{nomultithumb}Jeremy Scahill: »Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt«, Kunstmann Verlag, München 2008, 320 Seiten, 22 Euro
Von Yaak Pabst
In „Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt« wirft Jeremy Scahill ein Schlaglicht auf eine der größten Wachstumsbranchen der Welt: die privatisierte Kriegsführung. Im Fokus von Scahills Recherchen steht das amerikanische Unternehmen „Blackwater«. Er zeigt wie die Firma, die vor dem Irakkrieg lediglich eine Schießanlage betrieben hatte, in kurzer Zeit zu einer der weltweit größten Kriegsfirmen aufstieg.
Das große Geschäft von Blackwater begann mit der Besatzung des Iraks: Die Kriegsfirma erhielt den Auftrag, den damaligen US-Statthalter Paul Bremer zu bewachen. Der Vertrag belief sich auf eine Summe von 27,7 Millionen Dollar. Seitdem ist Blackwater stetig expandiert: In den vier folgenden Jahren erhielt das Unternehmen Aufträge im Wert von weiteren 470 Millionen Dollar. Von den zurzeit etwa 30.000 bewaffneten Söldnern im Irak gehören rund 1.000 zu Blackwater. Sie übernehmen die Bewachung von Regierungsgebäuden sowie den Personenschutz von Beamten und Politikern. Obwohl die Blackwater-Söldner gemeinsam mit Einheiten der US-Armee patrouillieren und aktiv in Kampfhandlungen verstrickt sind, können sie nicht strafrechtlich belangt werden. Scahill schildert, wie Blackwater-Söldner, die Iraker ermordet hatten, auf Anweisung des US-Außenministeriums ausgeflogen wurden. Die US-Regierung hat ihnen Straffreiheit zugesichert.
Heute sind 2.300 Blackwater-Soldaten in neun Ländern im Einsatz, auch in den USA selbst. In der Datenbank der Firma sind mehr als 21.000 ehemalige Sondereinsatzkräfte, Soldaten und Polizeiangehörige gespeichert, die kurzfristig mobilisiert werden können. Außerdem unterhält Blackwater eine Privatflotte von über 20 Flugzeugen, darunter Kampfhubschrauber und unbemannte Überwachungsluftschiffe. Blackwaters Firmensitz in Moyock, North Carolina, ist die weltweit größte Militäreinrichtung in privater Hand.
Die Expansion von „Blackwater« ist kein Einzelfall. Scahills Fazit: Die Firma steht beispielhaft für die boomende Kriegsindustrie. Heute gibt es mehrere hundert private Kriegsfirmen; ihr Gesamtumsatz wird auf über 100 Milliarden Euro geschätzt. Scahills detaillierte Schilderung der Unternehmensgeschichte von Blackwater zeigt die politischen Veränderungen, die es seit den 90er Jahren in der Kriegsführung gegeben hat. Die Kriegsführung wird privatisiert. Scahill stellt fest: „Die ‚Dienstleistungen‘ der Söldnerfirmen sind heute nicht mehr auf instabile Länder und deren Machthaber beschränkt, sondern werden von den mächtigen Staaten der Welt als integraler Bestandteil ihrer nationalen Streitkräfte betrachtet.«
Die Pläne zum Einsatz von privaten Söldnerfirmen sind weder Zufall, noch der irrationalen Strategie eines unzurechnungsfähigen Präsidenten entsprungen. Der Autor stellt heraus, dass sie vielmehr im Zusammenhang mit der Reduzierung und Umstrukturierung des US-Militärs Anfang der 90er Jahre stehen. Regierungen unter den Republikanern wie den Demokraten hatten ihren Anteil an der Förderung privatwirtschaftlicher Kriegsbeteiligung.
Scahills Buch deckt auf, was die US-Regierung gerne verschweigen würde. Es werden hunderte Millionen Dollar für den Aufbau von privaten Armeen bereitstellt, die sich den imperialen Zielen des Weißen Hauses unterwerfen, um am Rande der Legalität die Drecksarbeit für die Regierung zu übernehmen. Ein brillantes Buch voller Fakten, anklagend und leidenschaftlich gegen Bushs imperialen Krieg.