Jens Kastner liefert einen gelungenen Überblick, was linke Theoretikerinnen und Theoretiker über den Gegenstand der Kunst zu sagen haben. Von Martin Haller
Bürgerlich-dekadente Kleckserei oder Instrument der Befreiung? Privilegierte Praxis oder Mittel der Kritik und Emanzipation? Der Soziologe und Kunsthistoriker Jens Kastner hat mit »Die Linke und die Kunst« eine lebendig geschriebene Einführung in das weite Feld abgeliefert.
Kunst und Gesellschaft
Sein Buch ist weder eine Streitschrift über das Verhältnis von Kunst und Politik noch ein Werk über linke Kunsttheorie und -praxis. Es geht dem Autor um eine Überblicksdarstellung, was linke Gesellschaftstheorie über den Gegenstand der Kunst im Allgemeinen zu sagen hat. Welche Rolle spielt Kunst in gesellschaftlichen Prozessen? Welcher Stellenwert wird ihr zugesprochen? Unter welchen Produktionsverhältnissen findet Kunst statt? Wie groß ist ihre Eigenständigkeit gegenüber der Gesellschaft, in der sie produziert und rezipiert wird? Ist sie Teil emanzipatorischer Veränderungen oder steht sie ihnen im Wege? Welche Aufgaben hat linke oder gar revolutionäre Kunst zu erfüllen? Avantgardismus oder Realismus?
Ritt durch die Theoriegeschichte
Diese Fragen beantwortet Kastner nicht selbst, sondern lässt linke Theoretikerinnen und Theoretiker zu Wort kommen. So nimmt er die Lesenden mit auf einen Ritt quer durch die Theoriegeschichte der Linken – von Marx und Engels über Lenin, Gramsci und Lukács, Adorno und Benjamin bis Bourdieu und Negri. Auch Denkerinnen des Feminismus oder der Dekolonisierung kommen zu Wort. Die unterschiedlichen Positionen und Blickwinkel der wichtigsten Strömungen linker Theorie werden umfassend und verständlich dargestellt und gegeneinander diskutiert.
Das Buch bietet einen lesenswerten Einstieg sowohl für Kunstinteressierte als auch für Menschen mit gewissen Vorkenntnissen in linker Theorie, wenngleich die Erläuterungen meist recht abstrakt bleiben und man konkrete Beispiele teilweise vermisst.
Das Buch:
Jens Kastner
Die Linke und die Kunst: Ein Überblick
Unrast Verlag
Münster 2019
300 Seiten
18 Euro
Schlagwörter: Rezension