Joshua Key, Lawrence Hill: »Ich bin ein Deserteur. Mein Leben als Soldat im Irak-Krieg und meine Flucht aus der Armee«, Hoffmann und Campe 2007, 256 Seiten, 19,95 Euro
Von Mischa Olbrich
250.000 Soldaten haben seit Kriegsbeginn im Irak gekämpft. 5500 davon begingen Fahnenflucht. Joshua Key ist einer von ihnen. In seinem Buch schildert er die Erfahrungen von sieben Monaten Kriegseinsatz im Irak. Er ging zur Army, um seine Krankenhausrechnung bezahlen zu können. Ihm wurde versichert, dass er nur in den USA als Brückenbauer eingesetzt werde, doch im Ausbildungslager erfuhr er von einem Sergeant, dass er und seine Kameraden „lernen würden, die gemeinsten Killer auf dem Schlachtfeld zu werden.« Ihnen wurde eingetrichtert, dass jeder Muslim – in der Armee „Sandnigger« genannt – ein Terrorist sei. Die Soldaten mussten mit „kill the sand niggers«-Gebrüll auf Puppen einstechen und ihnen den Kopf abschneiden. So sollten sie ihre Skrupel verlieren, auch Zivilisten zu töten. Jeder GI, so Key, kenne den Spruch: „Nimm einen Kinderspielplatz, füll ihn voll mit Kindern, wirf ein bisschen Napalm drauf, und grill dir dann ein paar Rippchen.«
Das alltägliche Grauen des Krieges brachte ihn und seine Kameraden dazu, sich „wie Monster« zu verhalten. Er sah unter anderem, wie amerikanische Soldaten mit dem Kopf eines enthaupteten Irakers Fußball spielten, ein Mädchen in Schuluniform absichtlich erschossen und Frauen vergewaltigten. Sie verprügelten sogar zwei geistig behinderte Männer. Diese Vorfälle waren keine Einzelfälle, sondern nur die Spitze des Eisbergs: „Wir terrorisierten die Bevölkerung, schüchterten sie ein, schlugen sie, demolierten ihre Häuser, vergewaltigten sie.«
„Da wir keinen (Feind) zu fassen bekamen, nahmen wir uns wehrlose Zivilisten vor. Denen konnten wir antun, was wir wollten (…). Ich sah mindestens alle zwei bis drei Tage, wie unsere Soldaten irakischen Zivilisten in die Rippen traten oder ihnen ins Gesicht schlugen, bis ihnen das Blut aus Nase, Mund und Augenbrauen rann.« Seine Einheit aus 300 Soldaten hat in einem halben Jahr über 200 Häuser gestürmt, die Einrichtungen zertrümmert und dabei alle erwachsenen Männer verprügelt und verhaftet.
Anfangs beteiligte sich Key an den Greueltaten. Aber seine Zweifel wuchsen. Schließlich kam er zur Erkenntnis, dass „wir, die Amerikaner, im Irak zu Terroristen (…) einer Kraft des Bösen, geworden« waren. Während eines Heimaturlaubs desertierte er und floh mit seiner Familie nach Kanada. Noch heute verfolgen ihn Alpträume und Wahnvorstellungen: „Als ich aus dem Irak heimkehrte, war ich ein Wrack. Noch immer wache ich mitten in der Nacht schreiend auf. Meine Träume sind wie schlafende Hunde, und manchmal verfolgen sie mich sogar am Tag. Ständig muss ich an die Zivilisten denken, die im Irak geschlagen oder getötet worden waren.«
Joshua Key erzählt, was er selbst erlebt und gesehen hat. Sein Buch ist ein erschütternder Augenzeugenbericht über die Verbrechen der USA im Irak, aber auch eine Anklageschrift eines einfachen amerikanischen Soldaten gegen den Kriegsverbrecher Bush und das Militär der USA.
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