Das Sondierungspapier ist die Grundlage, auf der mögliche Koalitionsgespräche für eine Fortsetzung des R2G-Senates in Berlin stattfinden. Das Papier ist wenig bekannt und wird vom LINKE-Landesvorstand schöngeredet. Doch DIE LINKE wird in dem Papier von Franziska Giffey & Co über den Tisch gezogen. Es droht ein »Rollback« nicht durch die Ampel-Koalition, sondern durch die Mitwirkung der LINKEN. Hier eine Übersicht zu den wichtigsten Punkten
Hier gibt es das Sondierungspapier zum Download
Einer der wichtigsten Punkte in möglichen Koalitionsverhandlungen ist sicherlich die Haltung zum erfolgreichen Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« (DWE). Im Sondierungspapier wurde keine konkrete Umsetzung des Volksentscheides festgehalten (!). Statt das Volksbegehren zu begrüßen und klipp und klar Schritte zu seiner Umsetzung zu verabreden, wird im Papier von »respektieren« und einem »verantwortungsvollem Umgang« gesprochen.
Die SPD will das Volksbegehren nicht
Franziska Giffey hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie das Volksbegehren ablehnt. Sie will die über eine Millionen Stimmen für den Volksentscheid »Deutsche Wohnen & Co. Enteignen« ignorieren und das Volksbegehren ausbremsen. Dementsprechend wage sind die Formulierungen im Sondierungspapier. DIE LINKE hat hier schlecht verhandelt. Ein Hinweis darauf, dass die zukünftige Koalition es nicht ernst meint, zeigen auch weitere Formulierungen.
Verschiebebahnof Expert:innenkommission
Es soll lediglich die Vergesellschaftung ein Jahr durch eine sogenannte Expert:innenkommission »geprüft« werden, die dann eine Empfehlung an den Senat gibt und der Senat wird dann entscheiden, wie er weiter verfährt. Natürlich soll die Initiative daran beteiligt werden. Aber es ist klar, dass diese Expert:innenkommission nur ein Verschiebebahnhof ist, die den Willen der SPD zur Beerdigung des Volksbegehrens durchsetzen soll. Theoretisch kann der Senat das Volksbegehren nach der »Prüfung« einfach aussitzen oder eine neue Kommission einsetzen oder sich etwas anderes einfallen lassen.
Sondierungspapier verletzt Haltelinien
Es ist alles im Sinne der SPD Führung, die dieses Volksbegehren abwürgen möchte. Nichts über die Höhe der Entschädigung, nichts über die Frage der Instandhaltung, nichts über den schon vorliegenden Gesetzesentwurf. Das Sondierungsapier verletzt die Haltelinien der LINKEN und alleine aus diesem Grund muss es abgelehnt werden (Lies hier den marx21-Artikel: Rot-Rot-Grün in Berlin: Politikwechsel statt Weiter so!).
Giffey-Politik gegen die antirassistische Bewegung
Aber auch an vielen anderen Punkten hat das Sondierungsapier tücken. Das Papier ist beinharte Giffey-Politik gegen die antirassistische Bewegung, für die Fortsetzung der Razzien gegen Migrant:innen, gegen BlackLivesMatter, für mehr Polizei und mehr Videoüberwachung statt Bekämpfung der Armut. Der versprochene Untersuchungsausschuss zu Nazi-Netzwerken in den Sicherheitsbehörden und dem rechten Terror in Neukölln fehlt darin nicht zufällig – ebenso wie die Aufhebung des verfassungswidrigen Kopftuchverbots für Lehrerinnen.
Keine gleichen Löhne
Weiter fehlt im Papier jeder Verweis auf gleiche Löhne für die Beschäftigten der Vivantes-Töchter in den Krankenhäusern und das mitten in deren Streik gegen Lohndumping. Die Vivates Beschäftigten sind nicht die einzigen die betroffen sind. In Berlin sind sogennaten ausgelagerten Bereichen Schätzungen zufolge mindestens 200.000 Beschäftigte tätig. Die Auslagerungen haben verheerende Folgen für ihre Löhne und Arbeitsbedingungen. Die Beschäftigten haben sich teilweise mit Streiks dagegen gewehrt aber auf die versprochene Eingliederung in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) warten sie immer noch. Das Sondierungspapier schweigt über diese Problematik.
