Zum Artikel »Gesundheitsreform: Operation Rasiermesser« von Marc Renken (Heft 17)
Die Bundestagswahl 2009 brachte für Dr. med. Philipp Rösler (FDP) die Überweisung ins Gesundheitsministerium. Aber was sollten die Patienten und das in der Tat kränkelnde Gesundheitswesen von einem Minister erwarten, dessen Partei mehr dafür berüchtigt ist, für neoliberale und private Klientelinteressen einzustehen als für eine am Gemeinwohl aller orientierte, sozial verantwortliche Politik?
Was seine Vorgänger im Amt schon an solidarischen Stützpfeilern der Gesundheitsversorgung und deren solidarischer Finanzierung angeschossen haben, das scheint der frühere Stabsarzt der Bundeswehr nun endgültig wegschießen zu wollen. Aufschlussreich zu wissen ist beispielsweise, dass die größte private Krankenversicherung Europas, die DKV, der FDP-Mitgliedschaft ein mit fünf Prozent Rabatt versüßtes Rundumsorglos-Paket angeboten hat. Zum Lohn für diese Vorzugsbehandlung machte Bundesminister Rösler den Cheflobbyisten der privaten Krankenversicherungen, Christian Weber, zum Leiter seiner Grundsatzabteilung. Angesichts dessen waren unbestritten mehr als »gesunde Zweifel« angebracht, ob von solch einem Minister und den ihn tragenden Lobbygruppen eine solide und vor allem solidarisch angelegte Gesundheitspolitik zu erwarten ist. Vielmehr passierte, was passieren musste: Was der Herr Doktor bislang an politischen Therapien anbot, war einfach nur ätzend und verursachte Brechreiz, Übelkeit und Durchfall …
Was den Bürgern ins Haus steht, sind also weitere Beitragserhöhungen und erhöhte Zuzahlungen für Medikamente. Die Festbetragsgrenzen für bisher zuzahlungsfreie Medikamente hat er schon zum Nachteil der Patienten verändert. Rösler möchte ferner den Arbeitgeberbeitrag »einfrieren«. Das wäre nicht mehr und nicht weniger als der Bruch mit der bisherigen paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Eine Kopfpauschale in Form von einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen, die alleine von den Versicherten finanziert werden, ist ein weiterer Mosaikstein seiner entsolidarisierenden Politik. Ist das alles eines Sozialstaates würdig?
Hätte der Bundesminister mal nicht seine Facharztausbildung zum Augenarzt abgebrochen, um sich stärker auf die niedersächsische Landespolitik konzentrieren zu können. Vielleicht hätte er heute mehr (politischen) Weitblick. Weil dem nicht so ist, wird die Öffentlichkeit ihm gegenüber nicht mit Kritik sparen. Denn der Grundgedanke jeder Gesundheitspolitik ist die Solidarität. Und Gesundheit darf nie zu einer Ware werden. Wer diese beiden Prinzipien verlässt und gegen sie arbeitet, der stellt sich außerhalb jeder zivilisierten Gesellschaft. Das sollte der Minister wissen!
René Lindenau, Cottbus