Dass ein reaktionärer Milliardär wie Donald Trump Präsident des mächtigsten Landes der Welt wird, hat viele fortschrittlich denkende Menschen erschreckt. Doch auch bürgerliche Kräfte greifen Trump an. Thomas Walter erläutert einige Probleme der Herrschenden mit Trump.
Die Aktienmärkte haben bislang nicht unfreundlich auf die Präsidentschaft von Donald Trump reagiert. Sogar die Zinssätze der Finanzmärkte scheinen aus dem Nullbereich wieder nach oben zu kommen. Doch viele »ideelle Gesamtkapitalisten« (Friedrich Engels), die für das Ganze des Kapitalismus zu planen versuchen, sind besorgt über Trumps Wahlsieg, wenn auch aus anderen Gründen als die Linken: Trump droht mit Protektionismus. Er will offen in die Märkte eingreifen, US-Exporte steuerlich fördern und US-Importe mit Zöllen belasten. Konzerne sollen in den USA und nicht in Mexiko oder China produzieren. Ingo Kramer, Präsident der deutschen Arbeitgeberverbände, kommentiert: »Das wäre der Untergang!«
Trumps Politik ist nicht neu
Dabei ist Trumps harte Gangart gar nicht so neu. Schon vor Trump wurden ausländische Konzerne in den USA zu Steuernach- und Strafzahlungen verdonnert. Schon unter Obama ist VW-Chef Müller aus Angst vor einer Verhaftung nicht in die USA geflogen. Auch dem damaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer und seinem Vorstandskollegen Uriel Sharef drohte wegen Korruption die Verhaftung.
Wirtschaftskrieg zwischen EU und USA?
In den Verhandlungen zum transatlantischen Handelsabkommen TTIP traten die Differenzen zwischen den Wirtschaftsblöcken offen zu Tage, das Handelsblatt sprach sogar von einem »Wirtschaftskrieg zwischen EU und USA«. Das Abkommen konnte nicht wie von deutscher Seite erhofft, noch rechtzeitig unter Obama abgeschlossen werden. Die USA wollten unter anderem auf die Bevorzugung von einheimischen Produzenten durch die US-Bundesstaaten nicht verzichten.
Im Gegenzug hatte die Europäische Union Steuern des US-Konzerns Apple eingefordert und will US-Steueroasen unter die Lupe nehmen. Deutschland sperrt sich auch gegen eine von den USA vorgeschlagene Bankenregulierung, die deutsche Banken benachteiligen würde. Nach Diskussionen »auf allen politischen Ebenen«, wie die FAZ meldet, konnte eine Strafe für die Deutsche Bank von ursprünglich 14 Milliarden Dollar auf die Hälfte abgesenkt werden.
Warum die Konflikte schärfer werden
Das zeigt, nicht erst mit Trump wurden die Konflikte schärfer. Das hat einen Grund: Die Profitabilität schwächelt. Der marxistische US-Ökonom Anwar Shaikh meint, dass in den USA die Profitrate (Profite im Verhältnis zum Kapitaleinsatz) seit dem zweiten Weltkrieg fällt und seit den 80er Jahren nur deshalb stabilisiert werden konnte, weil der Neoliberalismus Löhne und soziale Leistungen drückte. Der britische Marxist Michael Roberts stellt fest (wie die Deutsche Bank), dass seit der letzten großen Krise, die 2007 in den USA ausbrach, sich das Wachstum der Weltwirtschaft nochmals abgeschwächt hat.
Das deutsch-amerikanische Verhältnis
Die USA stellen militärisch eine kapitalistische Weltordnung sicher, von der auch das deutsche Kapital profitiert. Deshalb und wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung ist der deutschen Politik an einem guten Verhältnis zu den USA sehr gelegen – egal unter welcher Administration. Doch es muss sich eben für beide rechnen. Die US-Politik ist darüber besorgt, dass das Ausland inzwischen über ein US-Vermögen in Höhe von 40 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) verfügt. Die USA haben jahrelang mehr im- als exportiert. Sie mussten also einen Teil ihrer Importe mit Vermögenswerten und Schulden bezahlen. Deutschland hat dagegen durch seine Exportüberschüsse, derzeit 8 Prozent des BIP, ein beträchtliches Auslandsvermögen angehäuft: Inzwischen 50 Prozent des BIP.
