Am 17.12. hat eine Sitzung des Parteivorstandes stattgefunden. Kurz davor, gab es das »Leipziger Treffen« von Parteivorstand, Landesvorsitzenden sowie den Fraktionsvorsitzenden. Was war denn das Thema beim Parteivorstand? Marx21 sprach mit Christine Buchholz, Mitglied im Parteivorstand
Christine Buchholz: Das Leipziger Treffen wurde beim Parteivorstand nachbereitet. Die meisten lobten das Treffen und seine Erklärung als ein »Zeichen der Gemeinsamkeit« und konstatierten ein großes Bedürfnis an gemeinsame Austauch und »strategischer und programmatischer Weiterentwicklung.«
Es gab den Vorschlag so ein Treffen zu wiederholen.
Ich konnte aus familiären Gründen nicht in Leipzig sein, Finde aber zwei Dinge wichtig: Man soll sich bei aller Symbolik der Geschlossenheit nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin tiefgreifende Differenzen gibt. Einige relevante kritische Positionen waren auf dem Treffen nicht repräsentiert. Andere fühlten sich nicht ermutigt, strittige Fragen anzusprechen. Es wurde vorgeschlagen, solche Spitzentreffen öfter durchzuführen. Allerdings finde ich, man solche Treffen nicht institutionalisieren, weil man sonst Gefahr läuft, die demokratischen Gremien der Partei entwertet. Das ist ein politisches Problem, denn Fraktionen und Regierungen bekommen in einem solchen Format ein stärkeres Gewicht als es richtig wäre.
Die Gaspreise- und Strompreise und der Krieg in der Ukraine spielt eine starke Rolle in der Öffentlichkeit, das war doch sicher Thema?
Ja, wir haben über den Gaspreisdeckel der Bundesregierung gesprochen. Und wir haben rausgearbeitet, dass er sozial ungerecht und unökologisch ist, sowie Milliarden Subventionen an die Industrie beinhaltet, ohne nennenswerte Gegenleistung. Die Kritik der LINKEN ist klar: Der Gaspreisdeckel reicht nicht aus, um die Inflation wirksam zu bremsen. Hier findet man die Forderungen der LINKEN.
Es wurde weiter diskutiert, wie man die Kampagne für Entlastung weiterführt. Da gibt es noch viele Fragezeichen und keine Beschlüsse.
Zum Krieg in der Ukraine gab es eine Vorlage, die von Janine Wissler, Martin Schirdewan und Wulf Gallert eingebracht wurde. Dabei ging es ihnen im Kern um eine Verhandlungsinitiative von der UN unter der Hinzuziehung von China und der EU.
Und ja, natürlich wäre es gut, wenn es Verhandlungen gäbe, aber ich denke nicht, dass wir ihnen durch solche Beschlüsse der LINKEN näher kommen.
Der Beschluss kritisiert nämlich nicht, dass US-Regierung, EU und Nato auf den russischen Überfall mit einer Reihe von Eskalationsmaßnahmen reagiert haben und reagieren. Wirtschaftssanktionen, Waffenlieferungen, Militärausbilder – das alles hat Putin nicht davon abgehalten weitere Schritt der Eskalation zu gehen. Auch wird verschwiegen, dass die Regierung Selensky – in enger Kooperation mit und bestärkt durch die westlichen Bündnispartner – nicht verhandeln will, solange sie militärische Erfolge hat. Den Krieg militärisch zu entscheiden heißt, eine unabsehbare Verlängerung des Krieges und damit verbunden noch mehr Leid und Tod in Kauf zu nehmen.
Dementsprechend hätte ich es wichtig gefunden, die militärischen Rückeroberungspläne zu kritiseren. Leider wurden meine Änderungsanträge, die eine Kritik des Agieren des Westens beinhalteten, abgelehnt.
Konntest du dich denn mit anderen Punkten durchsetzen?
Ja, die Forderung nach einem Stopp von Waffenlieferungen wurde aufgenommmen, ebenso wie ein Absatz gegen die massive Aufrüstung der Bundeswehr und der Forderung nach offenen Grenzen für Oppositionelle und Deserteure. Es ist eine Schande, dass viele linke Oppositionelle, genauso wie Männer, die sich der Generalmobilmachung entziehen wollen, an den europäischen Grenzen abgewiesen werden.
Mein Problem ist nur: Diese Positionen gegen Waffenlieferungen und Aufrüstung sind seit Monaten Beschlusslage, aber wir kommunizieren sie nicht offensiv. Damit das passiert, braucht es Druck aus der Partei. Dass es in der Partei eine große Unzufriedenheit gibt, ist meines Erachtens nicht zu übersehen.
(Lies hier den marx21-Artikel: »Krieg in der Ukraine: Frieden mit deutschen Granaten?«)
Die Religionskommission hat ihren Bericht vorgestellt…
… ja, das war ein spannender Punkt. Nach mehreren sehr konfrontativen Debatten hat der Parteivorstand 2017 eine Kommission eingesetzt, in der verschiedene Genoss:innen mit christlichen, jüdischen, muslimischen, laizistischen und anderen säkularen Weltanschauungen vertreten waren. Diese Kommission hat ausgehen von der Religionsfreiheit als Menschenrecht, Positionen für eine linke Religionspolitik entwickelt.
Der Bericht versteht linke Religionspolitik als »Vielfaltpolitik in einer Klassengesellschaft« und macht konkrete Vorschläge, wie sich DIE LINKE positionieren soll. So geht es darum, für gleiche Rechte von Minderheitenreligionen und Weltanschauungen und gegen Diskriminierung einzutreten. Zum anderen geht es darum, unter Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften Bündnispartner:innen für Kämpfe um Gerechtigkeit, Frieden und Klimagerechtigkeit zu finden.
Es gab eine sehr interessierte Diskussion. Der PV stellt Anfang nächsten Jahres den Gliederungen der Partei den Bericht zur Verfügung und organisiert eine Debatte. Die Religionskommission wird beauftragt eine Beschlussvorlage vorzubereiten, die in den nächsten zwei Jahren auf einem Parteitag beschlossen werden soll.
Was nimmst du aus der Sitzung mit in die Weihnachtspause?
Es gab einen motivierenden Bericht des SDS zu ihrem »System-Change-Kongress« und einen interessanten Beitrag der BAG Senior:innen. Das hat mir beides gezeigt, dass es an verschiedenen Orten aktive Genoss:innen gibt, die um die Partei kämpfen.
Damit die Partei wieder auf die Füße kommt, brauchen wir zweierlei: Nächste Schritte im Kampf gegen die Teuerung und damit verbunden eine offensivere Haltung gegen den Krieg.
Titelbild: Fraktion DIE LINKE.
Schlagwörter: DIE LINKE, Krieg