Er spricht von Frieden, aber dabei stellt Matthias Höhn die Positionen der LINKEN auf den Kopf. Dahinter steht ein falsches Bild von der EU. Von Michael Ferschke
Matthias Höhn, sicherheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, hat ein Diskussionspapier veröffentlicht. Es stellt die bisherigen friedenspolitischen Koordinaten der LINKEN auf den Kopf. Für den angedeuteten Ausverkauf des Antikriegsprofils seiner Partei bekam Höhn umgehend Beifall von Kevin Kühnert (SPD) und Katja Keul (Grüne).
Richtigerweise stellt Matthias Höhn fest, dass es nach dem Ende des Kalten Kriegs nicht zu nachhaltiger Entspannung und Abrüstung kam. Stattdessen ist die Welt geprägt von zunehmenden geopolitischen Rivalitäten und massiver Aufrüstung. DIE LINKE müsse dies zur Kenntnis nehmen. Sie dürfe nicht in alten Freund-Feind-Denkmustern verharren.
Illusionen in die EU
Soweit richtig, könnte man meinen. Es war aber bereits während der beidseitigen »Politik der Abschreckung« zur Zeit des Kalten Kriegs falsch, seine Friedenshoffnungen auf eine der Supermächte – USA oder Sowjetunion – zu projizieren. Und es ist heute mindestens genauso falsch, wie es Höhn vorschlägt, die EU zum friedenspolitischen Partner für die Linke zu verklären.
Am Ende landet Höhn mit seinem Papier an der Seite der ehemaligen Verteidigungsministerin und derzeitigen Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen. Er fordert, die EU müsse »als politischer Akteur mit eigenständigen Interessen agieren« und mit »gemeinsamen europäischen Streitkräften« »sicherheitspolitisch handlungsfähig« werden.
Mit dem, was Höhn als vermeintlich progressive Alternative zum Nationalismus präsentiert, bläst er lediglich ins Horn derjenigen, die die Europäische Union als militärische Großmacht in Stellung bringen wollen. Sie wollen ihre Interessen in Zeiten sich verschärfender Großmachtkonflikte besser durchsetzen können.
Kein Begriff vom Imperialismus
Hinter der falschen Adressatenwahl verbirgt sich eine fehlende Imperialismusanalyse. Höhn beklagt, der »Egoismus« in der internationalen Politik mache die Welt instabiler. Er wirbt für mehr »wechselseitiges Verständnis« und den »Aufbau von Vertrauen« auf diplomatischer Ebene.
Aufrüstung und Krieg sind jedoch nicht Ausdruck diplomatischen »Versagens«. Vielmehr sind sie Ergebnis zunehmender wirtschaftlicher und politischer Konkurrenz und als solche untrennbar mit dem Kapitalismus verbunden. Bürgerliche Staaten und Staatenbündnisse bringen dabei die Interessen ihrer Kapitalisten im globalen Wettstreit um Märkte und Rohstoffe zur Geltung.
Linke mögen an solche Staaten und Institutionen appellieren und mit friedenspolitischen Forderungen an sie herantreten. Man würde jedoch den Bock zum Gärtner machen, wollte man mit einem Staatenbund wie der EU der imperialistischen Dynamik zum Krieg entgegenwirken.
Alle reden vom Frieden
Die Verbündeten für ihre konsequenten friedenspolitischen Positionen findet DIE LINKE nicht in den bürgerlichen Staatenlenkern, sondern in der internationalen Antikriegsbewegung. Dass es hier durchaus Potenzial gibt, hat zuletzt die Debatte um bewaffnete Drohnen gezeigt.
Auf Druck der Friedensbewegung stimmte eine Mehrheit der SPD-Bundestagsfraktion gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr in der laufenden Legislaturperiode. Daran gilt es im Wahljahr anzuknüpfen und den politischen Druck auf SPD und Grüne zu erhöhen, anstatt uns bei ihnen durch die Aufgabe von Antikriegspositionen anzubiedern.
Unsere Orientierung sollte sein: Alle reden vom Frieden – wir kämpfen gegen die heutigen Kriegsvorbereitungen und Kriege.
Foto: DIE LINKE (CC BY 2.0)
Schlagwörter: DIE LINKE, EU, Frieden, Friedensbewegung, Imperialismus