Besonderheit der rechten Regierung. Die Sozialdemokratie und die kleinere linksreformistische Sozialistische Volkspartei akzeptieren einen großen Teil dieser Politik. Sie sprechen darüber, dass es Grenzen dafür gebe, wie viele Geflüchtete Dänemark aufnehmen könne, und stimmen der Behauptung zu, dass Dänemark eine Pause brauche, um die schon hier Lebenden integrieren zu können. Das hat dazu geführt, dass die Sozialdemokratie fast alle Verschärfungen der Einwanderungsgesetze und Angriffe auf schon hier lebende Einwanderinnen und Einwanderer unterstützt haben. Sie haben zum Beispiel dem Widerruf der Vereinbarung zur Aufnahme von 500 sogenannten »Quotenflüchtlingen« aus den Lagern der Uno zugestimmt. Diese sind die schutzbedürftigsten Flüchtlinge überhaupt. Ihre Haltung hat sie auch dazu geführt – noch bevor die EU diese Idee in Erwägung zog –, von den dänischen Behörden geleitete Lager in Nordafrika vorzuschlagen, wohin alle Geflüchteten, die spontan an der dänischen Grenze erscheinen, zurückgeflogen werden sollten, um dann in ein Uno-Lager überführt zu werden, wo sie ihren Asylantrag stellen sollten.
Neujahrsansprache gegen »Ghettos«
In diesem politischen Klima hielt Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen Anfang 2018 eine inzwischen berüchtigte Neujahrsansprache. Er verwandte drei Viertel seiner viertelstündigen Rede, um über »Parallelgesellschaften« und die »Ghettogebiete« zu sprechen, wo diese Gesellschaften angeblich existierten. Dort gelten angeblich nicht »dänische Normen und Werte«. Es war sehr deutlich, dass er Menschen mit einer »ausländischen« Herkunft meinte. Diese »Ghettos« müssten bis 2030 ausgerottet werden. Dieser Rede folgten verschiedene Berichte, die behaupteten, Beweise über die Existenz von »Parallelgesellschaften« und die »Werte« der dort Lebenden zu liefern – aber nur im Falle von Menschen mit nichtwestlicher Herkunft.
Es gibt seit 2010 eine sogenannte »Ghettoliste«, die Løkke Rasmussens erste Regierung (2009-2011) eingeführt hat. Damals wurde sie als Liste vorgestellt, die dabei helfen sollte, Gelder in diejenigen Wohngebiete zu verteilen, die sie am dringendsten brauchten. Aber auch damals schloss die Definition als »Ghetto« den Anteil der Einwanderinnen und Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern ein. Die meisten Kriterien waren (und sind) jedoch soziale Kriterien, beispielsweise über 40 Prozent Arbeitslosigkeit bei den 18-64-Jährigen, über 2,7 Prozent wegen schwerer Straftaten verurteilte Personen, aber eben auch über 50 Prozent nichtwestliche Einwandererinnen und Einwanderer (über zwei Generationen). Obwohl sie die Gelder begrüßten, deuteten die meisten Wohngebietsforscher und Sozialarbeiter vor Ort darauf hin, dass die meisten Bewohner die Bezeichnung als »Ghettobewohner« übelnehmen und dass der Begriff selbst eine Stigmatisierung sei. Jetzt, anstatt Hilfe für benachteiligten Gebiete zu bedeuten, werden die Bewohner als Individuen plötzlich für soziale Probleme verantwortlich gemacht.
Wir sprechen hier von etwa 57 Wohngebieten mit ungefähr 120.000 Bewohnern (bei einer Bevölkerung von sechs Millionen – also etwa 2,5 Prozent). Von diesen Wohngebieten werden 16 als »harten Ghettogebiete« bezeichnet, weil sie seit über vier Jahren auf der Liste stehen. In diesen Gebieten wohnen ungefähr 50.000 Menschen. Also werden viele Menschen von den Gesetzen getroffen, die Mehrheit von ihnen keine Einwanderinnen und Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern.
