Beirut: »March of the Zapotec / Realpeople Holland«, Pompeii/Indigo 2009, Genre: Folk / Indie
Von Phil Butland
Wer glaubt, dass Weltmusik nur von peruanischen Panflötenspielern gemacht wird, sollte sich Beirut anhören. Die Band um den US-amerikanischen Sänger, Gitarristen, Trompeten- und Ukulelespieler Zach Condon bringt die Musik verschiedener Länder einem Indie-Publikum nahe.
Auf der ersten CD »Gulag Orkestar« war Blasmusik vom Balkan zu hören, auf »The Flying Club Cup« Straßenmusik aus Frankreich. Für »March of the Zapotec (New Recordings from the State of Oaxaca)« arbeitete Condon nun mit einer 19-köpfigen mexikanischen Band zusammen, die normalerweise auf Beerdigungen spielt. Die Gruppe »Band Jiminez« stammt aus Teotitlan del Valle, einer Kleinstadt im Bundesstaat Oaxaca. Das ist zufällig auch die Heimat des zapatistischen Widerstandes, obwohl ihre Musik eher für Tote als für die Bewegung gedacht ist.
Nichts desto trotz ist diese Beerdigungsmusik viel lebendiger als ihr westliches Äquivalent. Als Walzer im Dreiviertel-Takt eingespielt, kann man dazu eher tanzen als trauern. Die Mischung von mexikanischen Instrumenten, Balkan-Feeling und US-amerikanischer Inspiration bewirkt eine einmalige Stimmung.
Man könnte argumentieren, dass es sich um eine Art Kulturimperialismus handelt: Ein weißer US-Amerikaner geht in verschiedene Länder, um deren Musik zu klauen und diese an ein reiches westliches Publikum zu verkaufen. Aber das würde meines Achtens am Punkt vorbeigehen. In der Musik von Beirut findet eine echte Integration statt – verschiedene Quellen kommen zu einem ganz neuen Musikstil zusammen. Wenn das zugleich bedeutet, dass ein größeres Publikum die originelle mexikanische Musik hören wird – umso besser.
Das ist aber nur die eine Hälfte dieses Doppel-Albums. Die zweite CD liefert fünf Songs im Stil des 90er-Jahre-Synthie-Pop. Ob diese dem Zuhörer gefällt, hängt stark davon ab, ob er sich auf Condons Stimme einlässt. Obwohl sie dünn und relativ geringfügig ist, ergänzt sie meines Erachtens gut die minimalistische Hintergrundmusik. Auf alle Fälle ist diese CD ganz anders als alles, was Beirut bis jetzt produziert hat.
Beirutkennern würde ich dieses Album uneingeschränkt empfehlen, als Weiterführung von Condons musikalischer Weltreise. Einsteiger sollten aber lieber mit der »The Flying Club Cup«-CD von 2007 beginnen. Deren Musik findet sich, mit begleitenden Videos, auch im Internet.
In einer Welt, in der sich die moderne Musik immer ähnlicher wird, können wir Beirut dafür danken, dass sie bereit sind, stets etwas Neues auszuprobieren. Dass sie damit nicht immer erfolgreich sind, ist egal. Die Musik von Beirut ist jederzeit hörenswert, manchmal sogar grandios. Zach Condon ist erst 23 Jahre alt. Es gibt schon viel von ihm zu genießen. Man kann auf mehr hoffen.
Mehr im Internet: