Mit »Wenn die Hoffnung stirbt, geht’s trotzdem weiter: Geschichten aus dem subversiven Widerstand« hat Jean Peters ein umstrittenes Buch über das »PENG!« Kollektiv geschrieben. Von Lisa Hofmann
Beatrix von Storch und Albrecht Glaser bekommen bei einer internen Programmsitzung der AfD in Kassel von einem Clown Sahnetorten ins Gesicht geworfen. Zuvor hatte die AfD verlautbaren lassen, dass man, um illegale Grenzübertritte durch Geflüchtete verhindern zu können, auch auf sie schießen könne.
Menschen zu Straftaten auffordern
Aktivist:innen bauen in der Hamburger Innenstadt einen Container auf und fordern in bester Schlingensiefscher Manier Menschen dazu auf, eine Straftat zu begehen. Sie sollen ihr Foto und ihren Pass zur Verfügung stellen. Es kann mit dem Bild einer geflüchteten Person gemorpht werden. Das so entstandene Bild ist nicht mehr eindeutig einer Person zuordenbar. In der Regel wird die Person auf dem Foto als die Person erkannt, die vor einem steht. Die Aktivist:innen würden einen neuen Pass mit dem gemorphten Bild drucken lassen. Dieser Pass würde an Geflüchtete weitergeben. Sobald die Geflüchteten nach ihrer Einreise einen Antrag auf Asyl gestellt hätten, würde der Pass verbrannt. Alle Befragten stimmten zu und waren bereit mitzumachen.
Kleinwaffen werden in Kriegsgebiete exportiert
Nachdem herauskam, dass Kleinwaffen von Heckler & Koch verbotenerweise nach Mexiko ausgeführt und dort sowohl im Bürgerkrieg als auch von der Mafia eingesetzt werden, tauchte im Netz eine Homepage auf, die bis auf die URL der von Heckler & Koch zum Verwechseln ähnlich sah. Auf ihr werden Besitzer dieser Kleinwaffen aufgefordert, Fotos von sich und der Seriennummer ihrer Waffe zu machen und dieses Bild mit ihrer Adresse einzuschicken. Für ihre fehlerhafte Waffe erhalten sie Ersatz.
Widerstand zielte auf die Mächtigen
Dies alles sind Aktionen, die das anarchistische Kunstkollektiv »PENG!« durchführte. Die Aktionen von »PENG!« zielten auf die Mächtigen, mit denen sich nicht viele anlegen wollten, Rüstungsfirmen, Geheimdienste und Erdölfirmen. Bei ihren Aktionen ging es den Künstler:innen darum, auf Missstände aufmerksam zu machen und den jeweiligen Medienspin zu drehen. Um die Debatte für ein Kleinwaffenexportverbot zu entfachen, erfand »PENG!« einen CDU-Ortsverein samt Vorsitzender. Mit der fiktiven Ortsverband-Vorsitzenden produzierten sie ein Video, in dem diese sagte, dass sie den Export von Kleinwaffen nicht mit ihrer christlichen Haltung vereinbaren könne und deshalb an Angela Merkel appelliere, den Export von Kleinwaffen zu ächten. Die Kommunikationsguerillastrategie zeigte Wirkung, das Video wurde in der Presse aufgegriffen und innerhalb der CDU entstanden Gruppen, die ebenfalls ein Exportverbot für Kleinwaffen angebracht fanden.
Im Maschinenraum der Kommunikationsguerrilla
Jean Peters, selbst jahrelang aktiv bei »PENG!«, beschreibt in seinen »Geschichten aus dem subversiven Widerstand« sehr unterhaltsam die verschiedenen Aktionen und Kampagnen, an denen er beteiligt war. Er berichtet allerdings nicht nur vom eigenen Polittheater, sondern lässt die Leser:innen hinter die Kulissen in den Maschinenraum blicken. Er erklärt, wie einzelne Aktionen möglich wurden, und was ihn und seine Mitstreiter:innen dazu bewogen hat, dieses Thema und diese Aktionsform zu wählen. Das liest sich alles unterhaltsam, und es ist auch spannend zu sehen, was man alles mit einer guten Planung, sicherem Auftreten und einer ordentlichen Portion Dreistigkeit erreichen kann. Allerdings ist Jean Peters Buch hochumstritten. Nach Veröffentlichung löste sich das »PENG!«-Kollektiv auf. Dies geschah vor allem, weil Jean Peters gegen zwei Grundsätze des Kollektivs verstoßen hatte. Er veröffentlichte das Buch alleine und nicht als Kollektiv und er veröffentlichte es unter seinem Klarnamen. Üblicherweise trat »PENG!« nur als Kollektiv und mit Künstlernamen auf.
Das Buch
Jean Peters
Wenn die Hoffnung stirbt, geht’s trotzdem weiter: Geschichten aus dem subversiven Widerstand
Fischer Verlag
Frankfurt am Main
2021
256 Seiten
21 Euro (Gebundene Ausgabe)
Schlagwörter: Buchrezension, Rezension, Widerstand