Angebliche Parallelgesellschaften
Die Regierung versuchte, den etwas diffusen Begriff einer »Parallelgesellschaft« zu definieren. Das Wirtschafts- und Innenministerium bezeichnete 28.000 Familien als Familien, die in einer Parallelgesellschaft wohnen, wie folgt: »Sie leben isoliert von der übrigen Gesellschaft, sowohl körperlich als auch psychisch, und wollen nicht Teil der Gesellschaft sein.« Aber diejenigen 28.000 Familien, die man fand (von 180.000 untersuchten Familien – alle Menschen mit nichtwestlicher Herkunft – in ganz Dänemark, nicht nur in den 57 Wohngebieten), wurden nur nach sozialen Kriterien überprüft. Zum Beispiel, wenn sie in einem Wohngebiet mit über 25 Prozent nichtwestlicher Einwanderer wohnten, Kinder im Alter zwischen 1 und 4 Jahren hatten, die nicht zur Vorschule gingen, Kinder zwischen 12 und 14, die eines Verbrechens angeklagt worden waren, oder Kinder zwischen 15 und 29 Jahren, die nicht in Arbeit oder Ausbildung waren. Insgesamt gab es acht soziale Kriterien, um jemanden als Mitglied einer »Parallelgesellschaft« zu definieren. Wenn man also ein 2-jähriges Kind hatte, das nicht in die Vorschule ging und ein 5-jähriges Kind, das einen Kindergarten besuchte, wo der Einwandereranteil 25 Prozent betrug, wurde man als Mitglied einer »Parallelgesellschaft« definiert. Die anlegten Kriterien sagen überhaupt nichts über die Werte der Menschen, aber sie könnten etwas über soziale Benachteiligung und Hilfsbedürftigkeit sagen. Wie John Andersen, Professor der Soziologie an der Universität Roskilde der Webseite videnskab.dk sagte: »Sie messen einige sozioökonomische Indikatoren, die verschiedene Arten der Ungleichheit und der sozialen Benachteiligung zeigen. Es gibt keine Forschung bzw. Studien, die zeigen, dass es ein Verhältnis zwischen diesen Indikatoren und der Tatsache gibt, dass man ein Gegner der Werte der Gesellschaft ist.«
Einwanderung und Demokratie
Wenn man das Verhältnis der Einwanderinnen und Einwanderer zur Demokratie und zu gleichen Rechten betrachtet, findet man einige interessante Ergebnisse. Alle folgenden Zahlen stammen aus einem Bericht der Regierung. Die Frage, ob Menschen in Dänemark unabhängig von ihrer Religion dieselben Rechte haben sollen, bejahten 92 Prozent der Kinder von Einwanderern und 84 Prozent der Einwanderer selbst, während nur 63 Prozent der »Dänen« sie bejahten. Die gleiche Toleranz zeigt sich in der Frage nach gleichen Rechte unabhängig vom politischen Glauben. Hier lauten die Zahlen 88 Prozent bzw. 81 Prozent im Vergleich mit 71 Prozent bei den »Dänen«. Noch überraschender war das Ergebnis der Frage, ob Männer und Frauen das gleiche Recht haben sollten, politisch tätig zu sein – in allen Gruppen bejahten sie 95 Prozent.
Gleichzeitig ist die Vorstellung, dass Einwanderinnen und Einwanderer absichtlich »Parallelgesellschaften« bilden – was die Rhetorik nicht nur der Regierung, sondern auch des Mainstreams ist – in Wirklichkeit ein Mythos. Nur zwei Prozent von ihnen wollten in Wohngebieten wohnen, wo die Mehrheit aus Eingewanderten besteht. Die Hauptgründe für eine hohe Konzentration von Einwanderinnen und Einwanderern sind erstens die Tatsache, dass sie nur mieten und wegen ihres niedrigen Einkommens nicht kaufen können, zweitens der Zustand, dass es schwieriger für sie ist, den Zugang zu einer anderen Art der gemieteten Unterkunft zu bekommen, und drittens, dass es Beweise dafür gibt, dass die »Dänen« Wohngebiete vermeiden bzw. von ihnen wegziehen, wenn die Konzentration der Eingewanderten hoch ist. Besonders Menschen mit niedrigem Einkommen sind dazu gezwungen, in solchen Gebieten zu wohnen. Es stimmt auch nicht, dass die Arbeitslosigkeit das Ergebnis dieser sogenannten »Ghettos« ist. Genau im Gegenteil: Die Menschen wohnen dort, weil sie arbeitslos sind und sich keine teurere Unterkunft leisten können. Und schließlich stimmt es nicht, dass Einwanderinnen und Einwanderer von der übrigen Gesellschaft isoliert sind. 80 Prozent der nichtwestlichen Einwanderer haben »dänische« Freunde und Bekannte.
Die »Ghetto-Gesetze« im Einzelnen
Also, was sind diese Gesetze und warum ist es wichtig, sie zu bekämpfen? Es gibt 22 Gesetze und in diesem Artikel können sie alle nicht behandelt werden. Aber hier sind die wichtigsten, die am meisten diskriminierenden und die bösartigsten.
Kriminalität:
Wenn man in den 57 »Ghettogebieten« eine ernsthafte Straftat (definiert als Raub, Gewalt oder Drogen) begeht, bekommt man die doppelte Strafe im Vergleich mit anderen Orten in Dänemark.
