Madeleine Albright, die erste weibliche US-Außenministerin, ist gestorben. Sie hat nichts für Frauenrechte getan, aber viel für den Massenmord in Irak und Jugoslawien. Ein kritischer Nachruf von Hans Krause
»Wir denken, den Preis ist es wert.« Es war ein Moment unkontrollierter Ehrlichkeit, den Madeleine Albright, damals Botschafterin der USA bei der UNO, 1996 im Fernsehmagazin »60 Minutes« preisgab. Die Journalistin fragte sie zuvor nach den UNO-Handelssanktionen, die in Irak seit 1990 zu einer grauenhaften Hungersnot geführt hatten: »Eine halbe Million Kinder sind gestorben; mehr als in Hiroshima. Ist der Preis es wert?« Albright antwortete, ohne zu zögern.
Madeleine Albright: Die falschen Überzeugungen
Madeleine Albright wurde 1937 als Marie Jana Körbelova in der Tschechoslowakei geboren. Ihr Vater war Diplomat und jüdischer Abstammung. Drei ihrer Großeltern wurden im Holocaust ermordet. Die Familie floh nach der Besetzung durch Nazi-Deutschland 1939 nach Großbritannien.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten sie zurück in die Tschechoslowakei. Flohen jedoch 1948 erneut, diesmal vor der stalinistischen Diktatur in die USA.
Später sagte Madeleine Albright mehrfach, sie habe aus der Verfolgung ihrer Familie grundlegende politische Überzeugungen gewonnen. Doch leider waren es genau die falschen.
»Nie wieder München« statt »Nie wieder Vietnam«
Einmal erklärte sie, »Nie wieder München« habe sie deutlich mehr beeinflusst als »Nie wieder Vietnam«. Wobei »München« für das Münchener Abkommen 1938 steht, in dem Nazi-Deutschland das tschechoslowakische Sudetenland zuerkannt wurde. Dafür sicherte Adolf Hitler zu, die restliche Tschechoslowakei nicht zu besetzen. Was er ein halbes Jahr später aber trotzdem tat.
In Vietnam hingegen führten die USA in den 60er und 70er Jahren Krieg und ermordeten Millionen von Menschen. Doch das war für Madeleine Albright nicht allzu verwerflich.
Madeleine Albright: Jeder Feind ein »neuer Hitler«
Dementsprechend war ihre Außenpolitik der USA aggressiv und jederzeit zum Krieg bereit. Wobei sie im Präsidenten des jeweils verfeindeten Staates den »neuen Hitler« erkannte, womit sie jede noch so mörderische Politik rechtfertigte; so auch den Tod von 500.000 Kindern in Irak.
Albright wurde Politikwissenschaftlerin an einer Elite-Universität und Beraterin der Demokratischen Partei. 1993 ernannte Präsident Bill Clinton sie zur UNO-Botschafterin. Der damalige General und spätere Außenminister Colin Powell berichtete einmal, wie erschrocken er war, als Albright ihn provokant fragte: »Wozu haben Sie dieses großartige Militär aufbewahrt, wenn wir es nicht benutzen können?«
Die Definition von Völkermord
Madeleine Albright war eine der Hauptverantwortlichen für die Sanktionen gegen Irak. Offiziell sollten diese seit dem Zweiten Golfkrieg 1991 verhindern, dass Diktator Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen erhält. Tatsächlich führten sie aber zum Hungertod hunderttausender Menschen.
Denis Halliday, damals ranghöchster UNO-Mitarbeiter in Irak, trat 1998 mit den Worten zurück: »Ich möchte kein Programm verwalten, dass die Definition von Völkermord erfüllt.«
1997 wurde Madeleine Albright zur Außenministerin ernannt. Damals war sie einer der besten Beweise dafür, dass der Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York nur ein Vorwand, nicht aber die Ursache für den zweiten US-amerikanischen Krieg in Irak war. Denn Madeleine Albright forderte genau diesen Krieg schon seit 1998.
Der Leichen-Frühling war gekommen
1999 führte die Nato unter Führung der US-Armee Krieg in ganz Jugoslawien und vor allem der albanisch geprägten Teilrepublik Kosovo und wieder war Madeleine Albright eine der härtesten Kriegstreiberinnen (Lies hier den marx21-Artikel: Kosovo-Krieg 1999: der Massenmord von Nato, SPD und Grünen). Als am 15. Januar im kosovoarischen Dorf Racak Leichen von mindestens 40 ethnischen Albaner:innen gefunden werden, sagt Madeleine Albright zu Mitarbeitern: »Der Frühling ist früh gekommen«. Mit diesem menschenverachtenden Scherz spielte sie darauf an, dass sie auf ein Ereignis gewartet hatte, das sie missbrauchen kann, um einen Krieg der Nato zu rechtfertigen.
Bei den anschließenden Verhandlungen mit der jugoslawischen Regierung legte Madeleine Albright einen angeblichen »Friedensvertrag« vor, der Nato-Armeen vollständige Bewegungsfreiheit nicht nur in Kosovo, sondern auch im gesamten restlichen Jugoslawien gegeben hätte. Als dies wie erwartet abgelehnt wurde, begannen Madeleine Albright und die anderen Nato-Regierungen den Krieg.
Als 2012 bei einer Autogrammstunde in Prag Demonstrant:innen mit Fotos von im Nato-Krieg getöteten Menschen zu ihr kamen, wurde Albright dabei gefilmt, wie sie schrie: »Ekelhafte Serben, raus mit euch!«
Ein besonderer Ort in der Hölle
Ihre letzte politische Kampagne machte Albright 2016 für die Präsidentschaftskandidatur von Hillary Clinton. Bei einer Großveranstaltung im Vorwahlkampf der Demokratischen Partei sagte Madeleine Albright: »Es gibt einen besonderen Ort in der Hölle für Frauen, die sich nicht gegenseitig helfen.« Was harmlos klingt, war in Wirklichkeit eine üble Beleidigung der vielen nicht wohlhabenden und nicht weißen Frauen, die mehrheitlich den deutlich linkeren Kandidaten Bernie Sanders unterstützt und gewählt hatten. Doch in Madeleine Albrights Welt hätten sie alle die Kandidatin der Konzerne Clinton wählen müssen. Einfach nur weil sie eine Frau ist.
Albright und die Lügen der Kriegstreiber:innen
Gerade in einer Zeit, in der unsere Regierung uns glauben machen will, die Nato sei eine Organisation für Frieden, Freiheit und Demokratie, sollten wir uns an Kriegstreiberinnen wie Madeleine Albright und die Massenmorde ihrer Politik und Armee erinnern. Sie war die erste weibliche US-Außenministerin. Doch hat sie nie etwas für die Rechte von Frauen getan, sondern vielmehr mit ihrer Kriegspolitik hunderttausende Frauen getötet.
Das mächtigste Militärbündnis der Welt wird geführt von Verbrecher:innen
Die Nato war in den 90er Jahren wie heute das mächtigste Militärbündnis der Welt und ihre Führer:innen waren damals wie heute Verbrecher:innen. Eines Tages werden wir den kriegerischen Kapitalismus stürzen und durch eine basisdemokratische Gesellschaft ersetzen, die kein Interesse hat, sich gegenseitig umzubringen.
Doch bis es so weit ist, gefällt mir der Gedanke, dass es in der Hölle einen besonderen Ort für alle Menschen gibt, die denken, dass es den Preis wert ist.
Schlagwörter: Irak, Jugoslawien, Kosovo, Krieg, NATO, USA