Private Sicherheitsfirmen (PMCs) spielen in der modernen Kriegführung der westlichen imperialistischen Staaten eine wichtige Rolle. Über das dunkle Geschäft mit dem Krieg. Von Simo Dorn
»Das Söldnertum ist die Rekrutierung für den Kriegseinsatz mit direkter Beteiligung an Kampfhandlungen auf Grund individueller Profitmotivation.« Diese Definition des ersten Zusatzprotokolls der Genfer Konventionen ist von 1977 und bildet nicht mehr unsere heutige Realität von zwischenparteilichen, genauer gesagt: zwischenstaatlichen Konflikten ab. Söldner:innen – von Regierungen verharmlosend als militärische Auftragnehmer:innen bezeichnet – sind schon lange nicht mehr allein agierende Individuen, die gegen Bezahlung Kampfhandlungen in bewaffneten Konflikten durchführen. Die letzten Jahrzehnte sind gekennzeichnet vom Aufstieg privater Militär- und Sicherheitsfirmen, engl.: Private Military Companies (PMC), die tief in die moderne Kriegführung eingreifen. Diese PMCs sind weltweit operierende Unternehmen. Dazu gehören etwa die russische Gruppe Wagner, die amerikanischen AirScan und Academi (vormals Blackwater), die britische Aegis Defence Services, aber auch das deutsche Unternehmen Asgaard, dessen Geschäftsführer Neonazi ist und weitere Rechtsextremisten und Polizisten eingestellt hat.
Staatlich beauftragte und finanzierte Menschenrechtsverletzungen
Das Aufgabenspektrum hat sich, verglichen zum stereotypischen Bild des Söldners, enorm erweitert und beinhaltet heutzutage Logistik, Kommunikation, nachrichtendienstliche Analysen, Übersetzungen, Truppenversorgung und militärische Reproduktionsarbeit. Aber auch Instandhaltung und Reparatur von Gerät, Ausbildung und Training sowie Objekt-, Konvoi- und Personenschutz. Von allen PMC-Angestellten stehen auf der Welt nur rund 20 Prozent unter Waffen. Darin ist die fortschreitende Privatisierung von Kriegen und allgemein Konflikten deutlich erkennbar. Das bewaffnete Gefecht ist schon lange nicht mehr die Haupteinnahmequelle dieser Unternehmen. PMCs machen ebenfalls regelmäßig Negativschlagzeilen durch das Begehen von Verbrechen wie Schutzgelderpressung, Entführung, Folter, Diebstahl, Plünderung, Drogen- und Waffenschmuggel.
Die Kriege des Westens nach 9/11 lösten einen regelrechten »Goldrausch« für PMCs aus. Die Times schreibt 2004: »Im Irak boomt das Geschäft nach dem Krieg nicht mit Öl. Es ist die Sicherheit«.
Krieg ist für PMCs eines der lukrativsten Geschäfte
Auch der Krieg in Afghanistan wurde zu einer großen Bühne für die neuen militärischen »Dienstleister«. Auf dem Höhepunkt 2011 befanden sich fast 120.000 US-amerikanische sogenannte Auftragnehmer:innen in dem Land, verglichen mit 100.000 US-Soldat:innen. Noch kurz vor Ende des Truppenabzugs im August 2021 waren immer noch an die 17.000 Söldner:innen für das US Militär in Afghanistan.
Für die Bosse der PMCs und der Rüstungskonzerne ein lukratives Geschäft. Die US-Zeitung »The Intercept« titelte im Zuge der Eskalation der Evakuierung von Kabul mit der Frage, ob der Afghanistan-Krieg eine Niederlage war. Die Antwort des Artikels: zumindest nicht für die Top Fünf Rüstungsunternehmen und ihre Investoren. Hätte man im Jahr 2001 10.000 Dollar gleichverteilt in Boeing, Raytheon, Lockheed Martin, General Dynamics und Northrop Grumman investiert, so würde man heute 2021 mit einem Gewinn von 873 Prozent (97.295 Dollar) aus dem Afghanistan-Krieg austreten. Mit 1236 Prozent Gewinn führt Lockheed Martin diese Liste an. In allen Großkonzernen sind ehemalige Militärs eingebunden und lobbyieren für eben diese.
Ein früherer CIA-Mitarbeiter Chalmers Johnson sagte dazu: »Wenn Krieg so lukrativ wird, wird es mehr davon geben.« Passend dazu: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der als Direktor des Unternehmens Raytheon mehr als 1,7 Millionen Dollar durch Aktien erwarb, hat unter dem Demokraten Biden einen US-Verteidigungshaushalt von 715 Milliarden Dollar durchgekämpft. 2020 haben die USA knapp dreimal so viel Geld für Rüstung und Kriege ausgegeben wie ihre Rivalen China und Russland zusammen. Geld von dem die PMCs und die Rüstungskonzerne profitieren.
