Solidarität mit Griechenland bedeutet, Schäubles Erpressungspaket im Bundestag abzulehnen. Eine Stellungnahme von marx21
Am Freitag stimmt der Bundestag über die Gewährung von Krediten ab, die an so genannte Reformmaßnahmen geknüpft sind. In der Vergangenheit hatte die Linksfraktion die »Hilfspakete« für Griechenland abgelehnt und geschlossen mit »Nein« gestimmt. Aus gutem Grund: Die Auflagen, an die die Kreditvergabe gebunden war, waren eine einzige Unterwerfung Griechenlands unter das Diktat der EU, vorneweg Deutschlands.
Zur kommenden Abstimmung mehren sich Stimmen in der Linksfraktion, die Schäubles Entwurf zustimmen wollen. Das wäre ein Fehler – die Linksfraktion sollte auch diese Vereinbarung ablehnen. Denn abgestimmt wird nicht darüber, ob DIE LINKE solidarisch zur griechischen Regierung oder Bevölkerung steht. Sondern, ob sie Wolfgang Schäuble und seine Politik unterstützt.
Harte Auflagen
Bei der Verhandlung um neue Kredite haben Schäuble und die EU die neue griechische Regierung in die Knie gezwungen. Sie war angetreten für einen Schuldenschnitt, das Ende der Kürzungspolitik und gegen die Bevormundung der Troika. Bei keinem dieser Punkte ist die EU auf die Forderungen von Syriza eingegangen. Im Gegenteil: Griechenland bekommt weiterhin Geld nur gegen harte Auflagen, die von der Troika vorgegeben werden.
Das Griechenland-Paket ist genau so angelegt wie alle bisherigen sogenannten »Rettungspakete« auch. Im Gegenzug für Kredite gibt die griechische Regierung die Kontrolle an die Troika-Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Zentralbank (EZB) und Europäische Union ab. Die Bewertung der umgesetzten Maßnahmen »obliegt den Institutionen«.
Geld für die Banken
Griechenland verpflichtet sich, alle Schulden »pünktlich und vollständig« zurückzuzahlen und alle Haushaltsüberschüsse in den Schuldendienst zu stecken. Das bedeutet im Klartext: Alle Steuererhöhungen, ob für die Reichen oder für die einfache Bevölkerung über eine mögliche erhöhte Mehrwertsteuer, gehen automatisch in den Schuldendienst. Es ist das alte Muster: Die Gelder aus den bisherigen »Rettungspaketen« sind zu 96 Prozent in den Schuldendienst an die europäischen Banken zurückgeflossen.
Des Weiteren sieht die Vereinbarung vor, dass die Kontrolle über die Gelder zur Rekapitalisierung der Banken der griechischen Regierung entzogen und nach Luxemburg transferiert wird. Die Regierung verpflichtet sich vor allen Dingen, keine »einseitigen« Schritte zu unternehmen. Alle Maßnahmen, die die humanitäre Katastrophe lindern sollen, stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Troika, ebenso die Anhebung des Mindestlohnes. Zynisch ist, dass die EU die griechische Regierung gezwungen hat zu unterschreiben, dass die Bekämpfung der humanitären Krise z. B. durch Lebensmittelmarken »nicht die Haushaltslage beeinträchtigen wird«.
Später in Rente
Die griechische Regierung hat zudem eingewilligt, keine Maßnahmen der alten Regierung wie die laufenden Privatisierungen, rückgängig zu machen. Finanzminister Varoufakis hat bereits am 11. Februar in seiner Rede vor der Eurogruppe betont, die Regierung sei »undogmatisch« bei der Privatisierung von öffentlichem Eigentum. Medienberichte, wonach die Privatisierung des Hafens von Piräus rückgängig gemacht würde, könnten nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Die Regierung wird zu einer »Rentenreform« verpflichtet, die bedeutet, dass in der gesamten Wirtschaft, aber auch im Bankensektor und im öffentlichen Dienst, Menschen später in Rente gehen sollen. Sie wird zur Effizienz im öffentlichen Dienst verpflichtet, wo sie dafür Sorge tragen soll, dass »die Lohnkosten nicht steigen«. Benzin- und Tabakschmuggel sollen bekämpft werden, was die Verbraucher treffen wird.
