In seinem neuen Kriminalroman »Die Durchlässigkeit der Zeit« schickt der Autor Leonardo Padura seinen Detektiv Mario Conde in die Slums von Havanna und entwirft ein bitteres Porträt des heutigen Kuba. Von Thomas Walter
Der Ex-Polizist Mario Conde lebt in Havanna. Er will einem alten Schulfreund helfen. Dessen Geliebter ist einfach mit einer Madonna aus Holz abgehauen, einem Erbstück aus mittelalterlicher Zeit. So beginnt der »Kriminalroman«, der Leonardo Padura aber nur als Aufhänger dient, um kritisch die kubanische Gesellschaft zu schildern (Lies hier ein Interview zum Thema: »Kuba: Vom Sozialismus zur Marktwirtschaft?«).
»Die Durchlässigkeit der Zeit« ist ein Sozialpanorama
Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion versinkt Kuba im Elend. Wer kann, wandert aus. Das Land ist eine Art Weltkapitalismus im Kleinen. Aus dem noch ärmeren Ostkuba fliehen Menschen, die »Palästinenser«, in die Elendsviertel von Havanna. Sie trotzen dort den staatlichen Vertreibungsversuchen. Der offizielle Staatssozialismus ist etwas für korrupte Spitzenbeamte, die mit wenigen Superreichen Geschäfte machen. Die Masse der Menschen gibt sich dem Sex, dem Alkohol und religiösen Riten aller Art hin (Lies hier einen Artikel zum Thema: »Fidel Castro (1926-2016)«).
Der Roman »Die Durchlässigkeit der Zeit« gibt einen faszinierenden Einblick in weniger bekannte historische Ereignisse und das Leben im Karibikstaat
Kuba im Wandel
In den Roman sind historische Szenen eingestreut, die sich um die Madonnenstatue ranken In einer Szene aus dem spanischen Bürgerkrieg wird geschildert, wie Räuber die Lage ausnutzen und sich als »Anarchisten« ausgeben, um die Bevölkerung auszurauben. Die Darstellung des Untergangs des Templerordens erinnert an stalinistische Säuberungen. Allerdings lässt die Darstellung der Frauen zu wünschen übrig, sie erscheinen nur als Liebespartner, Sex-Bomben oder Pflegekräfte. Der Roman gibt insgesamt einen faszinierenden Einblick in weniger bekannte historische Ereignisse und das Leben im heutigen Kuba.
Das Buch
Die Durchlässigkeit der Zeit
Leonardo Padura
Unionsverlag Zürich
440 Seiten
24 Euro
2019
Schlagwörter: Buch, Rezension