»Rheinmetall Entwaffnen« bleibt notwendig
Aber nicht allein US-amerikanische Firmen haben vom Krieg profitiert. Airbus und Rheinmetall sind zwei Bekannte der insgesamt elf Unternehmen, die von der Bundeswehr Aufträge erhalten. Aus einer kleinen Anfrage der Linksfraktion ging hervor, dass sich die Kosten des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan von 2001 bis Ende 2020 auf etwa 12,5 Milliarden Euro beliefen.
So benutzt die Bundeswehr in Mali und Afghanistan israelische Aufklärungsdrohnen, welche von Airbus Defence betrieben werden. Hierbei least die Bundeswehr eine bestimmte Anzahl an Flugstunden pro Monat, aber nur das Fliegen über dem Einsatzgebiet wird von Bundeswehrsoldat:innen durchgeführt, wohingegen das Starten und Landen von Airbus-Mitarbeiter:innen durchgeführt wird. Es gibt weitere Dienstleistungen, die die Bundeswehr komplett bei privaten Anbietern einkauft. Dazu gehören die Weitergabe der Grundausbildung von Piloten an die Lufthansa, die Reparatur von Marineschiffen durch private Werften oder die Bewachung von Liegenschaften durch private Sicherheitsfirmen.
Staatliche Armeen als Wirtschaftsunternehmen
Florian Flörsheimer beschreibt dies in seinem Artikel »Die Bundeswehr als »modernes« Wirtschaftsunternehmen«: »Auch bei Auslandseinsätzen beauftragt die Bundeswehr private Dienstleister für Aufbau, Bewachung und Betrieb ihrer Feldlager, ebenso für nichtmilitärische Dienstleistungen wie die Anstellung von Hilfspersonal für die Truppenküche, Betreuungseinrichtungen, Verkaufsstände und sanitäre Anlagen. Beispielsweise wurde die deutsche Firma Ecolog AG mit der Müllentsorgung, Betreuung und Reinigung von Sanitäranlagen in einer Kaserne in Afghanistan beauftragt oder Rheinmetall-DeTec für Wartung von Waffengerät in Afghanistan.«
Im Afghanistan-Krieg waren die Jahre 2011 und 2012 mit jeweils 1,2 Milliarden die beiden Teuersten. Dass im gleichen Zeitraum lediglich 425 Millionen Euro für humanitäre Hilfe ausgegeben wurden, zeigt die Priorität der Bundesrepublik.
Söldner:innen sind für kriegführende Staaten lediglich bezahlte Zivilist:innen, die entlassen werden können, sollte öffentliche Kritik zu groß werden
Die Auslagerung von Kriegsleistungen an private Konzerne bringt für die involvierten Staaten politische Vorteile. Durch die Vergabe von Verträgen an private Firmen können die Kosten eines Krieges verschleiert und geschönt werden. Solche Verträge können beispielsweise übers Außenministerium abgerechnet werden, sodass diese Kostenstellen nie in den Ausgaben des Verteidigungsministerium auftauchen. Ebenfalls macht es einen erheblichen Unterschied, ob amerikanische Soldat:innen in Afghanistan fallen, oder ob amerikanische Zivilist:innen als Angestellte von PMCs verwundet werden oder sterben. Letztere müssen nicht staatlich erfasst werden und tauchen in keinen offiziellen Statistiken auf, sondern bleiben interne Angelegenheiten der Militärunternehmen.
Öffentliche Kontrolle von PMCs ist kaum möglich
Dadurch erhalten kriegerische Eskalationen eine weit geringere Aufmerksamkeit, auch der medialen Öffentlichkeit, als wären nationale Armeen in diese involviert. Verdeutlichen tut dies ein Fall 2007 im Irak, bei dem Angestellte des US-amerikanischen Militärdienstleisters Blackwater vorsätzlich 17 Zivilist:innen ermordeten. Im Zuge dieser Tötungen gilt jedoch nicht Kriegs- sondern Zivilrecht, da diese Angestellten als Zivilist:innen im Irak waren und nicht als Kombattanten der US Armee. Somit kann das Verurteilen von Kriegsverbrechen juristisch umgangen werden, da Nationalstaaten nicht verpflichtet sind, eigene Staatsangehörige für solche Gerichtsverfahren auszuliefern. Des Weiteren können Staaten sich in solchen Fällen deutlich einfacher von PMC distanzieren als vom eigenen Militär und somit die Verantwortung für mögliche Kriegsverbrechen privatisieren.
Da PMCs im Verborgenen und ohne wirksame öffentliche Kontrolle agieren, ermöglichen sie es den politischen Entscheidungsträgern, vordergründig Truppen abzuziehen und Militärausgaben zu reduzieren, während sie Stellvertreterkräfte ins Einsatzgebiet schicken. Nach der Niederlage in Afghanistan werden sich die herrschenden Klassen des Westens gut überlegen müssen, ob sie sich auf eine weitere, möglicherweise langwierige und kostspielige militärische Besatzung einlassen. Doch die Bosse der PMCs und der Rüstungskonzerne werden sich die Hände reiben, wenn sie das Wort »humanitäre Intervention« hören.
Titelbild: Justin Smith, Foto: Nanorsuaq
Schlagwörter: Kapitalismus, Krieg