Das ist eine Law-and-Order-Geschichte, die mit dem Mythos verbunden ist, dass Einwanderung höhere Kriminalität bedeutet. Tatsächlich liegt nur in zwei der 57 »Ghettogebiete« die Kriminalitätsrate höher als in vergleichbaren Gebieten in anderen Teilen des Landes. Gleichzeitig fällt die Jugendkriminalitätsrate zur Zeit steil ab. Im Zeitraum 2009 bis 2016 fiel die Rate um 30 Prozent. Selbst Tenna Wilbert, eine führende Kommissarin bei der Reichspolizei, sagte im Fernsehen: »Ich denke, dass die Allgemeinheit eine falsche Vorstellung von diesen Gebieten hat.«
Vorschule (1-3 Jahre):
Wenn man in einem der 57 »Ghettogebiete« wohnt, ist man dazu verpflichtet, das Kind ab Ende des ersten Lebensjahrs für 25 Stunden die Woche in die Vorschule zu schicken. Wer das nicht macht, dem kann die Kommune das Kindergeld entziehen.
Diese Maßnahme basiert auf der Vorstellung, dass Menschen nichtwestlicher Herkunft (sprich: Muslimas und Muslime) ihre Kinder nicht in die Vorschule schicken und diese daher nicht »dänische« Werte lernen, bevor sie in die Schule gehen. Tatsächlich gehen 81 Prozent aller Kinder in diesen Gebieten in die Vorschule (1-3 Jahre), während der Prozentsatz für die anderen Teile des Landes 83 Prozent beträgt.
Kindergarten (3-6 Jahre):
In Kindergärten, die in oder in der Nähe von »Ghettogebieten« liegen, dürfen nur 30 Prozent der neu aufgenommenen Kinder aus nichtwestlichen Familien stammen. Kinder, die nicht aus »Ghettos« kommen, dürfen trotzdem nicht von diesen Kindergärten aufgenommen werden, um die leeren Plätze zu füllen.
Die Idee hier besteht darin, die Konzentration der nichtwestlichen Kinder in Kindergärten zu verringern. Das wird die Auswirkung haben, dass einige Kindergärten schließen müssen und einige nichtwestliche Familien gezwungen werden, ihre Kinder weit weg von ihrer gewohnten Umgebung zu bringen.
Sprachtests:
Alle Kinder aus den »Ghettogebieten« sollen am Anfang des ersten Schuljahrs (mit sechs Jahren) sprachlich getestet werden. Wenn sie bei diesem Test durchfallen (sie haben drei Chancen, auch mit Hilfe eines Sprachkurses während der Sommerferien), dürfen sie nicht in die 2. Klasse mit ihren Altersgenossen versetzt werden.
Anstatt Ressourcen darauf zu verwenden, dem Kind zu helfen, wird das Kind an den Takt der Tests gefesselt und bestraft, indem es sitzen bleiben muss. Dies wird das Kind stigmatisieren und lässt sich nicht pädagogisch verteidigen. Die Regel richtet sich offensichtlich gegen Familien mit schwachen Sprachkenntnissen, aber sie wird auch benachteiligte »dänische« Kinder treffen. Das ist übrigens ein sich immer wiederholendes Thema bei diesen Gesetzen. Man spricht von den Eingewanderten verprügeln, aber man trifft immer auch arme »Dänen«. Es handelt sich um Klassenkampf von oben im Gewand des Rassismus.
Schulen:
Wenn ein Kind aus einem »Ghettogebiet« 15 Prozent Fehlquote in der Schule hat, darf die Kommune das Kindergeld entziehen, wenn die Eltern nicht »mithelfen«, diesen Prozentsatz zu senken. Auch wenn ein Kind aus einem »Ghettogebiet« nicht an dem Test und der Abschlussprüfung teilnimmt, darf die Kommune das Kindergeld entziehen.
Anstatt den Grund für das Schulschwänzen zu erkunden, besteht das Konzept darin, arme Menschen noch ärmer zu machen.
Sozialpolitik:
Wenn man in einem »Ghettogebiet« wohnt, dürfen die Behörden Familien überwachen, indem sie das Recht bekommen, verschiedene Register zu vergleichen und einzuschätzen, ob ein Kind in Gefahr ist und soziale Unterstützung braucht.
Es ist bekannt, dass diese Herangehensweise falsch ist. Diese Register geben den Sozialbehörden nur Informationen darüber, was an der Oberfläche passiert. Als dieses Verfahren an anderen Orten ausprobiert wurde, gab es viele »falsche Positive«, d.h. ein Kind wird fälschlicherweise als gefährdet eingestuft, was als Folge große Angst auslöst, wenn man mit dem Sozialamt zu tun hat. Noch schlimmer sind »falsche Negative«, d. h. ein gefährdetes Kind wird nicht identifiziert, so dass das Sozialamt Gefahr nicht erkennt.
