Otieno, eine Gewerkschaftsaktivistin in Nairobi, erzählt: „In den armen Stadtteilen herrscht fast so etwas wie Krieg. Ich habe kein Essen, Öl oder Geld mehr. Ich kann noch nicht einmal rausgeben, mehr Zeit für mein Handy kaufen. Aber wir hoffen auf eine große Kundgebung im Uhuru Park im Zentrum von Nairobi gegen diesen Wahlbetrug. Ich hoffe, dass gewöhnliche Leute da hingehen werden." Aber leider sprach sie mit mir, als die ODM die Kundgebung bereits abgesagt hatte. Trotz der hässlichen ethnischen Zusammenstöße geht die Mehrzahl der bestätigten Morde auf das Konto der internen Sicherheitskräfte, die die Demonstranten angriffen. Aber dieses sind keine ethnischen Attacken durch einen Kikuyu-dominierten Staat gegen Nicht-Kikuyus. In Nairobis Kariobangi-Slum griff die paramilitärische Polizei GSU Kikuyu-Slumeinwohner an.
Organisiert Euch
Seit 2002 hat es relativ freie Medien gegeben und etwas Raum für Oppositionsgruppen, sich zu organisieren. Wenn Kibaki es schafft, diese Wahl zu stehlen, könnte all dies ein Ende haben. Shirley, eine britische Sozialistin, die während der Wahl in Kenia war, erzählt: „Die Aufregung während dieses Wahlkampfes war unglaublich. Es hatte nichts von Zynismus. Sondern das Gefühl des Verrats war sehr groß. Ich wohnte bei einer Kikuyu-Familie, die Kibaki gewählt hatte. Sie waren einfach empört über die offenkundige Wahlfälschung. Livesendungen im Fernsehen gaben örtliche Wahlausgänge von Wahllokalen wieder, lange bevor die Wahlkommissare in Nairobi sie mit weit übertriebenen Stimmzahlen für Kibaki noch einmal bekannt gaben. Dann verbot die Regierung Live-Fernsehsendungen einfach."
Die Kampagne für eine Neuauszählung oder eine Neuabhaltung der Wahlen muss weitergehen. Beide würden mit ziemlicher Sicherheit zur Bestätigung Odingas als Präsident führen. Mungai sagt, „Odinga war der bessere Kandidat, obwohl er auch einige fragwürdige Typen um sich hat. Seine Wahl würde nicht zu einer Revolution führen, aber sie wäre ein Schritt nach vorn, selbst wenn es nur ein Frage der Zeit wäre, bis Machtkämpfe seine Koalition zu Fall bringen würden."
Aber wenn er einmal an der Regierung wäre, bliebe natürlich die Frage, was Odinga dazu bringen könnte, seine Wahlversprechen zu halten, statt Kibakis Pfad zu folgen. Über populistische Rhetorik gegen Korruption und Nepotismus hinaus ist nichts besonders Radikales an Odingas Programm. Wie die regierende Partei hat sich auch die oppositionelle ODM zu Freihandelsmarktpolitik verpflichtet. Eine reale politische Alternative zur herrschenden Elite ist nötig. Im Januar 2007 trafen sich Tausende von Aktivistinnen und Aktivisten beim Weltsozialforum in Nairobi, um Alternativen zum Neoliberalismus zu entwickeln.
Das Ereignis begann mit einer Demonstration von 5000 Menschen vom Kibera zum Uhurupark – genau wie dies Demonstranten letzte Woche versuchten und man ihnen mit Wasserkanonen und Tränengas begegnete. Onyango Oloo, einer der Organisatoren des Sozialforum, beantwortete Aufrufe zur Ruhe mit der Parole: „No Justice, No Peace" (Keine Gerechtigkeit, kein Frieden – Link zu dem Aufruf in Englisch) . Er will das die Proteste weitergehen.
Hintergrund: Kenias Führer sind Alliierte des Westens
Die USA sieht Kenia als strategischen Alliierten im „Kampf gegen den Terror", insbesondere da es an Länder wie Äthiopien, Somalia und Sudan grenzt. Die kenianische Regierung erlaubte der USA als auch Großbritannien die Errichtung militärische Basen, sowie eine Ankermöglichkeiten für Marineschiffe in Mombasa.
Wegen der angeblichen „Stabilität" des Landes diente Kenia als Basis für NGO-Aktivitäten, als auch für westliche Konzerne, die in ganz Afrika Geschäfte machen. Obwohl das Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren durchschnittlich bei 6 Prozent lag, ist es nicht besonders ausgewogen. Es hat einen enormen Anstieg im Konsum der Reichen gegeben. Neue Einkaufszentren und Cafés werden ständig eröffnet. Dieses Wachstum gründet sich nicht auf Rohmaterialien wie beispielsweise das Öl in Nigeria, sondern auf Tourismus und Export von Früchten, Blumen und Tee. Michael Holman schreibt in der Financial Times: „Der Abstand zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen klafft immer weiter auseinander. Die Krise nur im Rahmen von Stammeszugehörigkeiten und ethnischen Zusammenstößen zu sehen, hieße also, ein extrem wichtiges Element im Keniaschen Bild zu ignorieren. Die Bevölkerung hat sich in 25 Jahren auf 31 Millionen verdoppelt. Die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Landlosen wachsen. Diese Menschen haben nichts zu verlieren, indem sie auf die Straße gehen, und sind getrieben von Frustrationen und Wut, die weit über ihren Stamm hinausgehen."
Mangel
Es gibt einen harten Wettbewerb, um das mangelnde fruchtbare Land, insbesondere in Gegenden wie dem „Rift Valley", wo sich ein großer Teil der schlimmsten ethnischen Gewalt ereignet hat. Die Hauptspaltung in Kenia ist nicht zwischen ethnischen Gruppen, sondern zwischen Arm und Reich. Die Hauptleidtragenden sind die Armen, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.
Korruption ist ein reales und andauerndes Thema in Kenia, wie in vielen afrikanischen Ländern. Das der westen dies jetzt kritisiert ist scheinheilig. Ähnlich wie ein Land wie Kenia angeblich als „demokratisch" beschrieben werden kann, weil es während seiner langen Periode der Diktatur mit dem Westen verbündet war, wird die Korruption nur zu einem Thema, wenn sie die Interessen westlicher Konzerne berührt.
Darüber hinaus verbindet die Politik, die Ländern wie Kenia von Organisationen wie der Weltbank aufgezwungen werden, die Bekämpfung der Korruption und sogennantes „good governance " mit neoliberaler Maßnahmen und Deregulierung. bei den Privatisierungen in westlichen Ländern und den Entwicklungen im Gesundheitswesen und der Bildung führen dieser Politikansatz unweigerlich zu weniger demokratischer Kontrolle und Rechenschaft. Gerade die Art von Basisdemokratie, von der Sozialisten sprechen, wäre geeigneter, die Korruption zu bekämpfen. Gleichzeitig gibt es Unterschiedliche Formen der Korruption.
Genau, wie es in den westlichen Ländern mehr Werbekampagnen gibt, die Menschen attackieren die Arbeitslosengeld beziehen und trotzdem einer Gelegenheitsarbeit nachgehen, als Kampagnen, gegen diejenigen die ihre Steuern hinterziehen, gibt es mehr als eine Art der Korruption. Zum Beispiel werden in Kenia viele Häuser in Armen- und Elendsviertel illegal gebaut. Viele Anti-Korruptionsprogramme beginnen damit, diese niederzuwalzen anstatt die vorherrschende Kultur der Korruption in der Elite anzugehen.
Aus dem englischen von Carla Krüger.
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