Jürgen Elsässer: »Angriff der Heuschrecken. Zerstörung der Nationen und globaler Krieg«, Pahl-Rugenstein (2007), 222 Seiten, 17,90 Euro
Von Thomas Walter
Mit seiner Rede über Finanzinvestoren, die wie Heuschreckenschwärme über das Land herfielen, lieferte Franz Müntefering das Stichwort für eine breite Debatte. Jürgen Elsässer stellt in seinem neuen Buch die These auf, dass der US-Imperialismus mit seinen »Heuschrecken« derzeit die Welt erobere und alle widerspenstigen Nationalstaaten zerstöre: »Im jüngsten Stadium des Imperialismus werden die Nationalstaaten vernichtet.« Elsässer argumentiert, dass selbst »die einst mächtigen Nationen Europas in das supranationale Imperium der Heuschrecken eingesaugt werden«. Dieser neue »antinationale Ultraimperialismus« erzeuge neue Kriege.
Das US-Imperium als dessen tragender Pfeiler könne nur durch einen riesigen kreditfinanzierten Militärapparat aufrecht erhalten werden. Deshalb sei die US-Regierung gezwungen, ihre »Kreditwürdigkeit« durch immer neue Kriege zu verteidigen.
Zu den nächsten Aufgaben der Linken schreibt Elsässer: »Die Linke müsste weltweit die Solidarität mit jenen Staaten organisieren, die zum Abschuss freigegeben sind – ganz unabhängig davon, wo diese politisch stehen.«
Elsässer hat recht mit seinem Appell, dass die Linke nicht schweigen darf, wenn die USA als stärkste imperialistische Macht die politische Souveränität schwächerer Nationen bedrohen und zerstören. Aber seine Argumentation wird dort irreführend, wo er fordert, dass die Linke sich in Deutschland stark machen solle für die „Erkämpfung der nationalen Souveränität« Deutschlands. Elsässer überschätzt die Übermacht des US-Imperialismus und unterschätzt die politische und wirtschaftliche Eigenständigkeit Deutschlands und der anderen europäischen Staaten.
Das Debakel im Irak offenbart die Grenzen der US-Macht. Der US-Imperialismus ist weit davon entfernt, ein weltumspannendes Imperium zu errichten. Die europäischen Wirtschaftsmächte und auch China sind wirtschaftlich und insbesondere militärisch ohne Zweifel schwächer als der US-Imperialismus. Sie sind aber keineswegs bloße »Vasallen« der USA. Die EU ist eine eigenständige imperialistische Macht, deren Regierungen gegenwärtig verstärkt aufrüsten, um künftig unabhängig von den USA weltweit militärisch eingreifen zu können. Die europäischen Nationalstaaten sind daher kein Gegengewicht zum Imperialismus, sondern verfolgen ihre eigenen imperialistischen Ziele.
Elsässers Orientierung auf die »Erkämpfung der nationalen Souveränität« der europäischen Staaten ist gefährlich.
Die neue Linke sollte den notwendigen Kampf gegen den US-amerikanischen Imperialismus verbinden mit dem Widerstand gegen die Militarisierung der EU-Außenpolitik. Elsässer betont, dass es in der deutschen Bevölkerung eine starke Ablehnung gegen die Kriege der USA gibt, die sich unter anderem in Schröders Wahlsieg 2002 manifestiert hat. Die Linke muss sich der Frage stellen, wie sie diese Stimmung nutzen kann, für den Aufbau einer Bewegung, die über den Widerstand gegen den US-Imperialismus hinausgeht.
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