Die Kampagne »Genug ist Genug!« möchte den Protest gegen die Preissteigerungen mitorganisieren und gleichzeitig die Solidarität mit den Tarifkämpfen der Lohnabhängigen stärken. marx21 ruft alle Leser:innen auf sich an der Kampagne zu beteiligen
Das Interesse an der Kampagne »Genug ist Genug!« (GiG) ist groß. Tausende Menschen haben sich bisher bei der Kampagne registriert. Erste Bündnisse und Proteste haben bereits in vielen Städten losgelegt. Die Kampagne war bisher vor allem in den sozialen Medien aktiv. Jetzt wird der Startschuss für die lokale Vernetzung kommen. Die Kampagne »Genug ist Genug« möchte Rallys – größere Saalveranstaltungen – in ganz Deutschland planen. Denn: Genug ist Genug!
»Genug ist Genug!« — Die Forderungen
Im Zentrum der Kampagne stehen die Interessen der Lohnabhängigen und ihrer Familien. Die Kampagne hat sich bisher auf sechs Forderungen fokussiert:
- 1000€ Wintergeld für alle — damit der Wocheneinkauf nicht ausfällt!
- 9€-Ticket verlängern — damit der ÖPNV bezahlbar bleibt!
- Löhne endlich erhöhen — damit die dauerhaft hohen Preise dauerhaft bezahlbar bleiben!
- Preise für Gas und Strom deckeln — damit im Winter kein Preisschock droht!
- Energieversorgung in Bürger:innenhand — damit die Energieversorgung sicher bleibt!
- Krisenprofiteure besteuern — damit sich niemand an der Not bereichert!
Für diese Forderungen soll im Rahmen der Proteste zum Heißen Herbst Druck gemacht werden. Gleichzeitig geht es bei der Kampagne darum, Menschen aus den Betrieben, mit Aktiven aus anderen sozialen Bewegungen, den Universitäten oder der Nachbarschaft zusammen zu bringen: Tous Ensemble — gemeinsam sind wir stark!
Solidarität mit den Tarifbewegungen
In den nächsten Monaten werden fast 10 Millionen Beschäftigte in Tarifverhandlungen ihre Löhne neu verhandeln und die Möglichkeit haben, ebenfalls die Inflation auszugleichen. Dazu gehören im Herbst 2022, die Chemische Industrie (581.000 Beschäftigte), die Metall- und Elektroindustrie (3.813.000 Beschäftigte), das Private Verkehrsgewerbe Bayern (133.000 Beschäftigte) und die Volkswagen AG (102.000 Beschäftigte). Im Januar 2023 folgt dann der Öffentlicher Dienst Bund und Gemeinden (2.712.000 Beschäftigte), das Bewachungsgewerbe in verschiedene Regionen (152.000 Beschäftigte) und die Deutsche Post AG (140.000 Beschäftigte). Ab April 2023 der Einzelhandel (2.352.000 Beschäftigte).
All diese Beschäftigten können direkt darum kämpfen, durch reale Lohnerhöhungen die Effekte der Krise auszugleichen. Auch für viele andere bedeuten gute Abschlüsse bei den jetzt anstehenden Auseinandersetzungen die Aussicht auf Lohnerhöhungen. Viele Gehälter orientieren sich am Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (ÖD). Wird dieser über einen Inflationsausgleich hinaus erhöht, kann das eine weitreichende Lohnsteigerung in vielen Bereichen zur Folge haben. Die Kampagne »Genug ist Genug!« möchte deswegen die Solidarität mit diesen Tarifkämpfen vor Ort organisieren.
Nein zur »Konzertierten Aktion« der Ampel
Dies ist wichtig, denn Olaf Scholz und die Ampel-Regierung versuchen die Gewerkschaften an der kurzen Leine zu halten. Die Regierung möchte, wie die Bosse, keine hohen Lohnabschlüsse und versucht mit der sogenannten »Konzertierten Aktion« die Gewerkschaftsführungen einzubinden. Scholz hat zwar bisher keine Lohnleitlinien für Tarifverhandlungen ausgegeben, hat sich aber trotzdem in die Tarifpolitik eingemischt, indem er den Lohnabschluss der IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) vom April dieses Jahres als vorbildlich lobte. Die IG BCE hat für sechs Monate ganz auf eine Erhöhung der Tariflöhne verzichtet und sich mit einer Einmalzahlung in Höhe von 1500 Euro abspeisen lassen. Ein solcher Kurs wäre eine schlechte Nachricht für die Beschäftigten. Gleichzeitig ist klar, dass mit Beginn der Tarifauseinandersetzungen die gesellschaftliche Auseinandersetzung um höhere Löhne kein Selbstläufer ist. Im Gegenteil: Die Kapitalseite wird alles tun, um hohe Lohnabschlüsse zu verhindern. Dazu gehört auch der Kampf um die Köpfe. Die falschen Versprechungen vom Erfolg der »Konzertierten Aktion« gehören genauso dazu, wie die Warnungen vor einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale (Lies hier den marx21-Artikel: Marx und der Bluff von der »Lohn-Preis-Spirale«. Doch zurzeit erleben wir aber eine Profit-Preis-Spirale. Nicht die Löhne, sondern die Profite treiben die Inflation an.
