Die Känguru-Chroniken gibt es nun als Film. Dieser ist zwar ganz witzig, aber seine Special Moves kann das Känguru dabei nicht wirklich ausspielen. Von Phil Butland
Das Känguru, dass seinen Mitbewohner Marc-Uwe als »Kleinkünstler« tituliert, ist wahrscheinlich der beliebteste Kommunist Deutschlands. Dank Hörbüchern und Kartenspielen sind die ursprünglich in Berliner Radiosendungen und Lesebühnen beheimateten Geschichten inzwischen im ganzen Land bekannt. Nun hat Marc-Uwe das Känguru ins Kino gebracht – ein Move, dessentwegen es ihm ursprünglich die Freundschaft kündigen wollte …
Die Känguru-Chroniken – Worum es geht
Die Geschichte der »Die Känguru-Chroniken« geht so: Mark-Uwe (Dimitrij Schaad) und das Känguru geraten in Konflikt mit Jörg Dwigs (Henry Hübchen), dem Immobilienspekulanten und Bonzen der rechtspopulistischen Partei Alternative zur Demokratie (AzD). Jede Ähnlichkeit mit bestehenden politischen Parteien ist natürlich rein zufällig. Dwigs will ein patriotisches Zentrum – den Europaturm – auf dem größten Teil des Görlitzer Parks in Kreuzberg bauen.
Trailer: »Die Känguru-Chroniken«:
Dazu sollen die Häuser von Marc-Uwe und seinen Nachbarn – den türkischen Brüdern Friedrich Wilhelm (Adnan Maral) und Otto von (Tim Seyfi), deren Eltern sich etwas zu sehr um die Integration bemüht hatten, und der schönen Maria (Rosalie Thomass) – zerstört werden. Marc-Uwe ist dabei heimlich in Maria verliebt, steht sich aber bei der Anbahnung eines Dates auf den eigenen Füßen. Dwigs wird von einer Gruppe Nazis unterstützt.
Der Film ist voll von popkulturellen Zitaten
Der Rest der Geschichte ist nicht allzu wichtig. Die Guten können es mit Hilfe eines Soundtracks, der unter anderem den unvermeidlichen David Hasselhoff enthält, mit den Bösen aufnehmen. Dwigs führt regelmäßig Videokonferenzen mit seinen internationalen Geldgebern, zu denen u.a. Doppelgänger von Nigel Farage, Geert Wilders und Marine Le Pen gehören. Neben diesen aktuellen Anspielungen sind »Die Känguru-Chroniken« voll von popkulturellen Zitaten unter anderem aus Pulp Fiction, Täglich grüßt das Murmeltier, Fight Club und natürlich den Filmen mit Bud Spencer und Terence Hill.
Höchstens Kleinkunst?
Am besten ist der Film in solchen Momenten reiner Albernheit. Als ich im Kino war, saß in der Mitte eine Gruppe von Leuten, die von Anfang bis Ende schallend gelacht haben. Das ging mir nicht ganz so. Aber es waren genug gute Gags dabei, dass ich mich durchgehend unterhalten gefühlt habe. Man müsste sehr streng und humorlos sein, um dem Film gar nichts abzugewinnen. Dennoch hat er Schwächen. Es werden zwar die richtigen Themen berührt: Gentrifizierung, Nazis, Rechtspopulismus. Und der Film spielt in einem Kreuzberg, das wahrscheinlich kaum noch existiert, mit seinen Eckkneipen, Tante-Emma-Läden und einer Nachbarschaft, die sich kennt und hilft. Aber wie seine Hauptfigur Marc-Uwe hat der Film keine wirkliche Richtung. Sein Mangel an Ehrgeiz ist bewundernswert, vor allem im Vergleich zu dem gierigen und manipulativen Dwigs, aber ein Teil von Marc-Uwes Lustlosigkeit färbt auf den Film ab.
Das karikaturenhafte Schema von Gut und Böse funktioniert in den Geschichten, aber es trägt keinen Film
Er enthält einige sehr gute Szenen, aber sie funktionieren einzeln besser denn als Teil einer zusammenhängenden Handlung. Einige der Figuren sind stereotyp und mit sehr breiten Pinselstrichen gezeichnet, nicht zuletzt die hirnlosen Nazis, die sich ständig wiederholen. Das karikaturenhafte Schema von Gut und Böse funktioniert in den Geschichten, aber es trägt keinen Film. Dennoch ist er sehenswert, denn einige der Teile sind großartig. Sie fügen sich nur nie richtig zu einem befriedigenden Ganzen zusammen. Das ist schade, ich hätte dem kommunistischen Känguru einen fulminanteren Auftritt gewünscht.
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