Heute wird zum ersten Mal seit über zehn Jahren wieder ein öffentliches Bundeswehr-Gelöbnis im Münchner Hofgarten abgehalten. Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Wir sprachen mit Johannes König von der LINKEN in München
marx21: Am Montag findet das erste öffentliche Bundeswehr-Gelöbnis in München seit über 10 Jahren statt. Was steckt dahinter?
Johannes König: Interessant ist vor allem der Zeitpunkt dieses neu zur Schau gestellten Militarismus: Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat kürzlich in München in einer Rede an der Bundeswehruni verkündet, dass deutsche Kriegseinsätze in aller Welt zukünftig noch mehr forciert werden sollen. Und dabei gibt sie – und das ist neu – völlig offen zu, dass es dabei um strategische und wirtschaftliche Interessen geht, die Deutschland angeblich militärisch zu verteidigen habe. Mir scheint, dass sich im Zusammenhang mit den öffentlichen Rekrutengelöbnissen, die zurzeit in ganz Deutschland wieder stattfinden, ein alter Spruch von Kurt Tucholsky bewahrheitet: »Jubel über militärische Schauspiele ist eine Reklame für den nächsten Krieg.«
Gegen Bundeswehr und Militarismus
Ist die Bundeswehr generell das Problem oder die öffentliche Zurschaustellung von Militarismus?
In einer Welt, wie ich sie anstrebe, gibt es keine Kriege und daher auch keine Bundeswehr. Für das Erste wäre es aber auch schon ein riesiger Fortschritt, wenn sich die Bundeswehr bzw. die politisch Verantwortlichen wieder auf die vom Grundgesetz vorgesehene Rolle besinnen würden: die einer »Verteidigungsarmee«. Ich finde, wenn man unsere Verfassung ernst nimmt, hat die Bundeswehr weder in Afghanistan, Mali, Kosovo, oder Syrien noch sonst irgendwo etwas verloren.
Aber auch unabhängig davon ist ein militärisches Spektakel beim Kriegerdenkmal im Hofgarten – also einem national-sozialistisch belasteten Ort – nicht nur unnötig, sondern gibt ein fatales Bild in der Öffentlichkeit ab. In welcher Tradition will sich die Bundeswehr denn präsentieren, wenn sie ausgerechnet hier aufmarschiert?
Welche Rolle spielt die Bundeswehr in deinen Augen aktuell in der Gesellschaft?
Ich finde es problematisch, wenn sich die Bundeswehr in der Gesellschaft als ganz normaler Arbeitgeber präsentiert und z. B. in Schulen versucht, Minderjährige anzuwerben. Das sollte man verbieten, genauso wie jede andere Werbung dafür.
Was ist die Alternative zur Bundeswehr?
Ein ziviler Katastrophenschutz: Die Arbeitsplätze könnte man, genauso wie in der Rüstungsindustrie, umwandeln für eine friedliche Nutzung.
Das Gelöbnis und die Gegenproteste
Die Verteidigungsministerin will durch mehr öffentliche Gelöbnisse für mehr gesellschaftliche Anerkennung für Soldatinnen und Soldaten sorgen. Meinst du dieser Plan geht auf?
Welche individuelle Bedeutung solch ein Gelöbnis für einen Soldaten wirklich hat, kann ich nicht sagen. Ob der Plan aufgeht, durch militärische Präsenz in der Öffentlichkeit mehr Akzeptanz für die Bundeswehr und ihre Kriegseinsätze zu schaffen, wird ganz wesentlich davon abhängen, wie groß und laut unsere Gegenproteste werden.
Was passiert bei solchen Gelöbnissen?
Angeblich sollen die Rekruten auf unser Grundgesetz eingeschworen werden. Gleichzeitig häufen sich Medienberichte über rechtsradikale Netzwerke in der Bundeswehr – Stichwort Uniter – und AKK bereitet einen militärischen Kurs vor, der offensichtlich unserer Verfassung widerspricht. Da wird doch solch ein Gelöbnis zur Farce.
Was erwartet uns auf der Gegendemo?
Thomas Lechner, ein Organisator der letzten Großdemos in München wie #ausgehetzt und noPAG, hat die Initiative ergriffen und für heute um 17 Uhr eine Gegenkundgebung auf dem Odeonsplatz angemeldet hat. Ich hoffe, dass viele Menschen vor allem den Kriegskurs von AKK nicht einfach stillschweigend hinnehmen, sondern zum Protest kommen.
Was fordert ihr?
Erst einmal fordern wir den Schluss mit solch martialischen Militäraufmärschen in unserer Stadt. Zudem setzt Lechner mit der Forderung nach einer städtischen Initiative zur Rüstungskonversion ein Thema, das viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Deutschland ist weltweit viertgrößter Waffenexporteur und München bundesweit Rüstungsstandort Nummer 1. Die Leopard-2-Panzer, mit denen Erdogan die syrischen Kurden gerade überfällt, wurden in München-Untermenzing produziert. Das ist doch eine Schande für unsere Stadt! Ich wünsche mir ein friedliches und rüstungsfreies München.
Foto: Wikipedia / Cicero
Schlagwörter: Bundeswehr