Während Vanzetti auf seinen Anwalt wartete, schrieb er diesen Brief, gerichtet an Dante, den 14-jährigen Sohn von Sacco. Hier im Wortlaut
22 . August 1927
Mein lieber Dante,
ich hoffe immer noch, und wir werden bis zum letzten Augenblick kämpfen, um unser Recht auf Leben und Freiheit zurückzugewinnen, aber alles, was Macht und Geld hat in diesem Staat, die ganze Reaktion ist für den Tod gegen uns, weil wir Anarchisten sind. Ich schreibe wenig davon, weil Du jetzt noch zu jung bist, um diese und andere Dinge zu verstehen, die ich gern mit Dir besprechen würde.
Aber Du wirst älter werden und hoffentlich verstehen, wie es Deinem Vater und mir ergangen ist und was Dein Vater und ich für Prinzipien hatten, Prinzipien, für die wir bald getötet werden. Ich sage Dir jetzt, daß Dein Vater nach allem, was ich von ihm weiß, kein Verbrecher ist, sondern einer der tapfersten Männer, die ich je gekannt habe. Eines Tages wirst Du verstehen, was ich Dir hier sage. Daß Dein Vater alles, was dem menschlichen Herzen lieb und teuer ist, für seinen Glauben an Freiheit und Gerechtigkeit für alle geopfert hat.
An diesem Tag wirst Du stolz auf Deinen Vater sein, und wenn Du tapfer genug bist, wirst Du seinen Platz in dem Kampf zwischen Tyrannei und Freiheit einnehmen, und Du wirst seinen (unseren) Namen und unser Blut rächen. Wenn wir jetzt sterben müssen, wirst Du, wenn Du diese Tragödie erst in ihrer ganzen Tragweite verstehen kannst, wissen, wie gut und tapfer Dein Vater mit Dir war, Dein Vater und ich, während dieser acht Jahre des Kampfes, des Leids, der Leidenschaft, Qual und Seelenangst. Selbst jetzt schon sollst Du tapfer sein, gut zu Deiner Mutter und lnes. Ich möchte Dich auch bitten, mich als Genossen in Erinnerung zu behalten und als Freund von Deinem Vater, Deiner Mutter und lnes, Susie und Dir, und ich versichere Dir, daß ich kein Verbrecher bin und keinen Raub und keinen Mord begangen, sondern nur bescheiden gekämpft habe gegen Verbrechen; die Menschen einander antun, und für die Freiheit von allen.
Denk daran, Dante, jeder, der etwas anderes von Deinem Vater und mir behauptet, ist ein Lügner, der unschuldige Tote beleidigt, die in ihrem Leben tapfer waren. Denk daran und wisse auch, Dante, daß wir, wenn Dein Vater und ich Feiglinge und Heuchler gewesen und unserer Überzeugung abtrünnig geworden wären, nicht hingerichtet worden wären. Aufgrund der Beweise, die sie gegen uns zusammengezimmert
haben, hätten sie nicht mal einen aussätzigen Hund verurteilt, nicht mal einen tödlich giftigen Skorpion hingerichtet. Bei den Beweisen, die wir vorgelegt haben, hätten sie einem Muttermörder und gewohnheitsmäßigen Schwerverbrecher ein neues Verfahren zugebilligt. Denk daran, Dante, denk immer daran: Wir sind keine Verbrecher; sie haben uns aufgrund falscher Beweise verurteilt; sie haben uns ein neues Verfahren abgeschlagen; und wenn wir nach sieben Jahren, vier Monaten und siebzehn Tagen unbeschreiblicher Qual und Unrecht hingerichtet werden, geschieht das wegen dem, wovon ich Dir schon geschrieben habe; weil wir die Armen waren und gegen die Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen.
Die Dokumente über unseren Fall, die Du und andere sammeln und aufbewahren werden, werden Dir beweisen, daß Dein Vater, Deine Mutter, lnes, meine Familie und ich der Staatsräson der amerikanischen plutokratischen Reaktion geopfert worden sind. Der Tag wird kommen, an dem Du die furchtbare Ursache des Obigen in ihrer ganzen Tragweite verstehen wirst. Dann wirst Du uns ehren.
jetzt, Dante, sei immer tapfer und gut.
Auf Wiedersehen, Dante
Bartolomeo