Die LINKE sollte sich im syrischen Bürgerkrieg gegen alle Kriegstreiber stellen, egal ob NATO, Putin oder Assad. Ein Kommentar von Hans Krause
Selbst die von der deutschen Regierung finanzierte Stiftung Wissenschaft und Politik glaubt nicht, dass der Raketenangriff der NATO-Staaten in Syrien irgendetwas positives bewirkt hat. Trotzdem hält Kanzlerin Merkel ihn für »erfolgreich und angemessen«. Zurecht übt die LINKE-Fraktion daran scharfe Kritik und ruft zum Protest auf.
Belege für Kriegsverbrechen Assads
Der Bürgerkrieg in Syrien hat sich schon seit langem zu einem imperialistischen Stellvertreterkrieg entwickelt und wird weiter von allen Seiten so mörderisch geführt wie eh und je. Egal wer in diesem Krieg was erobert, die Einwohner der umkämpften Gebiete leiden unvorstellbare Qualen. Sie verlieren Arme, Beine oder ihr Leben, Millionen hungern in Flüchtlingslagern und eine ganze Generation von Kindern erhält keine Schulbildung.
Wer für Frieden, Freiheit und die Achtung der Menschenrechte eintritt, kann keine dieser Kriegsparteien unterstützen. Leider äußern sich jedoch auch Abgeordnete der LINKEN immer wieder verständnisvoll für die Regierung und den Krieg des syrischen Diktators Baschar al-Assad. Wie Alexander Neu, Obmann im Verteidigungsausschuss für die LINKE, der erst am 16. April im »Ersten« ohne jeden Beleg meinte: »Die Welt muss mit Assad leben und bei Wahlen würde Assad gewinnen«. Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heike Hänsel nimmt Assad indirekt in Schutz, wenn sie behauptet, die Berichte der »Syrian American Medical Society« oder der Weißhelme über die Opfer eines möglichen Giftgasangriffs in Duma seien »kaum etwas wert«, weil sie »US-finanzierte Organisationen« seien.
Zwar ist es richtig, den Giftgasangriff in Duma nicht als Wahrheit hinzunehmen, nur weil die US-amerikanische Regierung ihn behauptet, so wie Merkel es tut. Auch falsch ist es jedoch, die Berichte darüber als unglaubwürdig abzutun.
Vertrauen wir Syrien und Russland?
Denn zahlreiche andere Massenmorde in den sieben Jahren des Bürgerkrieges sind sehr gut belegt, nicht nur von islamistischen Milizen, sondern auch von der syrischen und russischen Armee – sei es durch das »Syrische Netzwerk für Menschenrechte«, das »Syrische Archiv« oder die »Syrer für Wahrheit und Gerechtigkeit«. Erst am 9. April hat die ARD-Mediathek die Film-Reportage »Zeugen gegen Assad« veröffentlicht, in der mehrere Opfer und Menschenrechtsaktivisten darlegen, wie der syrische Geheimdienst zehntausende Menschen gefoltert und ohne Gerichtsverfahren hingerichtet hat.
Warum sollten Linke all diese Quellen als Propaganda abtun und gleichzeitig der syrischen und russischen Regierung glauben? Weder Russland noch Syrien sind demokratische, geschweige denn sozialistische Staaten, welche Maßstäbe auch immer man anlegt. Beide Regierungen fälschen seit Jahrzehnten Wahlen und verhaften und ermorden Oppositionelle, in Syrien auch schon lange vor dem Krieg.
Assad ist kein kleineres Übel
Und auch dass Assad seine Herrschaft nicht religiös begründet, macht ihn noch nicht mal zu einem kleineren Übel. Die meisten Diktatoren der Geschichte verbreiteten eine nicht-religiöse Ideologie, unter anderem auch in Deutschland.
Schon vor langer Zeit haben linke Organisationen und Parteien immer wieder den Fehler gemacht, die Regierung eines Staates zu unterstützen, nur weil sie mit der »eigenen« Regierung verfeindet war. Weder in der DDR noch in der Sowjetunion, weder in China noch in Syrien gab oder gibt es eine Regierungspolitik, die auch nur annähernd den Begriff »links« verdient hätte.
Linke Außenpolitik als Gegenmodell zur NATO-treuen Regierung sollte nicht darin bestehen, eine andere imperialistische Regierung in deren Kampf um Rohstoffe, Märkte und militärische Aufmarschgebiete zu unterstützen. Es ist keine linke Forderung, einen Herrscher durch einen anderen zu ersetzen, weniger Trump, dafür mehr Putin, in Syrien weniger Macht für den »Islamischen Staat«, dafür mehr für Diktator Assad.
Vielmehr muss linke Politik immer das Wohl der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung zum Ziel haben und deren wichtigstes Interesse ist es zu überleben. Ein syrischer Präsident, der tausende unschuldige Menschen ermordet, ist niemals ein Verbündeter der Linken, weder im Krieg noch im Frieden.
Weder Washington noch Moskau noch Damaskus
Es ist richtig, dass die LINKE die aggressive Politik der NATO kritisiert. Sie sollte alles dafür tun, die Bundesregierung unter Druck zu setzen und für einen Austritt aus der Nato argumentieren. Für die US-Regierung sind die Syrer nur Statisten im geopolitischen Ringen um Einfluss im ölreichen Nahen Osten.
Aber: Auch wenn die Position der LINKEN auf das Schicksal der Menschen in Syrien keinen großen, direkten Einfluss haben mag, so ist es doch wichtig, dass wir beim Aufbau einer neuen Antikriegsbewegung in Deutschland keinen Kriegstreiber dieser Welt verharmlosen und Morde weder verschweigen noch schönreden, weder aus Washington, Moskau, Damaskus oder einem anderen Ort. Denn: Der Feind unseres Feindes, Putins Russland oder Assads Syrien, ist nicht unser Freund oder Verbündeter. Sie sind Teil eines imperialistischen Weltsystems, das wir insgesamt bekämpfen müssen. Um ein Ende der Kämpfe und das Überleben der Menschen in Syrien zu erreichen, sollte die Solidarität der LINKEN all jenen Menschen, Gruppen und Organisationen gelten, die in den verschiedenen syrischen Städten genau dafür eintreten. Denn diese gibt es, auch wenn sie von keiner der großen Militärmächte in Syrien mit Geld und Waffen unterstützt werden.
Foto: kremlin.ru
Schlagwörter: Assad, Damaskus, Duma, Krieg, Linke, Merkel, Moskau, NATO, Russland, Syrien, Trump