Deutschland ist deswegen seit April 2016 auf einer Beobachtungsliste des US-Finanzministeriums. US-Politiker fordern, wie manche Linke, dass Deutschland über Staatsverschuldung seine Wirtschaft und damit auch die Weltwirtschaft ankurbelt. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beharrt auf einer schwarzen Null, also einem ausgeglichenen Staatshaushalt. Die USA hingegen weisen eine staatliche Neuverschuldung in Höhe von 4 Prozent des BIP auf und einen staatlichen Schuldenstand von 110 Prozent des BIP (Deutschland nur gut 60 Prozent).
Druck der USA
Deutschland versuchte dem Druck der immer noch sehr mächtigen USA zu begegnen. Sanktionen beispielsweise gegen Iran oder Russland, eigentlich wichtige Handelspartner der Bundesrepublik, wurden weitestgehend mitgetragen. Militärische Abenteuer der USA wurden nicht kritisiert und oft finanziell oder sogar militärisch unterstützt. Unlängst wurde nach Einspruch der USA chinesischem Kapital untersagt, einen deutschen Chip-Hersteller zu kaufen. Deutschland konnte sich auch hinter China und Mexiko verstecken. Diese sind im Welthandel viel stärker mit den USA verflochten. Doch trifft Protektionismus gegen China oder Mexiko indirekt auch deutsche Konzerne, die dort Werke haben.
Widersprüche
Weltwirtschaftliche Konkurrenz ist widersprüchlich. Wer billig exportieren will, muss billig importieren und braucht ausreichend Arbeitskräfte. Das spricht gegen Protektionismus und Aussperrung von Migranten. Unlängst wies der Deutsche Gewerkschaftsbund darauf hin, dass auch die US-Industrie immer mehr von Zulieferung aus dem Ausland abhängt. Deutsche Maschinenbauer hoffen auf die Wirkung der Qualität ihrer Produkte. Doch zeitweise drohten die USA den Maschinenbau aus TTIP herauszuhalten. Der US-Konzern Tesla hat jetzt einen Großauftrag an den deutschen Maschinenbauer SWH gekündigt. Hat Trump da getwittert? Noch ist offen, welche Interessen sich wie stark letztlich in den USA durchsetzen werden.
Legitimitätskrise des Kapitalismus
Aus linker Sicht vertieft dieses Gerangel die Legitimitätskrise des Kapitalismus. Wenn mächtige Politiker den Markt machtpolitisch manipulieren wollen, können Märkte nicht mehr als naturgegebene Sachzwänge verkauft werden. Wenn Mainstream-Ökonomen dem US-Präsidenten Trump vorwerfen den »freien Markt zu verraten«, die Märkte selbst aber Trump hinterherlaufen, kann den Finanzmärkten nicht mehr, wie einst vom Deutsche-Bank-Chef Rolf-E. Breuer, eine »wichtige Wächterrolle« angedichtet werden.
Die Linke muss den Konkurrenzkämpfen der Kapitalisten und den Parteien, die sie vertreten, den Internationalismus der Arbeiterklasse entgegensetzen. Die weltweiten Massendemonstrationen gegen Trump oder jene gegen TTIP sind erste Ansatzpunkte solcher solidarischen Bewegungen. Im Blick bleiben muss, dass auch Deutschland in- und außerhalb Europas aggressiv seine Profitinteressen verfolgt. Deshalb kann die Linke natürlich nicht an die »westlichen Werte« anknüpfen, nicht an Merkel, die »offene Grenzen« oder »Freiheit« oder »Europa« einfordert, um so die eigenen Profitinteressen zu verschleiern.
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Schlagwörter: Bundesrepublik Deutschland, Deutschland, Donald Trump, Kapitalismus, marx21, Profitrate, Protektionismus, TTIP, USA