Steffen Mau zeigt, dass Grenzen im Zeitalter der Globalisierung von Anbeginn nicht offener gestaltet, sondern zu machtvollen Sortiermaschinen umgebaut wurden. Während ein kleiner Kreis Privilegierter heute nahezu überallhin reisen darf, bleibt die große Mehrheit der Weltbevölkerung weiterhin systematisch außen vor. Thomas Walter hat das Buch gelesen
Steffen Mau beschäftigt sich in seinem Buch »Sortiermaschinen – Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert« mit den Grenzen, die mal mehr mal weniger befestigt zwischen Staaten verlaufen. Er macht deutlich, dass die Globalisierung zwei Gesichter hat. Zum einen nahm die Zahl der Menschen, die schon einmal eine Staatsgrenze überschritten haben, stark zu. In Deutschland waren es in den 50er Jahren noch 26 Prozent, die schon einmal in einem anderen Staat waren – davon viele während des zweiten Weltkrieges -, in den 2000er Jahren gaben 60 Prozent an, dass sie innerhalb des letzten Jahres mindestens einmal im Ausland waren.
Doch auf den ersten Blick überraschend ist, dass nach dem Fall der Berliner Mauer und des eisernen Vorhangs die Zahl der »Mauergrenzen« stark zugenommen hat. Dazu kommen völlig neue Grenztechniken. Die USA oder Wirtschaftsblöcke wie die Europäische Union (EU) überprüfen Migranten oft schon tausende Kilometer vor der eigentlichen Grenze. Niger ist zu einem Grenzposten der EU geworden. Wer aus Afrika in die EU einreisen will, muss sich in Niger überprüfen lassen. Dabei verlaufen die Grenzen nicht zwischen Kulturkreisen, sondern zwischen arm und reich.
Es ist ein abgestuftes System von Mobilitätsmöglichkeiten entstanden. Wer Geld hat und seine persönlichen Daten herausgibt, kann Grenzen unbürokratisch überschreiten. Unerwünschte Personen werden mit Hilfe von Algorithmen schon im Vorfeld aussortiert. Das Buch legt dar: Die Globalisierung ist kapitalistisch. Wer dem Kapital nützt, darf Grenzen überschreiten, wer nicht, eben nicht.
Sortiermaschinen – Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert
Edition Mercator, C.H.Beck-Verlag
München, 2. Auflage 2021
190 Seiten
15 Euro
Schlagwörter: EU-Außengrenzen, Globalisierung, Grenze