Die Schlacht um die syrische Stadt Aleppo tobt. Doch dieser Krieg wird nicht nur zwischen den Regionalmächten Iran, Saudi Arabien und der Türkei geführt, sondern auch zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Alex Callinicos erklärt, warum die Regierenden der zwei noch immer größten nuklearen Supermächten, den Konflikt immer weiter anheizen.
Auf einer Veranstaltung hörte ich einem syrischen Flüchtling zu, der sein Leid und das seiner Familie beschrieb. Es war herzzerreißend. Im Wesentlichen könnte dieselbe Geschichte von Millionen erzählt werden, und ihre Zahl erhöht sich täglich.
Warum Assad die Stadt Aleppo erobern will
Die Streitkräfte des syrischen Diktators Baschar al-Assad beginnen gegenwärtig eine Offensive gegen die größte Stadt des Landes, Aleppo. Zehntausende Zivilisten flüchten aus der Provinz Aleppo zur Grenze an der Türkei, die ihnen die Einreise verweigert. Das Blutvergießen hat die kurzen Friedensgespräche in Genf beendet. Das Foreign Policy Magazin meldete: »Die russischen Luftstreitkräfte ermöglichten Assad und seinen verbündeten paramilitärischen Truppen den schmalen, von Rebellen kontrollierten ‚Azaz-Korridor‘ abzuschneiden, der die türkische Grenze mit der Stadt Aleppo verbindet. Die völlige Einkesselung der Stadt ist eine reale Möglichkeit. Regierungstruppen und schiitische Kämpfer rücken vom Süden, Westen und Norden vor. Sollten die von den Rebellen kontrollierten Teile der Stadt fallen, wäre das ein dramatischer Sieg für Assad und der größte Rückschlag für die Rebellion seit dem Beginn des Aufstands 2011.«
Putin, Assad und der Krieg
Der russische Präsident Wladimir Putin unterstützt Assad nicht bedingungslos. Die Financial Times berichtete unlängst, dass Putin letztes Jahr den Chef des Militärgeheimdienstes Igor Sergun zu Gesprächen mit Assad schickte. Er richtete ihm aus, er müsste als Teil einer möglichen Friedensvereinbarung zurücktreten. In einer Wendung würdig eines John le Carré-Romans wurde Anfang Januar Serguns Tod bekannt. Was auch immer dahintersteckt – Assad weigerte sich zurückzutreten. Die Financial Times schrieb: »Im Umgang mit dem Kreml hat Assad eine Strategie entwickelt, eine ausländische Macht gegen eine andere auszuspielen. Sein Trumpf war in diesem Fall der Iran. Russland ist seit Monaten besorgt über den wachsenden Einfluss Teherans auf Kosten seiner eigenen Position.«
Russlands Interessen in Syrien
Seither sieht es so aus, als hätte sich Putin entschieden, aus der Not eine Tugend zu machen und die russische Luftwaffe einzusetzen und die Waage zu Gunsten Assads umzuschwenken. Die Allianz zwischen Russland und Syrien geht bis in die 1940er-Jahre zurück und sichert Russland den Zugang zu wichtigen Stützpunkten im Mittleren Osten. Putin will ganz offensichtlich daran festhalten. Immerhin unterstreicht Serguns Besuch in Damaskus eines, wie Dmitri Trenin vom Moskauer Carnegie-Zentrum meinte: »Für Putin bedeutete die Intervention in Syrien nie Assad an der Macht zu halten, sondern es ging darum, den Amerikanern die Schlüsselrolle Russlands in der Beilegung dieses Konflikts verstehen zu geben.«
Mit anderen Worten: Die Tragödie des syrischen Volkes ist, dass ihr Land zum Schlachtfeld eines Stellvertreterkriegs geworden ist. Dieser Krieg wird nicht nur zwischen den Regionalmächten Iran, Saudi Arabien und der Türkei geführt, sondern auch zwischen den Vereinigten Staaten und Russland, den zwei noch immer größten nuklearen Supermächten.
Von Aleppo nach Europa: Obamas NATO-Provokationen
Und Washington spielt das gleiche Spiel, nicht nur im Mittleren Osten. Vergangene Woche berichtete die New York Times: »Präsident Obama beabsichtigt, die Stationierung von schweren Waffen, gepanzerten Fahrzeugen und weiterer Ausrüstung in NATO-Ländern in Zentral- und Osteuropa beträchtlich zu erhöhen. Dieser Schritt zielte laut Regierungsvertretern darauf ab, Russland vor weiteren Aggressionen in der Regierung abzuhalten.« Die Obama-Administration plant, das Militärbudget für Europa mehr als zu vervierfachen und auf 3,4 Milliarden Dollar zu erhöhen. Die Truppenstationierung in Ländern wie Ungarn, Rumänien und den baltischen Staaten würde es der NATO erlauben, eine voll gepanzerte Kampfbrigade in der Region aufzustellen. Dies könnte eine Vereinbarung zwischen der NATO und Russland von 1997 brechen, keine großen Truppenverbände in unmittelbarer Nähe zur Grenze zu stationieren.
Nach der Schlacht um Aleppo droht eine weitere Eskalation
Russland, das hart von den wirtschaftlichen Sanktionen des Westens und dem Verfall des Rohölpreises getroffen wurde, ist – anders als während des Kalten Krieges – zu schwach, es auf globaler Ebene mit den USA aufzunehmen. Aber die Befriedung Europas in den 1990er-Jahren scheint sich ins Gegenteil zu verkehren. Mittlerweile eskaliert der heiße Krieg. Foreign Policy prognostiziert, dass die Assad-Offensive sowohl den »Islamischen Staat« als auch die kurdischen Kräfte stärken wird, die bereits maßgebliche Gebiete entlang der syrisch-türkischen Grenze kontrollieren. Weitere Erfolge der Kurden könnten eine Militärintervention der Türkei hervorrufen. Die Qualen Syriens sind alles andere als vorbei.
Zum Text: Artikel erschien zuerst auf der britischen Website Socialist Worker. Übersetzung aus dem Englsichen von David Albrich.
Foto: FreedomHouse
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