Die Regierung hat eine Frauenquote in Aufsichtsräten beschlossen. Doch sie wird nichts daran ändern, dass Frauen durchschnittlich 23 Prozent weniger verdienen als Männer, befürchtet Hans Krause.
Die SPD-Familienministerin wählte große Worte für ihre Reform. Der „Kulturwandel in Deutschland für mehr Gleichberechtigung“ sei dringend notwendig, so Manuela Schwesig. Beschlossen hatte die Bundesregierung, dass in den Aufsichtsräten von 108 Konzernen ab 2016 mindestens 30 Prozent Frauen sitzen müssen.
Auch die frauenpolitische Sprecherin der LINKE-Fraktion Cornelia Möhring will, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Sie bezweifelt aber, dass die Reform dazu führt.
Regierung tut nichts für Gleichberechtigung
Zur Frage, was die Quote Frauen nützen würde, bleibt Schwesig bewusst vage: „Wir müssen in den Chefetagen ein Bewusstsein für Gleichberechtigung schaffen.“ Zwar sind Quoten für Frauen in bestimmten Bereichen sinnvoll, zum Beispiel bei Redelisten einer Diskussionsveranstaltung. Doch in Führungsgremien von Unternehmen nützen sie allen anderen Beschäftigten fast gar nichts.
Das wäre nicht schlimm, wenn die Quote in Aufsichtsräten der erste Schritt der Regierung für mehr Gleichberechtigung von Frauen wäre. Tatsächlich sind jedoch keine weiteren Gesetze geplant und die Veränderung der Aufsichtsräte bleibt voraussichtlich die einzige derartige „Reform“ der Familien- und Frauenministerin Schwesig.
Auch die neue Studie „Durchbruch der gläsernen Decke?“ von vier weiblichen Wissenschaftlern des „Institut zur Zukunft der Arbeit“ aus Bonn ermittelt keine Verbesserungen für Frauen durch Quoten in Führungsgremien. Sie untersuchen die 2008 in Norwegen eingeführte 40-Prozent-Quote für Vorstände von Aktiengesellschaften.
Quote erhöht keine Einkommen von Frauen
Die Wissenschaftlerinnen stellen darin lediglich den zu erwartenden Anstieg des Einkommens bei Frauen fest, die selbst in einen Vorstand aufgestiegen sind. Doch schon eine Führungsebene tiefer hat sich gar nichts verändert, geschweige denn bei normalen weiblichen Beschäftigten. Auch bei der Anzahl berufstätiger Frauen gibt es keine messbaren Verbesserungen, ebenso wenig bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ebenso ist der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern nicht geschrumpft, sondern hat sich seit 2008, wie schon in den Jahren zuvor, weiter vergrößert. Da die Studie nicht nach Ursachen fragt, sondern nur statistische Daten auswertet, beschränken sich die Autorinnen auf die Schlussfolgerung, dass die Frauenquote in Vorständen nicht die erhofften Auswirkungen hat.
Das ist nicht überraschend. Denn eine Quote in Aufsichtsräten allein bedeutet keine Förderung von Frauen innerhalb und außerhalb der Unternehmen und kann auch keine Geschlechterrollen aufbrechen.
Schlecht bezahlte Frauen steigern die Profite
Betrachtet man die Funktionsweise kapitalistischer Unternehmen, wird deutlich, warum eine Frauenquote in Aufsichtsräten nichts nützen wird. Die Benachteiligung von Frauen im Berufsleben liegt nicht nur an einer rückständigen Einstellung von Männern in Führungspositionen, sondern zudem am Zwang, den Unternehmensgewinn mit allen Mitteln so hoch wie möglich zu halten.
Ein wichtiges Mittel ist dabei, die Löhne von Frauen mit verschiedenen Mitteln niedriger zu halten als die von Männern. Ein anderer Weg ist, die Arbeit, die Beschäftigte im Haushalt und bei der Kindererziehung leisten, nicht von der Wirtschaft und wenn möglich auch nicht vom Staat bezahlen zu lassen. Je mehr dieser „Reproduktionsarbeit“ unbezahlt in der privaten Wohnung geleistet wird, desto billiger für die Wirtschaft. Deshalb ist für das Kapital auch heute noch wichtig, dass Frauen bereit sind, diese Arbeit unbezahlt zu leisten, auch wenn sie in Vollzeit berufstätig sind. Vollständige Gleichberechtigung von Frauen würde das kapitalistische Wirtschaftsmodell hingegen grundsätzlich in Frage stellen.
Merkel tut so, als ob es jede schaffen kann
Der Widerstand der Wirtschaftsverbände gegen die Quote war gering, weil sie kaum Kosten verursacht und weiblichen Beschäftigten kein Geld in die Tasche bringt. Wie oft in Merkels Bundesregierung ist der Sinn des neuen Gesetzes, den Menschen ein gutes Gefühl zu geben und vorzutäuschen, dass man sich um die wichtigen Probleme der Gesellschaft kümmere.
Gleichstellungspolitik der Regierung Merkel will nur den Schein waren, wonach alle in dieser Gesellschaft grundsätzlich dieselben Chancen bekommen. Ähnlich wie der „Integrationsgipfel“ der Bundesregierung, ist auch die Frauenquote in Aufsichtsräten die Behauptung, es würde eine deutsche Version des „Amerikanischen Traums“ geschaffen, in der auch jeder Ausländer und jede Frau aufsteigen könnten, wenn sie nur hart genug arbeiten und fest daran glauben.
Bei Streiks in der ersten Reihe
Auch eine Frauenquote ist nur ein Pflaster mit Dinosaurierbildchen, das uns davon ablenken soll, wie viele Frauen für Niedriglöhne, halbtags oder in Minijobs arbeiten müssen. Vom ersten Schuljahr bis ins Berufsleben werden Frauen wichtige Kompetenzen nicht zugetraut und deshalb weniger gefördert als Männer. Hinzu kommt, dass in Europa mindestens jede dritte Frau in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt und Frauenhäuser nach wie vor Tausende abweisen müssen, die Hilfe brauchen.
Doch Frauen wehren sich und stehen seit Jahren bei vielen Arbeitskämpfen wieder in der vordersten Reihe, und dies zu Recht: Gute Tarifverträge sind seit über 100 Jahren ein entscheidendes Mittel, damit Frauen nicht weniger verdienen als Männer. Die Zerstörung der Flächentarifverträge in den letzten Jahrzehnten zwingt hingegen immer mehr Frauen dazu, den Lohn zu akzeptieren, den das Unternehmen ihnen anbietet.
Das „Tarifeinheitsgesetz“ schadet Zugbegleiterinnen
Gerade deshalb ist die Symbol-Politik der Regierung so gefährlich. Denn gleichzeitig bereitet SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles das Gesetz zur „Tarifeinheit“ vor, dass Gewerkschaften wie der GDL verbieten soll, für bessere Tarifverträge auch für Zugbegleiter zu streiken, ein Beruf in dem viele Frauen arbeiten.
Mit der beschlossenen Frauenquote wird die Bundesregierung künftig behaupten, sie hätte ihren Teil getan, um Gleichberechtigung voranzubringen. Tatsächlich können Frauen und Männer dem jedoch nur näherkommen, wenn sie gemeinsam dafür kämpfen und damit die Grundsätze des Kapitalismus in Frage stellen.
Foto: Bundesrat Deutschland
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