Löhne hoch. Preise runter!
Was es in dieser Situation braucht, sind kämpferische und konfliktbereite Gewerkschaften. In den kommenden Lohnkämpfen kann ein wirksamer Inflationsausgleich durchgesetzt werden. Statt tariffreien Einmalzahlungen braucht es eine Erhöhung der Tariflöhne. Tariferhöhungen müssen mindestens die aktuelle Inflation ausgleichen und zusätzlich einen Zuschlag für die gestiegene Arbeitsproduktivität enthalten. Außerdem darf es keine Laufzeiten für Tarifverträge länger als 12 Monate geben und es braucht Öffnungsklauseln für deren vorzeitige Kündigung im Falle weiter steigender Inflation. Zur Unterstützung von Geringverdienern, die einen größeren Teil ihres Einkommens für das Heizen und für Lebensmittel ausgeben, braucht es darüber hinaus Festbeträge, um die gewaltigen Mehrkosten in diesem Bereich tragen zu können.
Die Ausgangslage für erfolgreiche Kämpfe ist gut. Angesichts des Fachkräftemangels in zahlreichen Branchen und Berufen verfügen viele Beschäftigtengruppen über große Marktmacht. Die Linke klein und groß geschrieben kann mit einer breiten Solidaritätsbewegung den Beschäftigten den Rücken stärken. Gleichzeitig bietet sich die Chance, die zarten Pflänzchen einer kämpferischen Gewerkschaftslinken auszubauen.
Wo beginnen? Die »Genug ist Genug!«-Rally
Für diese Perspektive kann jetzt vor Ort mit der Kampagne »Genug ist Genug!« und den Saalveranstaltungen der Grundstein gelegt werden. Die Idee ist einfach: »Genug ist Genug!«-Rallys kommen betroffene Kolleg:innen aus den verschiedenen Betrieben, Aktive aus der Protestbewegungen und Menschen, die einfach wütend sind und etwas tun wollen zusammen, um den Widerstand vor Ort zu organisieren. In den Protestbewegungen ist die Regierung die Adressatin, die die Forderungen umsetzen soll. In den Tarifrunden sind es die Arbeitgeber:innen. Die »Genug ist Genug!«-Rallys bringen beide Ebenen zusammen, um die Forderungen und die Protestbewegung bekannt zu machen – in den Betrieben und auf der Straße.
Die »Genug ist Genug!«-Rallys können so zum Multiplikator für Protest werden. Im Zentrum sollen die Interessen, Sorgen und Nöte der Lohnabhängigen und ihrer Familien stehen. Diese sollen vor allem mit Stimmen von gewerkschaftlichen Aktiven aus den Betrieben gesammelt und hörbar gemacht werden. Schilderungen aus dem eigenen Alltag können das Muster hinter dem einzelnen Schicksal erkennbar machen und zum gemeinsamen Handeln motivieren. Auf der »Genug ist Genug!«-Rallys treffen sich also im Idealfall ein paar hundert bis tausend Menschen in einem Saal. Es gibt Reden, aber auch Meldungen aus dem Publikum und am Ende stehen gemeinsame Verabredungen, wie der Widerstand vor Ort aufgebaut werden kann. In den nächsten Woche wird dies die gemeinsame Mobilisierung zu den verschiedenen Protestterminen im Heißen Herbst sein: Plakatierungen im Kiez, Mobi- Kundgebungen auf dem Marktplatz, Infostände in der Fußgänger-Zone, Teach-Ins in den Universitäten und Schulen, Flugblattverteilungen vor Betrieben oder Haustürgespräche. Es gibt viel zu tun!
Mach mit bei »Genug ist Genug!«
Um die Kampagne »Genug ist Genug!« vorzustellen, startet ein erstes Zoom-Webinar von »Genug ist Genug!«. Den Link zur Videokonferenz bekommst du, wenn du dich in den Newsletter einträgst. Hier kannst du dich für das Webinar anmelden. Termin ist Mittwoch, der 28.9 von 17-18.30 Uhr.
Schlagwörter: Inflation, Protest