Klaus Gietinger: »Kapp-Putsch. 1920, Abwehrkämpfe, Rote Ruhrarmee«

Bücher / Geschichte / 12/07/2020

Im Frühjahr 1920 versuchten reaktionäre Militärs, Bürokraten und Industrielle, die Errungenschaften der Novemberrevolution von 1918/19 rückgängig zu machen. Der Historiker Klaus Gietinger liefert bislang kaum bekannte Fakten und Hintergründe über den Kapp-Putsch. Von Arthur Radoschewski

Zum einhundertsten Jahrestag vom Kapp-Putsch rollt der Historiker Klaus Gietinger die Geschichte des Umsturzversuchs neu auf. Mit beeindrucken Beispielen beleuchtet er den Ablauf des Putsches und den Kampf dagegen sowie den anschließenden mörderischen Terror.

Kapp-Putsch: Hakenkreuz am Helm

Im Frühjahr 1920 zeigt sich in Deutschland eine finstere Vision der Zukunft – die Stiefel von Soldaten mit Hakenkreuz am Helm klacken auf Berliner Straßen und Generäle rufen zum Kampf gegen den »Bolschewismus« auf. Doch der Versuch der Konterrevolution schlägt fehl, nach fünf Tagen müssen sich die Putschisten zurückziehen. Allerdings bedeutet das für viele nicht das Ende des Albtraums.

Gietinger beschreibt in seinem Buch ausführlich die Putschisten, ihre Beweggründe und ihre reaktionären Netzwerke, auch ihre Verbindungen mit der Wirtschaft und Politikern der »demokratischen« Parteien. Der Putsch an sich und der Widerstand werden mit bemerkenswerter Genauigkeit beschrieben – nicht nur in den Regionen Thüringens, Sachsens und der Ruhr, die im Zentrum der Ereignisse standen, sondern auch in Niederdeutschland, Mecklenburg und den Berliner Randbezirken.

Vorspiel der Tragödie von 1933

Viele Beispiele und Berichte sorgen für eine mitreißende Leseerfahrung, die einem den Heldenmut des Widerstands und die Brutalität des konterrevolutionären Terrors vor Augen führt. Auch der Abschluss, welcher die Flucht der Putschisten und die Niederschlagung der Roten Ruhrarmee beschreibt, zeigt, dass die demokratisch-kapitalistischen Parteien aus dem Putschversuch kaum etwas gelernt hatten – und damit die Tragödie von 1933 vorbereiteten. Abgesehen von dem einen oder anderen Seitenhieb gegen den Leninismus kann ich dieses Buch voll und ganz empfehlen.