Die Leerung der »Ghettos«:
Kommunen dürfen keine Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe mehr in »Ghettogebieten« unterbringen und niemand, der Sozialhilfe bezieht, darf in eins der »harten Ghettos« (16 von 57) einziehen. Was das trotzdem tut, verliert Ansprüche auf Sozialhilfe. Gleichzeitig dürfen innerhalb eines Zeitraums, der noch mit den Wohnungsbehörden und den Kommunen verhandelt werden muss, nur 40 Prozent der Wohnung in diesen Gebieten Familienwohnungen sein. Die anderen müssen zu Studierendenunterkünften oder Ein-Personen-Wohnungen umgebaut oder als Eigentumswohnungen verkauft werden. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt wird, hat die Regierung das Recht, die in Frage kommenden Wohngebiete zu übernehmen und diese Änderungen zwangsweise durchzuführen. Drei Regierungskontrolleure sind ernannt worden, um sicherzustellen, dass diese Pläne umgesetzt werden.
Die Schätzungen sind unterschiedlich, aber zwischen 10.000 und 20.000 Menschen werden umziehen müssen. Es gibt keine Pläne für Ersatzwohnungen und diejenigen Wohnungen, die zur Verfügung stehen, sind für die meisten zu teuer. Das wird den Druck auf andere Gebiete erzeugen, die dann unter die Definition der »Ghettogebiete« fallen werden. Man schätzt, dass die Obdachlosigkeit steigen wird.
Finanzierung:
Der ganze Plan soll hauptsächlich von den Bewohnerinnen und Bewohnern aller Sozialwohnungen in Dänemark finanziert werden. Der Plan kostet 1,35 Milliarden Euro. Nur fünf Prozent werden aus Regierungskassen kommen.
Das ist wie der Hund, der den eigenen Schwanz frisst. Die Finanzen für diesen Plan sollen aus einem Fonds stammen, der über einen Prozentsatz der Miete bezahlt wird. Dieses Geld wird investiert, um alte Gebäude zu modernisieren und neue zu bauen. Die Armen aus der Arbeiterklasse sollen nicht nur die Hauptlast der Angriffe tragen, sondern sie müssen auch selbst fast die gesamten Kosten tragen. Daraus ergibt sich aber auch die Möglichkeit eines Kampfs auf einer breiteren als nur der antirassistischen Basis.
Ein Angriff auf die Arbeiterklasse
Es ist deutlich, das die »Ghetto-Gesetze« ein Frontalangriff auf einen Teil der Arbeiterklasse sind. Sie sind ein Krieg gegen die Armen und nicht gegen die Armut. Leider hat die feste Mehrheit der politischen Parteien – auch die Sozialdemokratie – für den größten Teil dieses Pakets gestimmt. Also gibt es keinen Druck von oben, dagegen zu mobilisieren. Nicht wenige Gewerkschaften haben darüber geklagt, wie die Sozialarbeitergewerkschaft (siehe oben), aber keine von ihnen hat es zur Priorität gemacht. Trotzdem sind es ihre Mitglieder, die angegriffen werden. Mietervereine haben sich lauter gewehrt, aber keine Initiative ergriffen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Widerstand schwierig erscheint könnte, weil die Gewerkschaften wegen des rassistischen Klimas in vielen Fällen Auseinandersetzungen in der eigenen Mitgliedschaft führen müssten. Das könnte der Grund sein, warum sie davor zurückschrecken.
Es hat aber zwei Initiativen gegeben, die vielleicht die Vorreiter eines breiteren Widerstands sein könnten. Die eine basiert auf einer Gruppe von Jugendlichen, die die Debatte unter dem Banner »Ghettogether« angestoßen haben. Sie haben Debatten und Events organisiert. Sie werden im Oktober Mitorganisator eines antirassistischen Festivals in Kopenhagen sein. Parallel dazu gibt es eine eher auf Mieterinnen und Mieter orientierte Gruppe namens »Allgemeine Verteidigung – verteidigt die Mieterdemokratie«, die in verschiedenen bedrohten Wohngebieten in Kopenhagen entstanden ist. Sie hat bereits eine Konferenz mit hundert Menschen durchgeführt und hat auch eine Demonstration für Ende September geplant. Sozialisten werden dafür kämpfen, diese Initiativen zusammenzuführen. Dies würde den Aufbau eines breiten antirassistischen und antifaschistischen Bündnisses in ganz Dänemark beflügeln.
(Übersetzt von Einde O’Callaghan)
Foto: News Oresund
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