Die Politik der G20-Staaten hinterlässt eine Welt in Trümmern. Wenn die Linke dem etwas entgegensetzen möchte, braucht es neue Alternativen. Ein Plädoyer für mehr Antikapitalismus
Kanzlerin Merkel verteidigte das G20-Gipfel-Treffen mit den Worten, es würde »ein geeignetes Forum zur Diskussion und Lösung globaler Probleme« darstellen. Das Gegenteil ist der Fall.
G20 – Ihr System zerstört die Welt
Seit die G20-Gipfel im Jahr 2008 aus dem Kreis der G7-Staaten ins Leben gerufen wurden, hat sich die globale politische Lage weiter verschärft. Kriege und bewaffnete Konflikte wie in Syrien, der Ukraine, in Kurdistan oder im Irak scheinen kein Ende zu nehmen. 1,8 Billionen Euro werden jährlich für Rüstung und Krieg ausgegeben. Weltweit sind es laut UNHCR mehr als 65 Millionen Menschen die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung auf der Flucht sind. Nicht mitgezählt werden dabei jene, die aufgrund ökologischer Krisen, Armut, Ausbeutung und Chancenlosigkeit gezwungen sind, zu migrieren. Doch die Herrschenden aller Länder reagieren mit Mauern und schärferen Asylgesetzen. Auf der Suche nach Sicherheit ertrinken tausende Menschen im Mittelmeer, das zur tödlichsten Grenze der Welt geworden ist.
G20, Rassismus und soziale Ungleichheit
Rassismus und offener Hass nehmen in vielen Ländern der Welt zu – auch in Deutschland, dass inzwischen Geflüchtete sogar in Kriegsgebiete wie Afghanistan abschiebt.
Während die Weltlandwirtschaft in der heutigen Phase ihrer Entwicklung problemlos das Doppelte der Weltbevölkerung ernähren könnte, verhungert alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren, 37.000 Menschen verhungern jeden Tag und fast eine Milliarde sind permanent unterernährt.
Die soziale Spaltung hat dramatische Ausmaße erreicht. Wie aktuelle Berechnungen der NGO Oxfam zeigen, besitzen 62 Individuen derzeit so viel Reichtum, wie die ärmere Hälfte der Menschheit und der Reichtum dieser 62 Superreichen ist seit 2010 um 44 Prozent gewachsen. Diese Spaltung gibt es nicht nur im globalen Maßstab, sie durchzieht alle Gesellschaften, auch die deutsche. Millionen Menschen müssen sich mit Niedriglöhnen durchschlagen, haben keinerlei Aussicht auf eine existenzsichernde Rente, müssen um die wenigen bezahlbaren Wohnungen konkurrieren. Anstatt diese Probleme anzugehen, verschärfen die Herrschenden mit Freihandelsabkommen wie EPA, CETA, TISA oder TTIP die Situation weiter.
Klimakiller G20
Doch selbst wenn ökonomische und geostrategische Krisen von den G20-Staaten in Schach gehalten werden könnten, ist die Zukunft des Planeten selbst in Gefahr. Die aktuelle Klimapolitik, kann die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen nicht aufhalten. Die Umweltzerstörung produziert jährlich immer drastischere Verwüstungen und entwurzelt, ebenso wie die genannten kriegerischen Auseinandersetzungen, ein immer größeres Heer von Geflüchteten, die ihr gesamtes Hab und Gut hinter sich lassen – in der Hoffnung, anderswo eine bessere Zukunft zu finden, die ihnen jedoch meist verwehrt bleibt. Dennoch passte die Bundesregierung ihren Klimaschutzplan den Interessen der Braunkohle-Industrie an. Im Weißen Haus sitzt mit Donald Trump sogar ein Präsident, der den Klimawandel für eine Lüge hält. Laut einer Studie der Organisation Climate Transparency tun die G20 nur einen Bruchteil dessen, was notwendig wäre, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen.
G20 als »Retter der Welt«?
All das zeigt: Die G20-Gipfel sind ein großes Spektakel, bei dem sich die Herrschenden als »Retter der Welt« inszenieren wollen, die drängende Probleme der Welt lösen sie nicht. Im Gegenteil: Ihr System zerstört die Welt. Die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg werden der Welt zeigen, dass auch viele Menschen in Deutschland sich eine ganz andere Politik wünschen.
Aber was ist die Alternative? Im Hintergrund jeder Diskussion um Alternativen steht eine andere, grundsätzliche Frage. Wogegen kämpfen wir? Sind es eine Reihe institutioneller und politischer Veränderungen, die nötig sind, um die dringendsten Probleme in den Griff zu bekommen? Oder ist es ein seit langem bestehendes ökonomisches System?
Karl Marx und Kapitalismus heute
Wir meinen: Wer das System verstehen will, sollte zu Karl Marx zurückkehren. Er erklärte vor 150 Jahren, warum der Kapitalismus immer mehr Reichtum schafft und ihn gleichzeitig immer mehr Menschen vorenthält: »Je mehr der Arbeiter produziert, er um so weniger zu konsumieren hat, dass, je mehr Werte er schafft, er um so wertloser, und so unwürdiger wird. Die Arbeit produziert Wunderwerke für die Reichen, aber sie produziert Entblößung für den Arbeiter. Sie produziert Paläste, aber Höhlen für den Arbeiter. Sie ersetzt die Arbeit durch Maschinen, aber sie wirft einen Teil der Arbeiter zu einer barbarischen Arbeit zurück und macht den anderen Teil zur Maschine.«
Diesen Kapitalismus gibt es heute weltweit. Unter ihm leiden junge Textilarbeiterinnen in Indonesien oder Mittelamerika, die für einen Euro am Tag teure Designerkleidung nähen, die sie niemals tragen können. Oder Menschen in Indien, die ihr Land an die Agrar-Industrie verlieren und ihre gesamte Ernte an sie abgeben müssen, oder Opel-Arbeiter in Bochum, die entlassen werden, weil weltweit »zu viele« Autos hergestellt werden.
