Die Familiengeschichte »Als die Karpfen fliegen lernten« von Xifan Yang, lässt die Lesenden China aus der Froschperspektive erfahren: Eine faszinierende, aber bittere Geschichte – von Armut und Repression. Von Paul Severin
Xifan Yang wächst in Freiburg auf, wohin ihre Eltern in den 1980er Jahren ausgewandert sind. Im Alter von 16 Jahren besucht sie recht widerwillig Shanghai und ein Familienfest in der Provinzstadt Nanning. Eine folgenreiche Reise, die ihr Leben auf den Kopf stellen wird.
China: Eine pulsierende Gesellschaft
Denn die pulsierende chinesische Gesellschaft erscheint auf einmal viel spannender als der Teenie-Alltag in Freiburg. Diese Erfahrung motiviert Xifan schließlich, die jüngere Geschichte Chinas aus Sicht des extravaganten Großvaters zu rekonstruieren. Das Resultat ist ein atemberaubender Parforceritt durch eine Epoche von Umbrüchen: Maos langer Marsch, die Kulturrevolution, die Proteste von 1989 und schließlich der beispiellose ökonomische und gesellschaftliche Aufbruch der jüngeren Zeit – all dies wird aus der Froschperspektive der Familie erfahrbar.
Armut und Repression
Es ist eine faszinierende, aber bittere Geschichte – von Armut und Repression. Über weite Teile legt es die Schattenseiten des chinesischen Systems offen. Die Zeit der Marktöffnung erscheint demgegenüber als Aufbruch, als Zeit, in der die Karpfen – die einfachen Menschen – fliegen lernten, wie es in Anlehnung an ein chinesisches Sprichwort heißt. Das ist nicht als platte Huldigung des Kapitalismus zu lesen, sondern beschreibt die Lebenserfahrung der jüngeren chinesischen Generation. Das Buch ist ein Goldstück aufgrund des packenden historischen Stoffs sowie der faszinierenden Familiengeschichte, aber auch wegen des wunderbaren Stils von Xifan, die heute als Korrespondentin für »DIE ZEIT« in Beijing arbeitet.
Das Buch ist ein Goldstück
Das Buch
Xifan Yang
Als die Karpfen fliegen lernten
Hanser Berlin
2015
19,90 Euro
336 Seiten
Schlagwörter: China, Rezension