Folter wurde im Krieg gegen den Terror legitimiert. Der Westen nutzte barbarische Maßnahmen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Worüber Kriegsbefürworter:innen gerne schweigen. Von Simon Basketter
Am Abend nach dem 11. September 2001 sagte der damalige US-Präsident George Bush zu Richard Clark, dem damaligen Chef der US-Terrorismusbekämpfung: »Alles steht zur Verfügung, um diesen Krieg zu führen. Alle Hindernisse, die Ihnen im Weg stehen, sind beseitigt. Es ist mir egal, was die internationalen Anwälte sagen, wir werden den Leuten in den Hintern treten«. Sechs Tage später, am 17. September, unterzeichnete Bush eine Direktive, die der CIA die Befugnis gab, Festgesetzte heimlich zu inhaftieren. Sie wurden nicht ohne Grund Festgesetzte genannt (Lies hier den marx21-Artikel: »Wem nützt der »Krieg gegen den Terror«?«).
Plötzliche Rechtmäßigkeit von Folter
Während der 11. September als Kriegshandlung bezeichnet wurde, waren die USA entschlossen, sich nicht an die internationalen Regeln für die Behandlung von Kriegsgefangenen zu halten. Spitzenjurist:innen der CIA erwogen die Rechtmäßigkeit von Folter und schrieben, dass »das israelische Beispiel« als »eine mögliche Grundlage für die Behauptung dienen könnte, dass Folter notwendig sei, um drohenden, erheblichen körperlichen Schaden von Personen abzuwenden.« Die ersten Gefangenen, die in Afghanistan gemacht wurden, waren unschuldig und wurden gegen Kopfgeld an die CIA verkauft. In den ersten fünf Jahren der Besatzung wurden rund 83.000 Menschen von den US-Streitkräften inhaftiert – 93 Prozent von ihnen waren von lokalen Milizionären gefangen genommen und gegen US-Kopfgeldzahlungen ausgetauscht.
Als sich der Krieg auf den Irak ausweitete, wurden weitere 100.000 Menschen inhaftiert. Sie wurden geschlagen, mit Elektroschocks und extremer Kälte traktiert, an den Armen von der Decke aufgehängt, sexuell gedemütigt, mit Kapuzen verhüllt, mit Schlafentzug gequält, mit weißem Lärm bombardiert und in Wassereimern ertränkt. Im Jahr 2002 wurde das Folterprogramm besser organisiert und ein »erweitertes Verhörprogramm« verabschiedet. Grundlage hier für waren die Zwangsmethoden der US-Air-Force-Psychologen John Bruce Jessen und James Elmer Mitchell. In der Reihenfolge bestanden die zehn Methoden daraus,
- den Häftling plötzlich am Kragen zu packen;
- ihn gegen eine flexible Wand zu schleudern;
- sein Gesicht mit beiden Händen festzuhalten;
- ihm mit flacher Hand ins Gesicht zu schlagen;
- ihn auf beengtem Raum einzusperren;
- an seinem Körper Insekten zu platzieren;
- ihn dauerhaft vor einer Wand stehen zu lassen;
- ihn in Stresspositionen verharren zu lassen;
- ihm den Schlaf zu entziehen und
- ihn per Waterboarding zu verhören.
Der Fall Khaled el-Masri
Khaled el-Masri, ein Autoverkäufer, wurde fälschlicherweise für einen Al-Qaida-Verdächtigen mit einem ähnlichen Namen gehalten. Er wurde an der Grenze verhaftet, als er mit dem Bus von Serbien nach Mazedonien fuhr. Die CIA zog ihn nackt aus, fesselte ihn und setzte ihn in eine Boeing 737. Die 737 flog nach Bagdad und dann weiter zum Salt Pit Gefängnis außerhalb der afghanischen Hauptstadt Kabul. Masri wurde an den Boden des Flugzeugs gekettet und bekam Beruhigungsmittel injiziert. Nach vier Monaten Folter wurde er freigelassen.
17 Tage lang hängen gelassen
Der US-Flugbesatzung erging es besser. Nachdem die 737 Masri in das afghanische Gefängnis gebracht hatte, flog sie auf die Ferieninsel Mallorca, wo die Besatzungsmitglieder zwei Nächte in einem Luxushotel verbrachten. Die Salt Pit (Salzgrube) war eine verlassene Ziegelfabrik. CIA-Mitarbeiter liefen mit Stirnlampen durch dunkle Korridore, um mit ihrem Lichtstrahl die Körper der Gefangenen abzutasten, die mit Handschellen an den Gitterstäben über ihren Köpfen gefesselt waren. Die meisten Gefangenen verbrachten 22 Stunden am Tag auf diese Weise. Einer wurde 17 Tage lang hängen gelassen.
Drehkreuz für Folter
Gul Rahman starb im November 2002, von der Taille abwärts nackt und an Händen und Füßen an einen Betonboden gekettet. Er erfror zu Tode. Der Beamte, der die Hinrichtung angeordnet hatte, erhielt eine Geldprämie von 1.800 Euro für seine »durchweg hervorragende Arbeit«. Gul wurde später als Fall einer Verwechslung registriert. Das Gefängnis wurde auf den Luftwaffenstützpunkt Bagram verlegt. Dieser wurde zum Drehkreuz eines riesigen Netzes von Folterstätten. Mindestens 50 Gefängnisse wurden in 28 Ländern für die Inhaftierung von Gefangenen genutzt, zusätzlich zu mindestens 25 weiteren Gefängnissen in Afghanistan und 20 im Irak. Außerdem setzten die USA 17 Schiffe als schwimmende Gefängnisse ein, um Menschen festzuhalten und zu foltern. Zwischen 2001 und 2006 fanden 1.622 Überstellungsflüge zu Folterzwecken von und nach Großbritannien statt.
Die Auslagerung eines Teils der Folterungen war für Großbritannien und die USA nützlich. So konnten die Politiker:innen leugnen, dass sie die Folter beaufsichtigten. Wie in den USA haben britische Minister die Folter nicht nur genehmigt, sondern sie sogar gefördert. Tausende litten unter diesem System. Britische Soldaten töteten 2003 im Irak Baha Mousa. Er wurde zum Verhör tagelang in einer Stressposition festgehalten, bekam keinen Schlaf, wurde abwechselnd mit Urin und kaltem Wasser übergossen und wiederholt geschlagen. Wie die Bilder von der Brutalität der US-Soldaten gegenüber den 8.000 Menschen im irakischen Gefängnis Abu Ghraib zeigen, war die Folter auf allen Ebenen ein zentraler Bestandteil des Krieges gegen den Terror.
Die Folterprogramme beflügelte den Widerstand
Die Überstellungen und Folterungen waren untrennbarer Bestandteil der imperialistischen Besatzung. Die Soldat:innen vor Ort nahmen gewöhnlich die ersten Verhaftungen vor. Dann wurden in einem grausamen Filtersystem diejenigen, von denen man annahm, dass sie etwas wüssten, nach oben weitergereicht. Als Mittel zur Informationsbeschaffung war dies sinnlos. Aber es diente dazu, die besetzte Bevölkerung einzuschüchtern. Doch die Folterprogramme beflügelte auch den Widerstand und die weltweite Opposition gegen den Krieg gegen den Terror.
Zum Text: Dieser Artikel erschien zuerst auf der britischen Website Socialist Worker. Übersetzt aus dem Englischen von Yaak Pabst und David Paenson.
Schlagwörter: Krieg gegen Terror