Das neueste Buch aus der Reihe Bewegungslehre des Unrast Verlags gibt einen Überblick über die vielfältigen Umweltschutzbewegungen und ihre teils einfallsreichen Aktionsformen. Von Peter Oehler
»Radikale Ökologie« beginnt mit der Geschichte von John Hanna, einem der ersten bekannten militanten Öko-Aktivisten der USA. Im Jahr 1977 zerstörte er in Kalifornien zusammen mit ein paar Freunden mithilfe selbstgebauter Brandsätze sieben Flugzeuge, die Pestizide versprühten. Solche illegalen und gewalttätigen Aktionen kommen im Buch noch häufiger vor.
Ökologie und Widerstand: Eine Einführung
Doch zunächst gibt Mackinger eine Einführung in den Kontext des Widerstands: Die ökologische Krise werde durch unsere imperiale Lebensweise hervorgerufen, wobei jedoch der Einzelne nur begrenzt etwas dagegen tun könne, weil »die industrielle Komponente der Umweltverschmutzung viel gewichtiger ist als individuelle Verhaltens- und Konsummuster«. Mit dem Kapitalismus muss gebrochen werden, fordert der Autor, weswegen eine Green Economy keine Lösung darstellt, da sie der gleichen Wachstumslogik folgt.
Vorstellung von Organisationen
In den anschließenden 14 kurzen Kapiteln werden – für meinen Geschmack ziemlich durcheinander – verschiedenste Gruppierungen samt ihrer Aktionsformen und ideologischen Basis vorgestellt. Für den US-amerikanischen Raum beschreibt Mackinger die »Sea Shepherd Conservation Society«, die für den Meeresschutz kämpft, »Earth First!«, die auf die Macht der Sabotage setzen und die »Earth Liberation Front«, der es um maximalen ökonomischen Schaden als Antwort auf Umweltzerstörung aus Profitgier geht. Mit der »Moccasins on the Ground«-Bewegung wird beispielhaft auch auf indigene Gruppen eingegangen. Für den deutschsprachigen Raum werden die radikalen Aktionsformen von AKW-Gegnern sowie der Gruppen »Hüttendörfer gegen Autowahnsinn«, »Gendreck weg!« und »Castor schottern!« behandelt.
Gewalt als legitimes Mitte?
Viele dieser Gruppen sehen die Anwendung von Gewalt als legitimes Mittel in ihrem Kampf. Dabei herrscht Konsens darüber, dass sich Gewalt gegen Sachen richten darf, aber nicht gegen Menschen. Wohltuend hebt sich davon das aus Indien stammende Konzept der »Erd-Demokratie« ab, das auf Gewaltfreiheit setzt. Allerdings gilt es dabei auch als Gewalt, »wenn die Wirtschaftsordnung den ökologischen Raum anderer Spezies und Menschen an sich reißt und einhegt«. Dadurch kann das gewalttätige Vorgehen anderer Gruppen als Notwehr legitimiert werden.
Ökologie und Linke Theoriebildung
»Radikale Ökologie« bietet auch einen Einblick in die theoretischen Grundlagen. Sie werden entweder zusammen mit den entsprechenden Gruppen oder in eigenständigen Kapiteln vorgestellt und sollen »Anknüpfungspunkte für eine linke Theoriebildung sein«. Neben der bereits erwähnten Erd-Demokratie wird etwa der Biozentrismus vorgestellt, der von der Natur als Ganzheit ausgeht und nicht den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Der Anarcho-Primitivismus hingegen sieht Technologie sehr kritisch, da sie dazu tendiere, uns zu beherrschen, sobald wir sie benutzen. Außerdem trenne sie den Menschen nicht nur von der Natur, sondern auch von seinesgleichen. Bei der sozialen Ökologie, die unter anderen von Murray Bookchin geprägt worden ist, wird die ökologische Frage immer mit der sozialen verbunden. Bookchins Vision, die »freiwillige kontrollierte oder geplante Schrumpfung von wirtschaftlicher Aktivität«, ist unter dem Namen »Degrowth« inzwischen sehr bekannt.
Kampf für die Umwelt
Mackingers kleines Buch ist gut geeignet, um sich einen Überblick über mögliche radikale Widerstandsformen und den Kampf für die Umwelt zu verschaffen. Wer sich mit dem Thema »Radikale Ökologie« auf unterhaltsame Weise befassen möchte, dem sei auch Edward Abbeys Roman »Die Monkey Wrench Gang« von 1975 empfohlen. Dieses Buch diente bereits »Earth First!« als Inspirationsquelle.
Christof Mackinger
Radikale Ökologie
Unrast Verlag
Münster 2015
88 Seiten
7,80 Euro
Foto: Rainforest Action Network
Schlagwörter: Buch, Buchrezension, Gewalt, Kapitalismus, marx21, Marxismus, Ökologie, Rezension, Umwelt, Umweltbewegung, Umweltschutz, Wachstum