Der Sozialist Bernie Sanders überrascht im Vorwahlkampf. Seine bisherigen Erfolge zeugen von der tiefen Ablehnung der etablierten Politik in den USA. Doch auch Rechtsaußen-Republikaner Donald Trump kann davon profitieren. Von Charlie Kimber
Es war eine kleine Sensation: Bernie Sanders erhielt Anfang Februar bei den demokratischen Vorwahlen im US-Bundesstaat New Hampshire über 60 Prozent der Stimmen, 20 Prozentpunkte mehr als die Kandidatin des Establishments Hillary Clinton. Befragungen am Wahltag haben gezeigt, dass Sanders vor allem von jüngeren und ärmeren Menschen unterstützt wurde. Sanders erreichte bei den unter 30-Jährigen über 80 Prozent der Stimmen. Er konnte 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler mit einem Einkommen von weniger als 27.000 Euro pro Jahr für sich gewinnen und zwei Drittel jener mit einem Einkommen zwischen 27.000 und 45.000 Euro. Clinton gewann nur im älteren Wählersegment mit über 65 Jahren und unter jenen, die über 180.000 Euro pro Jahr verdienen.
»Eine politische Revolution«
Bei seiner Siegesrede erklärte Sanders: »Was letzte Woche in Iowa begann, was die Wähler heute Abend in New Hampshire bestätigt haben, ist nichts weniger als der Beginn einer politischen Revolution. Es ist eine politische Revolution, die dutzende Millionen Menschen zusammenbringen wird. Gemeinsam haben wir eine Botschaft ausgesandt, die von der Wallstreet bis Washington, von Maine bis Kalifornien Widerhall finden wird – die Regierung unseres großartigen Landes gehört allen Menschen und nicht nur einer Handvoll reicher Wahlkampfspender.«
Der Nachrichtensender CNN berichtete: »In weniger als einem Jahr hat Sanders ein hoffnungsloses Unterfangen in eine ernste Bedrohung für Hillary Clinton, die die demokratische Nominierung gewinnen wolte, verwandelt und ihre Krönung verhindert.« In den Tagen vor der Wahl versuchte Clinton radikaler zu wirken und behauptete, sie sei auch gegen das Establishment, weil sie eine Frau wäre.
Diese Wende wurde von der ehemaligen Außenministerin Madeleine Albright unterstützt, die die mörderischen Sanktionen gegen den Irak in den 1990er-Jahren verhängte. Unter Clintons Beifall erklärte Albright den Medien: »In der Hölle ist ein besonderer Platz für Frauen reserviert, die anderen Frauen nicht helfen.« Diese Taktik schlug gänzlich fehl. Sanders gewann 55 Prozent der Frauenstimmen, Clinton lediglich 45 Prozent.
Besser als Obama
Ein Ausdruck für die Begeisterung für Sanders war der Rekord in der Wahlbeteiligung. Sanders schnitt sogar besser ab als der aufstrebende Barack Obama im Jahr 2008. Seine politischen Grundsätze sind weniger radikal als manchmal unterstellt wird. Und er stimmt mit wesentlichen Elementen der imperialistischen Agenda der USA überein. Aber er gibt der Stimmung der »Occupy Wall Street«- und der »Black Lives Matter«-Bewegung einen Ausdruck. Darüber hinaus gelingt es ihm, die jüngsten Anzeichen militanterer Arbeitskämpfe und die wachsende Bewegung gegen den Klimawandel in Worte zu fassen. Das ist das Entscheidende. Die alte Politik ist extrem unter Druck geraten und Millionen Menschen suchen nach einer Alternative.
Doch in seiner Siegesrede unterstrich Sanders auch seine Bereitschaft, in Zukunft mit Clinton zusammenzugehen: »Ich hoffe, dass wir uns auch daran erinnern – und das sei nicht nur an unsere Gegner gerichtet, sondern auch an jene, die mich unterstützen –, dass wir in ein paar Monaten zusammenkommen müssen und diese Partei und dieses Land vereinen müssen, denn wir dürfen den rechtsextremen Republikanern nicht erlauben, die Präsidenwahl zu gewinnen.« Das bedeutet, dass er weiterhin in den Grenzen der durch und durch kapitalistischen Demokratischen Partei agieren wird.
Trump gibt den »Außenseiter«
Die Tatsache, dass die etablierte US-Politik aufbricht, spiegelte sich allerdings auch in der republikanischen Vorwahl und dem Sieg des aggressiven Milliardärs Donald Trump wider. Trump wurde bislang nie in ein öffentliches Amt gewählt und spielt sich als »Außenseiter« auf. In Wahrheit folgt er sklavisch den Interessen des Großkapitals und der Generäle.
Sein rassistischer Populismus zieht den politischen Diskurs nach rechts. Wahltagsumfragen in New Hampshire ergaben, dass 66 Prozent der Menschen, die an den republikanischen Vorwahlen teilnahmen, Trumps Forderung nach einem völligen Einreiseverbot für Muslime in die Vereinigten Staaten unterstützen.
Trumps Erfolg New Hampshire, im Anschluss an einen zweiten Platz in Iowa, und seine klare Führung in landesweiten Umfragen stellen eine starke Ausgangsposition für ihn dar. Es gibt offensichtlich keinen einzigen Gegenkandidaten, um den sich das Parteiestablishment vereinen könnte, um Trump aufzuhalten. Angesichts der tiefen Abneigung gegenüber der »business as usual«-Politik ist es nicht sicher, ob ihn überhaupt jemand schlagen wird.
Dieser Artikel ist zuerst auf socialistworker.co.uk erschienen, die deutsche Übersetzung von David Albrich auf der Website der österreichischen Organisation Neue Linkswende.
Foto: Gage Skidmore
Schlagwörter: Barack Obama, Bernie Sanders, Demokraten, Donald Trump, Hillary Clinton, Republikaner, US-Wahl, USA