Der Grund ist, dass im Kapitalismus nicht für Menschen, sondern für Profit produziert wird. Kapitalisten investieren nicht dort, wo etwas gebraucht wird, sondern dort, wo sie Profit erwarten. Dafür müssen sie Kapital anhäufen. Die Konkurrenz zwingt das Kapital, ausschließlich Profitmaximierung zu betreiben. Deshalb wird der Reichtum nie für die Menschen eingesetzt.
Die G20-Staaten stehen für diesen globalen Kapitalismus. In ihnen ist die Wirtschaftsmacht der Welt konzentriert. Die G20-Staaten sind für 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Welt und 80 Prozent des Welthandels verantwortlich. Von den 200 größten Konzernen der Welt kommen 171 aus den USA, Deutschland, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada.
G20 eine Bande verfeindeter Brüder
Im Zentrum der Politik aller G20-Staaten steht ihr Interesse im Wettlauf um Rohstoffe, Absatzmärkte und Einflusssphären ihren Nationalökonomien und den mit ihnen verwobenen Konzernen, Vorteile zu verschaffen. Für Linke sollte klar sein, dass die Politik der G20-Staaten deswegen voller Widersprüche steckt. Der Wettstreit dieser Staaten findet Ausdruck in Handelskriegen, aber auch in direkten militärischen Konfrontationen. Karl Marx nannte die Herrschenden der kapitalistischen Staaten »eine Bande verfeindeter Brüder«. Verfeindet, weil die Herrschenden in ökonomischer und militärischer Konkurrenz um die Aufteilung der Welt stehen. Brüder deshalb, weil sie punktuelle Bündnisse schmieden, um ihre Interessen durchzusetzen, und doch alle zusammenstehen, wenn ihr System von unten bedroht wird. Die G20 sind ein Zusammenschluss, um das Überleben einer Weltordnung abzusichern, die die Ursache für Flucht, Kriege, Ausbeutung und Umweltzerstörung ist.
Mehr Antikapitalismus wagen
Wenn die Linke die Politik der Herrschenden herausfordern will, muss sie antikapitalistischer werden. Denn wenn wir nur die dringendsten Probleme lösen wollen, ist eine Gesellschaft ohne Kapitalismus notwendig. Die Wirtschaft muss demokratisch kontrolliert werden. Das würde den blinden Wettbewerb beenden und es den Menschen ermöglichen, gemeinsam die drastischen Schritte einzuleiten, die zur Bekämpfung von Armut, Arbeitslosigkeit, Krieg und Umweltkatastrophen notwendig sind. Um eine andere Welt zu schaffen, brauchen wir eine demokratische Wirtschaft ohne Konkurrenz und Profit.
Alternativen von unten
Eine solche Alternative kann verwirklicht werden, durch die Schaffung einer anderen Art von Macht, die auf der Selbstorganisation der arbeitenden Bevölkerung und anderen armen Menschen fußt und sich aus ihren Kämpfen gegen das Kapital entwickelt. Eine Gesellschaft welche durch die Mehrheit der Menschen selber, »von unten«, durch Massenstreiks bis hin zur Revolution – mit dem Ziel der Durchsetzung auf globaler Ebene – erkämpft wird. Demokratie blüht auf, wenn Menschen sich organisieren und aktiv sind.
Die großen revolutionären Bewegungen in der Geschichte des Kapitalismus bieten einige Ausblicke auf diese Macht – angefangen mit den Kämpfen der Pariser Kommune 1871, den Arbeiter- und Soldatenräten der russischen Oktoberrevolution von 1917 bis hin zu den Arbeitershoras der iranischen Revolution von 1978–79 oder dem Prozess der Selbstorganisierung, welche die Bewegungen in Bolivien während der Aufstände 2003 und 2005 an den Tag legte.
Grenzenlose Solidarität statt G20
Wir sind noch weit davon entfernt, den Kapitalismus zu stürzen, auch nur in einem einzigen Land. Aber der weltweite Widerstand gegen den ungebremsten Markt bleibt nicht dabei stehen, die Idee von einer Alternative zum Kapitalismus wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Er trägt auch dazu bei, die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese Alternative gewinnen kann.
Eine zeitgemäße Linke muss diese Perspektive ausdrücken und in ihre Praxis integrieren. Das bedeutet zum einen mehr Antikapitalismus zu wagen und zum anderen Motor für gesellschaftliche Kämpfe zu sein. Wenn die Mächtigen dieser Welt sich mit dem G20-Gipfel wiedereinmal als »Heilsbringer« inszenieren, rufen wir ihnen zu: Grenzenlose Solidarität statt G20.
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Alle weiteren Infos auf: www.busse.g20-demo.de
Fragen bitte an: orga[at]g20-demo.de
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