Über die Finanzkrise ist inzwischen sehr viel geschrieben worden. Adam Tooze möchte mit zehn Jahren Abstand die wichtigsten Ereignisse Revue passieren lassen und auf einige bislang unbekannte Aspekte hinweisen. Thomas Walter hat das Buch gelesen
Während allgemein der Krisenbeginn auf die Lehman-Pleite im September 2008 datiert wird, erinnert Tooze daran, dass bereits im Januar 2007 in den USA erste Banken ins Wanken gerieten. Er schildert, wie Banken weltweit nach Anlagemöglichkeiten suchten und dabei immer mehr Risiken eingingen. Denn sie nahmen an, dass sie, notfalls von der US-Zentralbank, kurz »Fed«, gerettet werden würden.
Pragmatiker vs. Marktfundamentalisten
Tatsächlich wurden die Banken dann auch gerettet. Es gab aber ein weltweites Einverständnis der Eliten, diese staatlichen Rettungen herunterzuspielen oder zu verschweigen. Tooze zufolge kam es zum Konflikt zwischen den Pragmatikern in den USA und den Marktfundamentalisten in der Bundesrepublik. Bis zuletzt wollten Merkel und Co. nicht wahrhaben, dass nur noch allergrößte Staatseingriffe den Kapitalismus retten konnten.
Einig waren sich allerdings alle, wenn es um die Abwälzung der Krisenfolgen auf die Arbeiterklasse ging. Arbeiter und Arbeiterinnen verloren Wohnungen und Jobs, während die Banker bestenfalls symbolisch abgestraft wurden.
Tooze: Argumente gegen den Kapitalismus
Das Buch bleibt oft beschreibend, es fehlt eine marxistische Analyse der realwirtschaftlichen Hintergründe der Finanzkrise. Aber Linken liefert Adam Tooze dennoch Argumente zur Überlebtheit und Perversion des Kapitalismus.
Das Buch:
Adam Tooze
Crashed – Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben
Siedler Verlag, München
2018
800 Seiten
38,00 Euro
Schlagwörter: Bankenkrise, Bundesrepublik Deutschland, Euro-Krise, Finanzkrise, USA, Zentralbanken