Leerstelle Klimapolitik
Eine weitere wichtige Leerstelle ist die Klimapolitik. Das Papier schweigt über eine in der Stadtgesellschaft kaum bekannte Maßnahme des R2G-Senats: Die faktische Privatisierung der S-Bahn durch deren Ausschreibung, die vor allem von den Grünen, aber auch der SPD forciert wurde. Nichts zur Kritik daran. Nichts zu den Gefahren. Nichts zu den Sorgen und Nöten der Beschäftigten, die sich zusammen mit anderen im Bündnis »Eine S-Bahn für Alle« gegen die drohende Zerschlagung der S-Bahn wehren. Ebenso kein Wort zu weiteren Vergünstigungen im ÖPNV. Ansonsten ein wages Bekenntnis zum ÖPNV-Ausbau, aber keine Priorisierung der Straßenbahn gegenüber der U-Bahn. Es ist ein Papier gegen das Klima, weil die Ausschreibung der S-Bahn fortgesetzt wird und keine Fahrpreissenkung vorgesehen sind. Ebenso keine klare Absage an eine City-Maut.
Schlimmer als die Ampel, wäre ein Verrat der LINKEN
Die Liste könnte fortgesetzt werden. Klar ist: Nicht eine Ampel ist das größte Problem, sondern wenn DIE LINKE ihre Seele verkauft und Giffeys Rollback-Politik mitträgt. Das droht mit diesem Sondierungspapier. Wenn DIE LINKE nicht über den Tisch gezogen werden will, muss sie das Sondierungspapier ablehnen. Denn in den Koalitionsverhandlungen wird nicht das korrigiert werden, was Giffey, Geisel und Co nicht zugelassen haben. Diese Illusionen sollten wir nicht haben und auch nicht verbreiten. Giffey droht dann wieder mit der Ampel und die LINKE macht noch mehr Zugeständnisse statt zu sagen: Schlimmer als eine Ampel ist ein Verrat der LINKEN. Mach doch deine CDU-Politik mit wem Du willst!
Schuldenbremse und Kürzungspolitik droht
Es geht bei Verhandlungen nicht um die besseren Argumente, sonst wäre das Ergebnis nicht so schrecklich. Dazu kommt, dass der Senat 2 Milliarden weniger ausgeben muss, so sieht es der Haushalt vor. Die Schuldenbremse im Bund bleibt. Die Erfahrungen der LINKEN in den vergangenen Jahren zeigen: Die derzeitigen Rahmenbedingungen im Kapitalismus und im bürgerlichen Staat allgemein und die Finanzen in Bund, Ländern und Kommunen, aber auch die Rechtswende von SPD und Grünen setzen der Umsetzung linker Politik äußerst enge Grenzen. Die Schuldenbremse ist dabei nicht das einzige Problem für eine linke Regierung auf Landesebene: Die Bundesregierung schafft für die Landesregierung einen falschen politischen Rahmen – ob in Bezug auf Mieten, Steuerpolitik, Abschiebegesetze oder Hartz IV. Die LINKE wird mit der Regierungsbeteiligung mitverantwortlich für politische Felder, die eigentlich die Bundesregierung verantwortet.
Es droht die Unterwerfung der LINKEN
Nach den Koalitionsverhandlungen gibt es keine Option mehr für die Delegierten, die Koalitionsverhandlungen abzubrechen. Es gibt keinen Parteitag mehr – anders als bei den Grünen. Nur noch der Landesvorstand entscheidet. Der hat auf seiner Sitzung in der Mehrheit die Gefahr für die Partei ignoriert, die in einer Koalition mit Giffey liegt. Erinnert sich noch jemand an den Scherbenhaufen von 2011? Nach 10 Jahren Rot-Rot war die Partei am Ende: Die Wählerschaft halbiert und die Mitgliedschaft frustriert und demotiviert. Genau das droht wieder. Das die Führung der LINKE in Berlin das Sondierungspapier schönredet war klar. Sie möchten regieren – komme was wolle. Es gibt keinen Plan B. Das Schlimme: Der Landesvorstand empfiehlt der Partei die Unterwerfung. Es wird keinen weiteren Parteitag geben (!).
Es gibt Alternativen
Es gibt Alternativen zu dieser Politik der Unterwerfung. DIE LINKE braucht keine Angst vor der Opposition zu haben. Das gilt besonders für den Volksentscheid. DWE stirbt nicht, wenn DIE LINKE nicht koalieren will. DWE würde sterben, wenn es keine Bewegung auf der Straße mehr gibt. Die SPD hat die Führung in der Koalition und Franziska Giffey wird ihr bestes tun, um den Volksentscheid im Sand verlaufen zu lassen oder ihn als verfassungswidrig anzuzweifeln. In der Koalition ist DIE LINKE dem Koalitionsfrieden unterworfen. Vor allem in der Opposition wäre sie in der Lage, gemeinsam mit Gewerkschaften und den Mieterinitiativen Druck aufzubauen, glaubwürdig zu bleiben und für die Umsetzung des Volksbegehrens zu kämpfen (Lies hier den marx21-Artikel: Raus aus der Regierungsfalle).
Schlagwörter: DIE LINKE Berlin, Inland, Regierungsbeteiligung