Ein Buch über die Pro-Bewegung zeigt deren Nähe zur radikalen Rechten auf – greift dabei aber auf problematische Konzepte zurück. Phil Butland über »Die Pro-Bewegung: Geschichte, Inhalte, Strategien der Bürgerbewegung Pro Köln und der Bürgerbewegung Pro NRW«
Die Wahlerfolge der Pro-Bewegung in Nordrhein-Westfalen, die angekündigte Kandidatur von Pro Berlin bei der Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr 2011, die Gründung von Pro Deutschland als bundesweite »Bürgerbewegung« machen deutlich: Die Zeit ist längst reif, sich intensiver mit den neuen Rassisten auseinanderzusetzen. Begrüßenswerterweise macht der Politologe Michael Lausberg genau das in seinem neuem Buch.
Anhand zahlreicher Belege (über 500 Fußnoten auf 150 Seiten) zeigt Lausberg, dass es sich bei »Pro« um eine rassistische, autoritäre und neoliberale Bewegung handelt. Besonders nützlich ist sein Nachweis, dass die Pro-Gruppen enge Verbindungen zur Neonaziszene unterhalten. Er belegt, dass die verschiedenen Gliederungen sowohl mit deutschen als auch ausländischen Naziorganisationen zusammenarbeiten. Zugleich zeigt er auf, dass ein Großteil ihrer Führungspersönlichkeiten ursprünglich aus der NPD, der DVU oder von den Republikanern kommt. Die Pro-Bewegung bestreitet stets solche Kontakte.
Lausberg deutet an, weshalb diese neue rechte Strömung gerade jetzt entstehen konnte. So erklärt er, dass »die traditionellen Parteibindungen sich in den letzten Jahrzehnten in der BRD und in den anderen westeuropäischen Staaten abgeschwächt haben«, und dass die Pro-Bewegung versuche, »die Leerstelle im politischen Spektrum (…) auszufüllen«. Mit anderen Worten: Die politische Mitte erodiert und immer mehr Wähler suchen Alternativen jenseits des Mainstreams.
Doch Lausberg reißt diesen Aspekt nur an. Auch andere wichtige Fragen klammert er aus – so zum Beispiel, wie man den Aufstieg der Pro-Bewegung stoppen kann. Zwar schildert er eindrucksvoll, wie in Köln im Jahr 2008 ein breites Bündnis, das von Autonomen über Migrantengruppen bis zum CDU-Oberbürgermeister reichte, den »Anti-Islamisierungskongress« der Rechten verhinderte. Doch er beschreibt nicht, wie dieses Bündnis entstanden ist und wie ähnliche Aktivitäten in der Zukunft organisiert werden könnten. Auch diskutiert er nicht die Notwendigkeit, eine linke Alternative zum Verrat der bürgerlichen Mitte sowohl auf Wahlebene als auch auf der Straße aufzubauen.
Lausberg möchte vor allem objektiv sein. Er beschreibt die Ideen der Pro-Bewegung ohne viel zu kommentieren. Diese Methodik, vor allem Fakten darzustellen, liefert zwar wertvolle Erkenntnisse. Zugleich verzichtet Lausberg jedoch dabei auf eine tiefergehende Analyse. Das ist die größte Schwäche des Buchs.
Lausberg prangert vor allem den »Rechtspopulismus« der Pro-Bewegung an. Für ihn ist Populismus »die Instrumentalisierung von Schwarz-Weiß-Bildern des Politischen: Komplexe Probleme werden in simple Parolen transformiert«. Nach dieser Definition wären allerdings Forderungen wie »Millionäre besteuern«, »Bundeswehr raus aus Afghanistan« oder »Weg mit Hartz IV« ebenfalls rein populistisch und damit für die politische Aktivität unbrauchbar. Aber manchmal reichen einfache Parolen – zumindest als Ausgangspunkt für eine ausführliche Analyse.
Die Pro-Bewegung muss nicht gestoppt worden, weil sie »einfache Lösungen« anbietet, sondern weil sie Sündenböcke für gesellschaftliche Missstände auf der Seite der Unterdrückten ausmachen will. Wer gegen Moscheebau, »schleichende Islamisierung« und »arabische und türkische Jugendbanden, die ungehemmt stehlen, rauben, mit Drogen handeln«, schimpft, ist nicht nur ein Rassist, sondern entlässt auch den wirklichen Verbrecher aus der Verantwortung: das kapitalistische System.
Ohne Kapitalismuskritik werden die Opfer dieses Systems jedoch andere Sündenböcke suchen. Es reicht nicht aus, allein Nazis und Rechtspopulisten zu identifizieren. Vielmehr muss man auch eine alternative Politik anbieten.
Michael Lausberg hat mit seinem Band einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Pro-Bewegung geleistet. Das Buch darüber, wie wir sie bekämpfen und stoppen können, muss jedoch noch geschrieben werden.
Das Buch:
- Michael Lausberg: »Die Pro-Bewegung: Geschichte, Inhalte, Strategien der ›Bürgerbewegung Pro Köln‹ und der ›Bürgerbewegung Pro NRW‹«, Unrast Verlag, Münster 2010, 165 Seiten, 14,00 Euro
Foto: Moritz*
Schlagwörter: Antimuslimischer Rassismus, Islamfeindlichkeit, Islamophobie, Nationalismus, Populismus, Rassismus, Rassisten, Rechte, Rechtspopulismus, Rechtspopulisten