Die EU hat die Syriza-Regierung gezwungen, dieselben Vereinbarungen wie ihre konservativen und sozialdemokratischen Vorgänger zu unterzeichnen, daran ändert auch die Umbenennung der Troika in »die Institutionen« nichts.
Gegen die Sparauflagen
Die griechische Linksregierung steht unter immensem Druck, denn sie hat ihren Wählern etwas anderes versprochen und muss die Enttäuschung der Erwartungen befürchten. Nun bittet die Führung von Syriza DIE LINKE, im Bundestag zuzustimmen, um das Ergebnis der Verhandlungen gesellschaftlich und in ihrer eigenen Partei zu rechtfertigen.
Mit unserer Kritik an dem vorliegenden Antrag von Schäuble und an der Erpressung durch die EU stärken wir die Solidarität mit Griechenland und den Widerstand gegen Sozialkürzungen in Griechenland und anderswo. Dem Paket zuzustimmen, ist eine falsch verstandene Solidarität mit der erpressten Regierung. DIE LINKE ist nicht gegen Kredite oder gar Hilfen für die Bevölkerung in Griechenland, sondern gegen die Auflagen und Bedingungen, die damit verbunden sind.
Atempause auch für Schäuble
Einige argumentieren, dass das Abkommen Syriza eine Atempause verschaffe, um zu besseren Verhandlungsergebnissen im Sommer zu kommen, wenn über neue Kredite abgestimmt werden soll. Aber: Die Syriza-Regierung wird im Sommer finanziell nicht besser dastehen, da alle Überschüsse in die Schuldendienst gehen. Zudem muss sie die unpopulären Maßnahmen gegen die sozialen Interessen ihrer eigenen Anhänger durchsetzen. Eine wirkliche Atempause wären Kredite ohne neoliberale Auflagen oder ein Schuldenschnitt. Daran hat die EU aber kein Interesse. Das Abkommen verschafft der EU Zeit, entweder die Syriza-Regierung loszuwerden oder den Widerstand von Syriza vollständig zu brechen, bevor in Spanien gewählt wird. IWF und EZB haben bereits angekündigt, dass sie die vier Monate nutzen wollen, um die »Öffnung« des staatlichen Sektors für weitere Privatisierungen zu verhandeln.
DIE LINKE darf die Opposition zu den Krediten nicht der Kritik von rechts, der AfD und Teilen von CDU und CSU überlassen. Deren Motiv ist Nationalismus, Entsolidarisierung und noch mehr Neoliberalismus. Wir sind gegen das Spardiktat und stehen ein für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung in Griechenland, Deutschland und Europa. Denn Griechenland ist die Teststrecke für Sozialkahlschlag in ganz Europa. Für die sozialen Bewegungen in Europa und in Deutschland ist es wichtig, dass im Bundestag eine linke Alternative zu Merkels Politik für die Banken sichtbar ist.
Protest gegen die Erpressung
In den Verhandlungen mit der Troika ist gesellschaftlicher Druck von unten entscheidend und nicht allein der proklamierte Wille oder das Verhandlungsgeschick von Politikern. Aufgabe der LINKEN in Deutschland ist es, die Proteste gegen die Erpressung durch die EU, allen voran durch die deutsche Bundesregierung, zu stärken. Dafür ist es wichtig, der Kritik an den Auflagen, aber auch Forderungen nach einem Schuldenschnitt eine breite Öffentlichkeit zu geben.
Wir begrüßen jeden Protest gegen die Erpressung Griechenlands durch die EU und die Bundesregierung. Der nächste zentrale Termin für den Protest gegen das Euro-Kürzungsdiktat von Merkel und der Troika ist der Blockupy-Aktionstag anlässlich der Eröffnungsfeier der EZB am 18. März in Frankfurt. Auch von dort soll ein starkes Signal der Solidarität mit Griechenland ausgehen.
Foto: UweHiksch
Schlagwörter: Austerität, Blockupy, Bundestag, EU, Euro, Griechenland, Linke, Linksfraktion, Merkel, Schäuble, Syriza, Troika, Tsipras