In Südafrika wehrten sich vor einigen Jahren Studierende erfolgreich gegen eine Erhöhung der Studiengebühren. Davon erzählt der Film »Everything must fall«. Von Phil Butland
Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Apartheid in Südafrika entwickelte sich in den Jahren 2015 und 2016 eine Massenbewegung von Studierenden, weil die Regierung plante, die Studiengebühren massiv zu erhöhen. Fast alle elf großen Universitäten des Landes mussten damals den Lehrbetrieb einstellen, nachdem Studierende Veranstaltungen sprengten, Gebäude anzündeten und sich teilweise blutige Auseinandersetzungen mit der Polizei und privaten Sicherheitskräften lieferten. Zehntausende protestierten damals unter der Parole #FeesMustFall (Gebühren müssen fallen) für ihr Recht auf Bildung.
Aber nicht nur Studierende waren von den Angriffen der Regierung im Bildungsbereich betroffen. Weil Jobs outgesourct wurden, haben Arbeiterinnen und Arbeiter an den Universitäten die Hälfte ihres Lohns und ihre Krankenversicherung verloren. All dies geschah unter einer ANC-Regierung, die nach ihrem Amtsantritt kostenlose Bildung für alle versprochen hatte. Die Metallarbeitergewerkschaft NUMSA und der Alternative Gewerkschaftsbund SAFTU solidarisierten sich mit den Studierenden.
Bewegung in Südafrika
Der neue Dokumentarfilm »Everything must Fall« von Rehad Desais ist eine Chronik dieser Bewegung. Der letzte Film des Regisseurs »Miners Shot Down« war dem Massaker von Marikana gewidmet, bei dem die Polizei streikende Bergarbeiter erschossen hat. Nun zeigt Desai aufs Neue den Verrat der ANC-Regierung, die im Jahr 1994 mit so viel Hoffnung gewählt worden war.
Durch Interviews mit Aktivistinnen und Aktivisten wird die Geschichte einer Massenbewegung erzählt. Die sprechenden Köpfe werden von Medienberichten über Demonstrationen sowie Tweets von Aktivistinnen vor Ort begleitet. Von einem aber hören wir nichts: Der ANC-Bildungsminister Blade Nzimande wollte sich nicht interviewen lassen. Als die Polizei in eine Demonstration der Studierenden geschossen hatte, ließ Nzimande verlauten, die Bewegung bestünde »nur aus Linksradikalen und Trotzkisten«.
Erinnert an den Arabischen Frühling
Die »Fees Must Fall«-Kampagne zeigt, dass Proteste gewinnen können. Die südafrikanische Regierung sah sich gezwungen, mehr Geld für Bildung auszugeben und verpflichtete sich, kostenlose Hochschulbildung für Studierende aus einkommensschwächeren Familien sicherzustellen.
Dennoch verhinderte die Repression der Regierung, dass die Bewegung alle ihre Ziele erreichte. Eine Ausgangssperre wurde verhängt und mehr als 800 Studierende wurden verhaftet.
In einer Rezension des Films schrieb der südafrikanische Sozialist Terry Bell: »In vielerlei Hinsicht erinnert der Aufstand an den arabischen Frühling in Ägypten. Diese jüngste Aufzeichnung eines wichtigen Aspekts unserer jüngeren Geschichte eröffnet viele wichtige Debatten über die Zukunft, nicht nur an Universitäten«. »Everything Must Fall« zeigt, wie sich verschiedene Kampagnen in der Praxis im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind vereinen können. Aber der Film scheut sich nicht, die Probleme aufzuzeigen, mit denen die Bewegung konfrontiert ist und die ohne strategische Diskussion und politische Führung nicht überwunden werden können.
Lernen von Südafrika
Es ist klar, dass viele der im Film dargestellten Erfahrungen – sowohl gute als auch schlechte – für Kämpfe an anderen Orten von großer Bedeutung sind. Dies ist ein Film, der es verdient, gesehen zu werden, aber noch wichtiger ist, dass wir über den Film diskutieren. Es gibt viel, das wir von dem mutigen Kampf der Studierenden und der Arbeiterinnen und Arbeiter aus Südafrika lernen können.
Der Film:
Everything Must Fall
Regie: Rehad Desai
Südafrika, Niederlande, Belgien 2018
85 Minuten
(Foto: Uhuru Productions)
Schlagwörter: Südafrika